Krise bei VolkswagenDulig kritisiert VW-Entscheidung – Auto-Kongress fordert mehr Technologieoffenheit
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig hat den kriselnden Autobauer Volkswagen für die Entscheidung kritisiert, die Job-Garantie aufzukündigen. Derweil erwartet die IG Metall, dass auch in Sachsen die Tarifverträge gekündigt werden. Parallel traf sich die ostdeutsche Autobranche in Dresden zum Kongress. Ministerpräsident Michael Kretschmer sieht die sächsischen VW-Werke gut aufgestellt, kritisiert aber die deutsche Wirtschaftspolitik.
- Sachsens Wirtschaftsminister Dulig reagiert auf die Krise bei VW: "Wollen Klarheit haben, dass die Standorte sicher sind"
- IG Metall geht davon aus, dass auch in Sachsen die Tarifverträge gekündigt werden
- Autobauer-Kongress in Dresden: Ministerpräsident Kretschmer kritisiert Wirtschaftspolitik des Bundes
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig hat die Aufkündigung der Job-Garantie durch Volkswagen kritisiert. "Volkswagen macht das jetzt wahr, was sie angekündigt haben. Es ist erschreckend, weil es ja hier um Sicherheit für die Standorte und für die Beschäftigten geht", sagte der SPD-Politiker MDR AKTUELL. Die Landesregierung werde alles dafür tun, dass es Sicherheit für die sächsischen VW-Standorte in Dresden, Chemnitz und Zwickau-Mosel gebe, versprach Dulig: "Die Beschäftigten leisten hervorragende Arbeit, Management-Fehler können nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Und wir wollen natürlich auch Klarheit haben, dass die Standorte sicher sind."
VW schließt Werksschließungen nicht länger aus
Hintergrund ist die Krise bei Europas größtem Autobauer. Volkswagen hatte vor gut einer Woche erklärt, die seit 30 Jahren geltende Job-Garantie aufzukündigen und auch Werksschließungen nicht länger auszuschließen. Am Dienstag kündigte der kriselnde Autohersteller eine Reihe von Tarifverträgen, darunter auch den sogenannten Zukunftstarifvertrag zur Beschäftigungssicherung, der betriebsbedingte Kündigungen bis 2029 ausschließt. Der Vertrag läuft damit Ende des Jahres aus, sechs Monate später sind dann betriebsbedingte Kündigungen möglich. Das Unternehmen sehe sich aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen dazu gezwungen, erklärte Personalvorstand Gunnar Kilian am Dienstag.
Zwar sind die sächsischen Werke von den Kündigungen wohl nicht betroffen – sie gehören zu einem VW-Tochterunternehmen, für sie gelten andere Tarifverträge. Die Gewerkschaft IG Metall geht allerdings davon aus, dass auch in Sachsen die Tarifverträge gekündigt werden. Thomas Knabel von der IG Metall Zwickau sagte MDR AKTUELL, das habe der Konzern bereits angekündigt. Er gehe davon aus, dass das in den nächsten Tagen passieren werde.
Wirtschaftsminister Dulig forderte, es dürfe nicht zugelassen werden, dass von Asien der Markt aufgerollt werde: "Wir müssen mit unseren europäischen und deutschen Produkten am Markt sein." Es brauche "vernünftige Strategien der Automobilbauer". Dabei sei es nicht falsch gewesen, in Sachsen ausschließlich auf E-Mobilität zu setzen – im Gegenteil: "Sachsen ist Vorreiter bei bei der Elektromobilität. Bereits jetzt ist jedes vierte Elektrofahrzeug in Europa aus Sachsen." Das Verbrenner-Aus sei beschlossene Sache. Man werde für den Übergang weitere Antriebstechnologien benötigen – aber das Ziel werde sein, dass "wir im Individualverkehr, also bei den Personenkraftwagen vor allem auf die Elektromobilität setzen".
Auto-Kongress in Dresden - Kretschmer kritisiert Wirtschaftspolitik
Parallel zur VW-Krise traf sich am Mittwoch in Dresden die ostdeutsche Automobilbranche zum Kongress. Die Werksleiter von VW in Zwickau, BMW in Leipzig und Opel Eisenach wollten über die Aussichten für die kommenden Jahre sprechen. Rund 200 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung waren gekommen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer drängte auf dem Kongress mit Blick auf die VW-Krise auf "vernünftige" Rahmenbedingungen für die deutsche Industrie: "Wir sind natürlich in Sorge wegen Volkswagen", sagte der CDU-Politiker.
Mit der Fabrik in Mosel und dem Chemnitzer Motorenwerk sieht Kretschmer VW in Sachsen "ganz gut aufgestellt". Allerdings kritisierte er, die Wirtschaftspolitik sei "zu einem Hemmnis" geworden. Man brauche Klarheit und Verlässlichkeit, gerade auch mit Blick auf die Energiepreise. Es brauche Sicherheit beim Strompreis oder den Arbeitsbedingungen. Kretschmer kritisierte die Abschaffung der Kaufprämie für Elektroautos von heute auf morgen. Das zerstöre Vertrauen. Die Landesregierung unterstütze die Transformation der Automobilbranche, sagte Kretschmer: "Aber es muss schneller gehen bei Energiepreisen oder Ladeinfrastruktur, der Staat sich zurücknehmen, Prioritäten setzen."
Es gebe viele Technologien und Innovationen im Bereich Verbrenner, denen eine Chance gegeben werden müsse. Die Beschränkung auf eine Technologie "ist mit Sicherheit ein Fehler", sagte Kretschmer. "Wir brauchen die Offenheit, die Breite." Es seien am Ende die Verbraucher, nicht der Staat, die entscheiden, "wie wir heizen oder mit welchen Autos wir fahren".
Autobauer fordern mehr Attraktivität für Elektrofahrzeuge und mehr Freiräume
Generell seien die großen Player gerade verunsichert, sagte Petra Peterhänsel, Vorstandsvorsitzende des Automotive Cluster Ostdeutschland, der gemeinsamen Aktionsplattform der in Ostdeutschland aktiven Automobilhersteller, Zulieferer und Dienstleister. Es brauche mehr Attraktivität für die Nutzung von Elektrofahrzeugen und mehr Freiräume für die Unternehmen. "Wir fordern von europäischen und deutschen Entscheidern mehr Technologieoffenheit, weniger Regularien, Stabilität und Planbarkeit bei den Energiekosten", sagte Peterhänsel. Das sichere den Markterfolg der ostdeutschen Automobil- und Zulieferindustrie.
MDR, dpa (mze)
Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 11. September 2024 | 17:45 Uhr