InterviewEnergiewende zu Hause: Für wen sich ein Balkonkraftwerk lohnt
Energie ist nach wie vor teuer. Da kommt so mancher auf die Idee, sich seinen Strom selbst zu machen. Als Lösung wird immer wieder auf Balkonkraftwerke verwiesen. Das sind kleine Solaranlagen, die Strom für den Eigenbedarf produzieren. Die Bundesregierung will die Regelungen für Balkonkraftwerke nun noch einmal vereinfachen, und manche Stadt gibt sogar einen Zuschuss. MDR-AKTUELL-Wirtschaftsredakteur Ralf Geißler erklärt im Interview, was Verbraucher beachten sollten.
Herr Geißler, für wen lohnt sich ein Balkonkraftwerk?
Ralf Geißler: Ich habe tatsächlich eins. Aber es lohnt sich nicht für jeden. Man braucht natürlich erst einmal Platz. Also ein hinreichend großes Balkongeländer oder eine Fassade, wo man ein klassisches Solarmodul, idealerweise sogar zwei Module befestigen kann. Ein Modul ist so 1,80 Meter mal 1,0 Meter groß.
Der Standort sollte möglichst viel Sonne haben. Also Süd-Balkon ohne Bäume davor ist optimal. Und man benötigt auf dem Balkon eine Steckdose, über die man den Strom ins eigene Netz einspeisen kann. Da reicht eine normale Schukosteckdose aus. Wer das hat, für den kann sich das lohnen. Eine steckerfertige Anlage mit zwei Solarmodulen, einem Wechselrichter und dem Befestigungsset fürs Balkongeländer bekommt man ab 700 Euro. Bei günstigen Bedingungen hat man das Geld nach fünf Jahren wieder rein, weil man ja weniger Strom kaufen musste. Und die Solarmodule selbst können durchaus 20 bis 25 Jahre halten. Ein ordentlicher Wechselrichter sollte wenigstens zehn Jahre mitmachen.
Wieviel Strom produziert so ein Balkonkraftwerk?
Also die Bundesregierung hat das gedeckelt. Der Wechselrichter, der den Sonnenstrom über die Steckdose in die Wohnung bringt, darf maximal 600 Watt durchlassen. Jetzt scheint nicht immer die Sonne. Das heißt, es ist in der Tendenz eher weniger. Um zu möglichst vielen Zeiten die vollen 600 Watt abzugreifen, ist es deshalb sinnvoll, zwei Module anzubringen, die in Summe mehr Leistung haben – also 800 Watt. Dann kommen in der Leitung auch dann noch 600 Watt an, wenn sich mal ein Wölkchen vor die Sonne schiebt.
Aber auch 600 Watt klingt ja nicht sonderlich viel.
Ja, ein klassischer Staubsauger verbraucht mehr. Trotzdem läppert sich das zusammen, wie man so sagt. Sie haben ja im Haushalt einige Geräte, die den ganzen Tag laufen: Kühlschrank, Internetrouter, womöglich dreht der Staubsaugerroboter jeden Mittag seine Runden. Und diesen Grundverbrauch fängt so ein Balkonkraftwerk gut ab. Zusätzlich sollte man schauen, dass Geräte möglichst dann laufen, wenn die Sonne scheint – die Waschmaschine zum Beispiel oder der Geschirrspüler. Denn den Sonnenstrom, den man nicht selbst verbraucht, den verschenkt man tatsächlich. Der fließt automatisch ins allgemeine Stromnetz.
Muss man sich ein Balkonkraftwerk genehmigen lassen?
Vom Energieversorger ist keine Genehmigung notwendig. Man muss das Balkonkraftwerk aber bei seinem Netzbetreiber und der Bundesnetzagentur über ein Internetformular anmelden. Das ist leider nervig und mir persönlich auch rätselhaft, warum man für so eine kleine Anlage, die ja wirklich nur in die Steckdose gesteckt wird, diese Bürokratie aufbaut.
Und noch ein Haken zum Schluss: Die meisten Menschen wohnen ja zur Miete. Es hängt ein wenig vom Mietvertrag ab. Aber wenn man am Balkongeländer außen Solarpanele befestigen will, braucht man in vielen Fällen die Zustimmung des Vermieters. Aber das ändert sich wahrscheinlich bald. Das Bundesjustizministerium will das Mitspracherecht der Vermieter bei Balkonkraftwerken einschränken. Außerdem soll die Grenze erhöht werden, wie viel Leistung so ein Balkonkraftwerk maximal ins Hausnetz einspeisen darf – von derzeit 600 Watt auf 800 Watt. Das würde den Betrieb dann für viele noch interessanter machen.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 30. Mai 2023 | 06:00 Uhr