Zwischenbilanz bei Corona-Hilfen Steuerberater kritisieren Regelwerk und leere Versprechen des Bundes
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Für die Steuerberater in Mitteldeutschland ist Zwischenbilanz für die Bearbeitung der aktuellen Corona-Hilfen durchwachsen. Kritik gibt es für das Bundeswirtschaftsministerium, Lob für die Landesförderbanken. Das geht aus einer Umfrage des MDR-Magazins "Umschau" bei den Steuerberaterkammern in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hervor. Nach zahlreichen Betrugsfällen bei den Soforthilfen im ersten Lockdown hat der Bund die Steuerberater mit Beantragung von aktuellen Corona-Hilfen beauftragt.

Ein Kritikpunkt, der bei allen drei Steuerberaterkammern ganz oben steht, ist das fehlgeschlagene Erwartungsmanagement des Bundeswirtschaftsministeriums. "Zwischen der Ankündigung der Förderprogramme durch die Bundesregierung und der tatsächlichen Möglichkeit der Antragstellung vergingen in der Regel mehrere Wochen. In einer Situation, die für viele Unternehmen etc. unklar und wechselhaft ist, ist das eine lange Zeit. Das wiederum vergrößerte die Sorgen und Nöte der Betroffenen", sagt Dirk Rose, Präsident der Steuerberaterkammer Sachsen.
Hilfsprogramme zu spät startklar
Wie lange es von der Ankündigung bis zur abschließenden Bearbeitung dauern kann, zeigt die Chronologie der "Überbrückungshilfe III". Sie soll lockdownbedingte Ausfälle ab November 2020 entschädigen. Nachdem beim Bund-Länder-Gipfel am 28. Oktober 2020 die Schließung der Gastronomiebetriebe beschlossen wurde, wurde auch ein neues Hilfspaket angekündigt. Die Antragstellung dafür war ab dem 10. Februar 2021 möglich. Die ersten Abschlagszahlungen gab es nach BMWi-Angaben am 11. Februar. Erst am 12. März bekamen die Länder die Software für die abschließende Bearbeitung der Anträge. Die Steuerberater rechnen damit, dass die ersten Abschlusszahlungen am 19. März erfolgen könnten. Das heißt, zwischen der Ankündigung und der vollständigen Auszahlung der Hilfe liegen über 20 Wochen. Das BMWi erklärte die Verzögerung mit dem Aufwand, die entsprechende Software zu programmieren.
Regelwerk mit vielen offenen Fragen
Ein weiterer Kritikpunkt der Steuerberater ist das Regelwerk für die Corona-Hilfen. Nach Auskunft von Dr. Herbert Becherer, Präsident der Steuerberaterkammer Thüringen, wurden viele neue ungeklärte Rechtsbegriffe eingeführt. "Gleichzeitig wurden das begleitende Handbuch des Bundeswirtschaftsministeriums, das bei der Auslegung der Richtlinien helfen soll, ständig erweitert oder sogar geändert", so Becherer.
Aus der Sicht von Hilmar Speck von der Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt hat das Handbuch auch nicht alle Fragen beantwortet. "Zur Klärung offener Fragen hat das Bundeswirtschaftsministerium zwar eine Expertenhotline eingerichtet, doch dort sitzen nach meiner Einschätzung keine Experten. Auf Fragen, die das Handbuch unzureichend beantwortet, bekommt man an der Hotline genau diese fragenaufwerfenden Stellen aus den Texten als Antwort. Das hilft nicht weiter", kritisiert Speck. Er wünscht sich eine Hotline, an auch tatsächlich Experten sitzen. Das bringe den Steuerberatern mehr Rechtssicherheit: "Falsche Anträge stellen Subventionsbetrug dar, was es zu vermeiden gilt."
Sachsens Steuerberater wünschen schnelle Rückmeldungen
Die Bearbeitungszeiten bei den Anträgen aus Sachsen sind nach Angabe der Steuerberaterkammer aktuell sehr unterschiedlich. Empirische Daten liegen dazu nicht vor. Steuerberater Dirk Rose schätzt ein: "Während manche Anträge sofort bearbeitet und innerhalb kürzester Zeit positiv beschieden werden, zum Beispiel mittels Abschlagszahlungen innerhalb weniger Stunden, gibt es Anträge, die auch nach mehreren Wochen scheinbar unbearbeitet sind." In manchen Fällen passiere teilweise monatelang nichts.
Er wünscht sich deshalb mehr Transparenz im Bearbeitungsverfahren: "Eine Ablehnung des Antrags sollte den Unternehmen bzw. ihren Steuerberatern möglichst rasch mitgeteilt werden, so dass sie die Möglichkeit haben, sich schnell um eine Ersatzfinanzierung zu kümmern. Das nimmt bei vielen Firmen und ihren Steuerberatern die Unsicherheit." Angesichts der Dynamik der letzten Wochen und Monate sind die Steuerberater in Sachsen nach eigenen Angaben grundsätzlich zufrieden.
Sachsen-Anhalt: Abschlusszahlungen innerhalb von ein bis zwei Wochen
Hilmar Speck von der Steuerberaterkammer Sachsen-Anhalt lobt die Förderbank des Landes: "Die Investitionsbank bearbeitet sehr schnell und zahlt die Restzahlung nach Erhalt des Antrages vom Bund innerhalb von ein bis zwei Wochen aus. Im Vergleich zu anderen Ländern ist das extrem schnell, trotz aufwändiger Sicherheitsprüfung."
Bei der Verkürzung der Bearbeitungszeiten und für das schnelle Lösen von Problemen sei die wöchentliche Schalte mit den Kammern Sachsen-Anhalts und dem Wirtschaftsministerium sehr hilfreich. Speck lobt auch den täglichen Kontakt mit Wirtschaftsministerium, Investitionsbank und Bundessteuerberaterkammer. "Ohne diesen Kontakt würden unsere Steuerberater im Land kaum noch weiter kommen", so Speck.
Thüringen: Lockdownhilfen schneller geworden
"Die Thüringer Aufbaubank braucht im optimalen Fall von der Antragsabgabe bis zur Abschlagszahlung gerade einmal drei bis fünf Arbeitstage", erklärt Dr. Herbert Becherer. Seien Rückfragen offen, dauere dies natürlich entsprechend länger: "Bis zur finalen Zahlung des Gesamtbetrages können bis zu vier Wochen ins Land gehen." Im Vergleich dazu hat es nach Auskunft von Becherer bei den Überbrückungshilfen I und II im vergangenen Jahr länger gedauert. "Hier war der Unmut unter den Mandanten deutlich zu spüren, wenngleich es auch hier natürlich Unterschiede gab.
Eine pauschal lange Bearbeitungszeit hat es nach unseren Eindrücken nicht gegeben, auch hier war es fallabhängig." Positiv bewertet Kammerchef den guten Kontakt zwischen der Steuerberaterkammer Thüringen und der Thüringer Aufbaubank. Die wöchentlich mehrfach stattfindenden Konferenzen hätten dazu geführt, dass sowohl inhaltliche als auch technische Fragen und Probleme schnell herausgearbeitet und einer Lösung zugeführt werden konnten, so Becherer.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 09. März 2021 | 19:30 Uhr