Trotz massiven StellenabbausWirtschaftsexperte: Keine Deindustriealisierung wie in den 1990er-Jahren
Trotz eines hohen Stellenabbaus in der Industrie sieht der stellvertretende Leiter des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung Dresden keine Deindustriealisierung in Deutschland. Auch wenn derzeit viele Unternehmen Einsparungen vornähmen, sei das gemessen an der Gesamtzahl aller Arbeitskräfte vergleichsweise wenig und nicht vergleichbar mit der Situation in den 1990er-Jahren.
Der stellvertretende Leiter des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung Dresden, Joachim Ragnitz, sieht derzeit keine Deindustriealisierung in Deutschland. Der Wissenschaftler sagte MDR AKTUELL, zwar sei die Lage in einigen Bereichen dramatisch, gerade bei den energieintensiven Zweigen.
Doch auch wenn derzeit viele Stellen gestrichen würden, sei das gemessen an der Gesamtzahl aller Arbeitskräfte in der Industrie noch vergleichsweise wenig. Von einer echten Deindustriealisierung, wie es sie in Ostdeutschland vor 30 Jahren gegeben habe, wäre man weit entfernt.
Deutsche Unternehmen von internationalen Wettbewerbern überholt
Für die aktuelle Situation gebe es Ursachen, für die niemand etwas könne – zum Beispiel den Anstieg der Energiepreise, erklärt Ragnitz. Mitunter habe die Politik bei Transformationsprozessen auch zu zögerlich reagiert. Aus diesem Grund hätten Unternehmen Investitionsentscheidungen auf die lange Bank geschoben.
Viele Unternehmen, gerade im Automobilsektor, seien von den Wettbewerbern aus anderen Ländern überholt worden. "Sie versuchen jetzt, mit ihren überteuerten und teilweise nicht ausreichend innovativen Produkten, ihre Märkte zu bestreiten. Das kann nicht funktionieren", sagte Ragnitz.
Tausende Stellenstreichungen in Industrie
Zuletzt hatten mehrere große Unternehmen tausende Stellenstreichungen in Deutschland angekündigt. Der US-Autobauer Ford plant, 2.900 Stellen abzubauen. Der Autozulieferer und Maschinenbauer Schaeffler will 2.800 Mitarbeiter entlassen. Auch bei Bosch sollen insgesamt 3.800 Jobs wegfallen. Thyssenkrupp plant, 11.000 Arbeitsplätze binnen sechs Jahren zu streichen beziehungsweise auszulagern.
Und auch der Volkswagen-Konzern plant nach Angaben des Betriebsrats, mindestens drei seiner Werke in Deutschland zu schließen. Ob die Standorte in Zwickau, Dresden und Chemnitz betroffen sind, ist weiterhin unklar.
smk
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | 28. November 2024 | 19:30 Uhr