Ein Schild vor einem schneebedeckten Haus weist auf eine freie Ferienwohnung hin.
Angesichts der steigenden Energiekosten blickt die Tourismusbranche in diesem Jahr verhalten auf den bevorstehenden Winter. Bildrechte: picture alliance / Bernd Wüstneck/dpa/ZB | Bernd Wüstneck

Steigende Energiekosten Erste Vermieter schließen im Winter ihre Ferienhäuser und Ferienwohnungen

24. Oktober 2022, 15:01 Uhr

Die steigenden Kosten für Energie treffen nun auch Gäste und Eigentümer von Ferienwohnungen und Ferienhäusern. Die ersten Vermieter kündigten an, ihre Unterkünfte im Winter komplett zu schließen. Preise seien nicht mehr kalkulierbar, die höheren Kosten kaum auf den Gast abzuwälzen.

Das prächtige Umgebindehaus steht mitten in Ebersbach-Neugersdorf. Familie Umbreit aus Dresden hat dem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude vor fünf Jahren neues Leben eingehaucht. Sie rettete das 1831 erbaute Haus und funktionierte es zu einem Ferienhaus um. Seitdem ist die in der Lausitz als "Faktorenhaus" bekannte Unterkunft ein beliebter Ort von Familien und Gruppen geworden. Doch damit ist ab Januar erst einmal Schluss. Die Kosten, um das Ferienhaus zu beheizen, übersteigen den Nutzen der Vermietung. "Wir haben uns zu einer zeitweisen Schließung bis Ende März entschieden", sagt Tom Umbreit.

Vor allem Gaspreise zwingen Vermieter zu Schließungen

Damit ist er kein Einzelfall. Derzeit denken zahlreiche Besitzer von Ferienhäusern und Ferienwohnungen darüber nach, ihre Objekte im Winter komplett zu schließen. Grund sind die gestiegenen Kosten, vor allem für Gas. Das hat eine aktuelle Umfrage des Deutschen Ferienhausverbandes ergeben, deren Ergebnisse dem MDR exklusiv vorliegen. Demnach wird jeder zehnte Vermieter in diesem Winter aufgrund der Energiepreise seine Ferienunterkunft nicht öffnen – weitere zehn Prozent schließen eh schon immer in der Nebensaison ihre Häuser. Jeder zweite Vermieter hat angegeben, die Mietpreise erhöht zu haben.

Die Ferienhausbetreiber reagieren laut Befragung aber auch mit anderen Maßnahmen auf die Krise. So gaben 60 Prozent der Umfrageteilnehmer an, bereits kleine Vorrichtungen zum Energiesparen, wie etwa wassersparende Duschköpfe, installiert zu haben. Jeder Fünfte hat smarte Lösungen eingebaut, um zum Beispiel Licht und Heizung steuern zu können und jeder Zehnte will den Energieverbrauch ablesen und den Mietern in Rechnung stellen. Insgesamt haben an der Befragung 1.140 Gastgeber teilgenommen, wie eine Sprecherin des Verbandes sagte.

Das alte Umgebindehaus von Familie Umbreit in der Lausitz wird mit Gas beheizt. Das Problem ist, dass durch die denkmalgerechte Sanierung zwar ein wunderschönes Feriendomizil entstanden ist, aber eine Dämmung nach heutigem Standard nicht möglich war. Die alte Fassade musste sichtbar bleiben, auch innen konnten Tapeten aus den 1920er-Jahren erhalten werden. "Wir heizen hier einen Kälteklotz", sagt Betreiber Tom Umbreit. Vor allem für die Vermietung nur am Wochenende rechne sich das nicht, der Mietpreis müsste verdoppelt werden. "Wir können nicht sieben Tage heizen für zwei Tage Vermietung." Falls Gäste eine ganze Woche kommen möchten, wäre das möglich.

Unkalkulierbare Kosten und Risiko beim Vermieter

Ein ähnliches Problem hat Familie Bartels aus Ballenstedt bei Quedlinburg im Vorharz. Auch sie sanierte ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude für Feriengäste. Vier Jahre lang machte die Familie aus einem 340 Jahre alten abrissreifen Haus eine Unterkunft für bis zu acht Personen. Sie nahm einen Kredit auf und bekam Fördermittel von der EU. "Wegen der Zweckbindung können wir jetzt das Haus nicht einfach als Wohnhaus vermieten", sagt Lutz Bartels. Doch ob die "Gänsetrappe", wie er sein Ferienhaus nennt, ab Dezember noch Urlauber empfangen wird, ist derzeit unklar. "Wir haben bis Ende November einen festen Gaspreis, danach müssen wir sehen", sagt der Vermieter. Den Gästen für Weihnachten und Silvester hat er vorsorglich bereits gekündigt und eine neue Bleibe gesucht. Den Preis wolle er nicht anheben, eine Schließung im Winter sei sehr wahrscheinlich.

Diese Entscheidung haben Mario Friedel aus Naumburg und Lutz Schlag aus dem Örtchen Roßbach gleich neben der Domstadt bereits gefällt. Friedel will sein "Domizil Naumburg" mit zwei Apartments in der Altstadt auf jeden Fall ab dem 1. Januar für die Wintermonate nicht öffnen. Familie Schlag nimmt schon ab dem 1. November keine Gäste mehr auf. "Die Übernachtungspreise sind für uns nicht kalkulierbar, das Risiko tragen wir", sagt der Vermieter. Gerade hat er ein weiteres Apartmenthaus mit fünf Wohnungen gebaut, das eigentlich am 1. Januar öffnen sollte. Auch daraus wird nichts. Beide Vermieter sehen das Problem auch ein wenig bei den Gästen. Sie würden zwar zuhause Energie sparen, aber in Ferienunterkünften nicht, so ihre Erfahrung. Mario Friedel hat in diesem Jahr bereits seine Preise anheben müssen, nochmal will er es nicht tun. "Da bekomme ich dann schlechte Bewertungen bei den Buchungsportalen", sagt er. Urlauber hätten oftmals auch nur ein begrenztes Budget.

Urlaub wird teurer – auch Hotellerie betroffen

Egal, wie sich Vermieter in den nächsten Monaten entscheiden, für den Gast wird es in vielen Fällen in Zukunft teurer und das Angebot im Winter knapper. Der Deutsche Ferienhausverband rät Vermietern allerdings, die Häuser wenn möglich das ganze Jahr über offenzuhalten und die Gäste für das Thema Energieverbrauch zu sensibilisieren. Außerdem solle der Gastgeber transparent mit den möglichen zusätzlichen Kosten umgehen. "Wir empfehlen einen Aufschlag von zehn Prozent für zukünftige Buchungen", sagte der Verbandsvorsitzende Göran Holst. Das sei eine Preissteigerung, die auch für Gäste vertretbar ist und noch bei Weitem unter dem liege, was andere Übernachtungssegmente aufrufen.

Auch in der Hotellerie ist das Thema bereist angekommen und mehr als brisant. Mehr als die Hälfte der Häuser fürchte aktuell, aufgrund der steigenden Preise bei der Energie um ihre Existenz. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Bundesverbandes des Hotel- und Gaststättengewerbes (Dehoga) aus dem Oktober. Demnach hat sich der Anteil der Energiekosten am Umsatz der Häuser von 2019 bis 2022 auf 14,3 Prozent fast verdoppelt, für das kommende Jahr werden sogar mehr als 21 Prozent prognostiziert. Laut einer Dehoga-Sprecherin haben sich 1.029 Hoteliers an der Befragung beteiligt.

Wie der Thüringer Dehoga-Chef Dirk Ellinger jüngst im MDR erklärte, erwägen auch Hotels aus dem Freistaat, im Winter aufgrund der hohen Energiekosten komplett zu schließen. Einige Betriebe hätten über eine Verzehnfachung der Kosten für Strom und Gas berichtet, das sei auf den Gast nicht mehr umzulegen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 19. Oktober 2022 | 06:00 Uhr

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