Eine Frau und ein Kind mit Decke neben einer Heizung.
Viele Verbraucher machen sich Sorgen, wie sie im Winter heizen sollen – die Gasumlage wird nun auch in der Ampel immer offener kritisiert. Bildrechte: IMAGO/photothek

Energiekosten SPD-Spitze erwartet Aus für Gasumlage in dieser Woche

26. September 2022, 09:04 Uhr

Der Streit um die Gasumlage geht weiter: Finanzminister Lindner und andere führende Ampel-Politiker fordern ihr Aus. Nach Ansicht von SPD-Co-Parteichefin Saskia Esken sind die Pläne für die Abgabe noch in dieser Woche vom Tisch. Kanzler Scholz äußert sich ausweichend. Die Bundesregierung hat unterdessen erstmals Zahlen vorgelegt, wie teuer ein Energiepreisdeckel wäre: nötig wären demnach insgesamt 3,8 Milliarden Euro jährlich.

In der Ampelkoalition wächst die Kritik an der geplanten Gasumlage. SPD-Chef Lars Klingbeil sagte am Sonntag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt", er rechne mit einer Entscheidung über die Gasumlage in dieser Woche. Klingbeil forderte, man müsse die Kraft haben, die Umlage offen zu diskutieren und notfalls auch zu korrigieren. Für ihn stehe die Gasumlage politisch auf wackligen Füßen. Finde man einen Weg, auf sie zu verzichten, wäre das ein richtiges Signal an die Verbraucher und Unternehmen.

Esken und Mützenich: Gasumlage kommt nicht

Auch Klingbeils Co-Parteichefin Saskia Esken sowie SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich gehen davon aus, dass die Gasumlage nicht kommt. Esken sagte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin", sie sei "der festen Überzeugung, dass wir diese Woche zum Ende der Gasumlage kommen". Mützenich erklärte am Montag im ARD-Morgenmagazin, die Gasumlage sei "nicht das Mittel der Wahl".

Lindner stellt Gasumlage infrage und fordert Gaspreisbremse

Zuvor hatte bereits Bundesfinanzminister Christian Lindner die geplante Gasumlage infrage gestellt. Der FDP-Politiker sagte der "Bild am Sonntag", ihm stelle sich die Frage, ob die Umlage wirtschaftlich sinnvoll sei. Die Umlage erhöhe den Gaspreis. Notwendig sei aber eine Preisbremse. Bis die geplanten Hilfen der Bundesregierung für Haushalte, Handwerk, Sportvereine oder Kultur stünden, werde noch Zeit vergehen.

Grünen-Chefin Ricarda Lang reagierte auf Lindners Vorstoß mit der Forderung, eine solche Gaspreisbremse aus Haushaltsmitteln zu finanzieren: "Die Gasumlage kann weg, sobald das Finanzministerium eine Bereitschaft für Alternativen zeigt", sagte Lang in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Lang zeigte sich offen für ein neues Sondervermögen. Sie verwies dabei auf den 100 Milliarden Euro schweren Sonderfonds für die Bundeswehr. Ein Sondervermögen hat für die Regierung den Vorteil, dass seine Kredite nicht unter die Vorgaben der Schuldenbremse fallen.

Scholz weicht Frage nach Gasumlage aus

Bundeskanzler Olaf Scholz reagierte auf eine Frage zur Zukunft der Gasumlage ausweichend. Bei seinem Besuch in Katar sagte Scholz, es gehe jetzt darum, wie die viel zu hohen Preise für Strom und Gas reduziert werden könnten. Dazu habe am Samstag eine Kommission Beratungen aufgenommen. "Wir werden mit schnellen Ergebnissen rechnen können", sagte der SPD-Politiker. Er sprach von einer "sehr guten konstruktiven Arbeit" in der Kommission.

Ab Oktober sollen alle Gas-Verbraucher einen Aufschlag von 2,419 Cent je Kilowattstunde zahlen. Das Geld soll an Gasimporteure weitergereicht werden, die wegen ausgefallener russischer Lieferungen Gas auf dem Weltmarkt teuer einkaufen müssen.

Bundesregierung nennt Kosten eines möglichen Energiepreisdeckels

Unterdessen hat die Bundesregierung erstmals Zahlen zu den Kosten einer möglichen Deckelung der Gas- und Strompreise genannt. Um den Endverbraucherpreis bei Gas um einen Cent je Kilowattstunde zu senken, wäre aus der Staatskasse ein Betrag von 2,5 Milliarden Euro nötig. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Linken-Anfrage hervor, die den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) am Sonntag vorlag. Bei Strom wären es demnach 1,3 Milliarden Euro pro Cent und Kilowattstunde.

Ein durchschnittlicher Einfamilienhaushalt mit einem jährlichen Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden würde dem Bericht zufolge mit jedem erlassenen Cent etwa 200 Euro im Jahr sparen. Bei einem Single-Haushalt mit 5.000 Kilowattstunden Gasverbrauch wären es demnach 50 Euro im Jahr. 

Je nach Modell würde der Staat aber nicht für alle Verbraucher einen Cent pro Kilowattstunde übernehmen, sondern nur für Haushalte mit besonders hoher Belastung – wenn ein bestimmter Deckel überschritten wird.

Das Ministerium betont den Angaben zufolge, dass es vom konkreten Modell abhängen würde: "Welcher Gesamtbetrag sich im Falle einer Preisdeckelung ergibt, hängt davon ab, wie hoch der Deckel angesetzt wird und wie sich die Endverbraucherpreise weiter entwickeln", heißt es in dem Schreiben von Energiestaatssekretär Patrick Graichen.

Linke halten Preisdeckel für machbar

Die Linksfraktion hält einen Preisdeckel angesichts dieser Summen für finanzierbar. Fraktionschef Dietmar Bartsch forderte den Bundeswirtschaftsminister deshalb zur Einführung eines Strom- und Gaspreisdeckels auf: "Robert Habeck muss endlich seine vielfach verfehlte Energiepolitik korrigieren", sagte Bartsch dem RND.

Die Zahlen aus dem Habeck-Ministerium zeigen, dass eine Deckelung der Preise möglich und finanzierbar wäre.

Dietmar Bartsch, Linke-Fraktionschef im Bundestag

Bartsch sagte weiter, die Gasumlage in ihrer für Bürger und Betriebe verheerenden Form müsse weg, ein Deckel auf die Gaspreise sei notwendig: "Die Zahlen aus dem Habeck-Ministerium zeigen, dass eine Deckelung der Preise möglich und finanzierbar wäre. Mit den Mitteln aus einer Übergewinnsteuer auf unanständige Gewinne bei den Öl- und Energiemultis könnte ein Gaspreisdeckel finanziert werden."

dpa/AFP/Reuters (cga, jan)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 25. September 2022 | 11:00 Uhr

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