Aktenstapel in einem Büro
Ist mehr Personal wirklich die Lösung für den Fachkräftemangel in der öffentlichen Verwaltung? Bildrechte: imago/wolterfoto

Fachkräftemangel Warum die öffentliche Verwaltung mehr Digitalisierung braucht

28. März 2023, 12:36 Uhr

Der Fachkräftemangel ist in allen Arbeitsbereichen akut, so auch in der öffentlichen Verwaltung. Ein AKTUELL-Nutzer fragt sich aber, ob mehr Personal wirklich die passende Antwort darauf sei oder "inwiefern mangelnde Effizienz in Prozessabläufen, Genehmigungsverfahren und eine mangelnde Digitalisierung hier eine viel entscheidendere Rolle spielen." Experten geben Antwort und machen Zugeständnisse.

In der öffentlichen Verwaltung wird Personal gesucht. Zur Einordnung ist aber wichtig: Der Ruf nach Personal hallt nicht deswegen so laut, weil man gerne zusätzliche Fachkräfte hätte. Vielmehr geht es vor allem darum, bereits entstandene Lücken zu schließen.

Zum Status Quo in der öffentlichen Verwaltung sagt Alexander Kubis vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: "Im letzten Quartal hatten wir über 45.000 offene Stellen. Jetzt kann man sich fragen: Ist das viel? Ja, das ist auf alle Fälle sehr viel mehr, als wir noch vor einigen Monaten oder auch Jahren hatten. Wenn wir uns 2019 angucken da hatten wir dort 27.000 offene Stellen. Das heißt, wir haben heute 171 Prozent von diesem Bestand." Das zeige die deutlich größere Nachfrage in der öffentlichen Verwaltung.

Digitalisierung statt Fachkräfte

Dass digitale und effizientere Arbeitsabläufe in der Verwaltung nötig sind und bald noch wichtiger werden, ist unstrittig. Der Innen- und Digitalpolitiker Volker Redder sitzt für die FDP im Bundestag. Er sagt: "Wir werden diesen Fachkräftemangel nicht lösen können. Mit anderen Worten: Wir müssen ganz massiv in Digitalisierung investieren. Das muss aber auch gut sein. Wir haben über 10.000 Kommunen mit eigenen Systemen. Und wir müssen die in irgendeiner Form zusammenbringen."

Das sei jedoch ein Problem, da der Bund so keine zentralen Vorgaben machen könne, erklärt Redder. Dadurch erfordere es immer Verhandlungen mit den Ländern. "Und da sitzen wir gerade dran. Das ist ein harter Job" – und ein langer Weg.

Medienbrüche kosten Zeit

Einen guten Teil des fehlenden Personals werde man lang-, vielleicht mittelfristig kompensieren können, sagt Redder. Auch Moreen Heine ist sich sicher, dass man in der Kernverwaltung künftig mit deutlich weniger Personal auskommen kann. Heine ist Professorin für e-Government an der Uni zu Lübeck.

Derzeit seien sogenannte Medienbrüche aber noch ein großes Problem, sagt sie – wenn also Informationen von einem Medium auf ein anderes übertragen werden müssen. "Momentan ist es so, dass durch das Onlinezugangsgesetz ja viele Anträge inzwischen schon digital reinkommen. Sie müssen dann aber von Sachbearbeitern abgetippt werden in Fachanwendungen, wo dann die eigentliche Bearbeitung stattfindet. Und das ist natürlich ein Wahnsinn, weil dabei auch Fehler auftreten." Es koste viel Zeit und sei ermüdend. So könne man Digitalisierung nicht gut angehen und keine Einsparungen erzielen, sagt die Expertin.

Digitalisierung braucht IT-Experten

Also: Ja, die schleppende Digitalisierung ist ein großes Problem in der öffentlichen Verwaltung und ja, sie macht ein deutlich effizienteres Arbeiten möglich. Ob dieser Mangel aber schwerer wiegt als der Notstand beim Personal, lässt sich nicht seriös bestimmen.

Schließlich bringe die Digitalisierung selbst wiederum einen größeren Bedarf an IT-Fachkräften mit sich, sagt Moreen Heine. "Das ist ein Riesenproblem. Wir müssen auch noch viel effizienter in der IT-Entwicklung selbst vorangehen. Da gibt es auch schon viele gute Ansätze, die in der Umsetzung aber noch schwierig sind."

Und das noch zur Einordnung: laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey aus diesem Jahr werden im öffentlichen Dienst bis 2030 etwa 140.000 Fachkräfte alleine in der IT fehlen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. März 2023 | 06:00 Uhr

3 Kommentare

Tom0815 am 28.03.2023

Abtippen...Hossa...
Vielleicht kann man ja damit beginnen den Abtippenden so hilfreiche Tastenkombinationen wie:
Strg + C zum Kopieren (Mac: ⌘ + C),
Strg + X zum Ausschneiden (Mac: ⌘ + X)
Strg + V zum Einfügen (Mac: ⌘ + V zum Einfügen)
Strg + A zum Einfügen (Mac: ⌘ + A für alles auswählen)
beizubringen?

Ist noch immer weit meilenweit von digitaler Verwaltung entfernt, aber den Computer anders als eine Schreibmaschine zu nutzen, ist immerhin ein kleiner Schritt.

Als i-Tüpfelchen dann noch den Umgang mit einem Clipboard Manager, so dass man nicht nur das zuletzt kopierte/ausgeschnitte einfügen kann, sondern eine Historie hat und daraus auswählen kann. 😉

nasowasaberauch am 28.03.2023

Die Pandemie hat uns doch gezeigt wie es um die Digitalisierung steht. 16 Bundesländer = 16 Verwaltungen, natürlich alle mit unterschiedlichen Vorstellungen von Digitalisierung und untereinander babylonisch, heißt Datenaustausch unmöglich. An bestimmten Stellen ist der Föderalismus untauglich und gepaart mit dem Datenschutz ein Garant dafür, dass sich in diesem Land nichts ändern wird.

salzbrot am 28.03.2023

gibt es bessere Erwerbsarbeit, als im Homeoffice Anträge abzutippen? und dann mehr Verwaltungspersonal zu verlangen für noch mehr Homeoffice?

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