Faktencheck Sind die Sprit- und Strompreise im Osten höher als im Westen?

26. Oktober 2022, 14:40 Uhr

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt, dass es im Osten Ärger darüber gebe, dass die Strom- und Spritpreise höher als im Westen Deutschland seien. Das Ergebnis des Faktenchecks: Die Preisunterschiede sind nur minimal.

Carolin Voigt, Reporterin, Redakteurin und Sprecherin
Bildrechte: MDR/Karsten Möbius

Ein kleines Belegbeispiel vorweg: Wenn ich am Montagmittag in Leipzig Diesel tanken möchte, schickt mich die "Günstig tanken"-Seite des ADAC an eine Tankstelle in Mockau. 2,108 € muss ich dort für den Liter Diesel zahlen. Zur gleichen Zeit im Westen der Republik, in Köln, kostet der Liter Diesel nur geringfügig weniger – nämlich 2,059 €.

Eine Beobachtung, die auch Cornelius Blanke stützt, Pressesprecher beim ADAC Hessen-Thüringen: "Da gibt es oft weniger das Ost-West-Gefälle als das Nord-Süd-Gefälle. Die starken regionalen Aufschläge bedingt durch Raffinerie- und Transportprobleme sind relativ verschwunden."

Nach Angaben des ADAC war Diesel diesen Monat in Bremen, Schleswig-Holstein und Thüringen am teuersten. Super E10 kostete in Schleswig-Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern am meisten. Sachsen und Sachsen-Anhalt rangieren bei beiden Kraftstoffarten auf den hinteren Rängen. Grundsätzlich muss man jedoch festhalten: Gravierend sind die Preisunterschiede übers Land gesehen nicht.

Dieselproblem in ganz Europa

Generell seien die Kraftstoffe schon lange zu teuer und es fehle an Transparenz vonseiten der Mineralölkonzerne, kritisiert Cornelius Blanke vom ADAC. Auch der Preisunterschied zwischen Diesel und Benzin sei nicht nachvollziehbar: "Auf einen Liter Diesel entfallen zum Beispiel gut 20 Cent weniger Energie- und Mehrwertsteuer. Tatsächlich kostet Diesel aber fast 21 Cent mehr als Super E10. Das kann ich nicht nachvollziehen."

Dass es keine großen Preisunterschiede beim Kraftstoff zwischen Ost und West gibt, bestätigt auch Jürgen Ziegner, Geschäftsführer des Zentralverbands des Tankstellengewerbes. Leichte Preisunterschiede erklärt er so: "Diesel ist in Ostdeutschland etwas teurer als im Rest des Landes. Das hängt aber damit zusammen, dass Diesel generell knapp ist und der Markt in Ostdeutschland aus dem Westen versorgt werden muss. Das sind also Transportkosten."

Ganz Europa und Deutschland hätten ein Dieselproblem, sagt Ziegner weiter. Es wird nicht genug produziert und man ist auf Importe angewiesen. Wenn Ende des Jahres der EU-Boykott gegen russisches Öl greift, fehlen seiner Einschätzung zufolge rund zwölf Prozent des Dieselvolumens in Europa: "Dazu kommt die Problematik, dass die Raffinerien Leuna und Schwedt bisher per Pipeline aus Russland mit Diesel versorgt wurden. Die Ersatzlieferungen, die aus Polen kommen sollen, sind noch nicht in der vollen Höhe gesichert und die Transportkosten sind natürlich erheblich höher." Diesel wird also voraussichtlich eher noch teurer.

Leichte Entwarnung gibt Ziegner hingegen für Benzin. Momentan gebe es Produktionsüberschüsse in ganz Europa. Für dieses Jahr sei von keinen großen Steigerungen mehr auszugehen. Wesentlich günstiger wird Benzin aber wohl auch nicht.

Strom im Osten nur geringfügig teurer

Doch wie sieht es beim Strom aus? Gleich vorweg: Vor einigen Jahren war es noch so, dass Strom im Osten teurer war als im Westen. Auch hier hat es aber im Großen und Ganzen eine Angleichung gegeben.

Stromexperte Lundquist Neubauer vom Vergleichsportal Verivox erklärt, dass es vor fünf Jahren noch deutliche Strompreisunterschiede in Ost und West gegeben habe. Damals zahlten Haushalte in den neuen Bundesländern noch vier Prozent mehr als in den alten Bundesländern.

Heute sehe es so aus: "Eine Familie mit einem Stromverbrauch von 4.000 kWh zahlt derzeit in den neuen Bundesländern 2.169 Euro für Strom und in den alten Bundesländern 2.150 Euro. Strom ist heute noch 0,9 Prozent teurer als im Westen", sagt Neubauer.

Reallöhne im Osten immer noch deutlich niedriger

Eine unabhängige Listung der Strompreise nach Bundesländern führen übrigens weder das Bundesamt für Statistik in Wiesbaden noch die statistischen Landesämter. Ein Sprecher der Wiesbadener Behörde begründete das mit den geringen Preisdifferenzen und mit dem deregulierten Strommarkt, auf dem Verbraucherinnen und Verbraucher den Stromanbieter unabhängig von ihrem Wohnort wählen könnten.

Was man bei all der Pfennigfuchserei aber nicht aus dem Blick lassen darf: Die Preise für Strom und Sprit mögen sich ist Ost und West nur marginal unterscheiden. Die Reallöhne liegen im Osten aber noch immer deutlich unter denen im Westen und auch bei der Vermögensverteilung hat der Westen die Nase vorn.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 25. Oktober 2022 | 06:30 Uhr

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