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Nach einem Vorschlag der Union sollten künftig Arbeitslose Gepäck am Flughafen sortieren. Bildrechte: IMAGO/HEN-FOTO

PersonalmangelKritik an Unionsvorschlag zu Arbeitslosen an Flughäfen

14. Oktober 2022, 05:00 Uhr

Im Sommer hat sich die prekäre Personalsituation an deutschen Flughäfen bemerkbar gemacht. Um zukünftig Kofferchaos zu vermeiden, schlägt die Union vor, Arbeitslose ans Gepäckband zu stellen. Der Bedarf sei da, das Signal dennoch das falsche, sagen Verdi und die Bundesarbeitsagentur.

Ein Meer von Koffern und keiner kümmert sich darum – solche Szenen haben in diesem Sommer manchem Urlauber die Ferien verdorben. Akuter Personalmangel an deutschen Flughäfen war die Ursache.

Solche Szenen sollen sich nach dem Willen von CDU/CSU nicht wiederholen. Deshalb will die Union Arbeitslose per politischem Beschluss an die Flughäfen schicken. Beim Flughafenverband ADV begrüße man jede Möglichkeit, um Personal zu gewinnen, sagt Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel: "Die deutschen Flughäfen und die Dienstleister, die an den Flughäfen die Flugzeuge abfertigen, suchen händeringend nach Beschäftigten. Wir sind mittlerweile als Flughäfen mit unserem Latein am Ende. Wir brauchen hier weitergehende Maßnahmen und wir suchen auch mit Unterstützung der Politik Arbeitskräfte im Ausland, weil der hiesige Arbeitsmarkt leergefegt ist."

Es geht nicht ohne Kompetenz

Die Flughafenbetreiber suchen Personal also nicht im Heer der Arbeitslosen. Beisel sagt, er habe seine Zweifel, wenn man sage, man habe in Deutschland noch ein großes Potential an Arbeitskräften, das man aktivieren könne: "Wir brauchen motivierte Arbeitskräfte, die pünktlich zum Dienst kommen und auch die Tätigkeiten verrichten können und wollen, und hier sage ich ganz ehrlich: Alle, die wir am Arbeitsmarkt finden, denen sind wir bereit, ohnehin schon ein Angebot zu machen."

Wer an einem Flughafen arbeiten will beziehungsweise soll, der wird diversen Sicherheitsprüfungen unterzogen, das sieht das Luftsicherheitsgesetz vor. Darüber hinaus müssen Flughafenmitarbeiter qualifiziert sein. Das betreffe auch das Beladen von Flugzeugen, wo Statikkenntnisse wichtig seien, sagt Sven Bergelin von der Vereinigten Dienstleistungsgwerkschaft Verdi.

Verdi: Union sendet falsches Signal

Auch deshalb sei es aus Gewerkschaftssicht keine Lösung, das Problem mit Arbeitslosen in den Griff zu bekommen, sagt Bergelin: "Das ist das total falsche Signal, weil wir gerade mit den Branchenverbänden des Luftverkehrs und den Arbeitgeberverbänden diskutieren, wie können wir Arbeitsbedingungen attraktiver gestalten. Die Union bedient ein Bild, dass es total simpel sei und jeder sofort aufs Vorfeld und Koffer verladen könne. Und die zweite Frage, die sich auch stellt: Jemand der längere Zeit schon arbeitslos gewesen ist, ob der körperlich in der Lage ist, solche Tätigkeiten im Dreischichtsystem auszuüben – das scheint nicht durchdacht und ein politischer Schnellschuss zu sein, ohne Sinn und Verstand."

Bundesarbeitsagentur schließt sich Kritik an

Auch bei der Bundesarbeitsagentur in Nürnberg kann man sich mit solchen politischen Ambitionen nicht anfreunden. Sprecher Christian Weinert sagt: "Bei der Frage gilt es ja auch zu berücksichtigen, welche Anforderungen werden an den Job gestellt. Es braucht auch eine abgeschlossene Berufsausbildung. Und es ist beispielsweise so, dass 57 Prozent unserer Arbeitslosen gar keine abgeschlossene Berufsausbildung haben."

Um Menschen an Flughäfen in Beschäftigung zu bringen, wolle man keinen politischen Zwang ausüben, so Weinert. Er verweist in dem Zusammenhang noch einmal auf die bestehenden Möglichkeiten: "Das Eine ist die Aufnahme einer regulären sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oder eines Minijobs. Das Zweite: Wir können Praktika bei Arbeitgebern anbieten, sofern es tatsächlich auch eine Einstellungsabsicht gibt. Und das Dritte, was möglich ist, sind die sogenannten Ein-Euro-Jobs"Maßnahmen, um arbeitslose Menschen sinnvoll an eine neue Tätigkeit heranzuführen.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 14. Oktober 2022 | 06:00 Uhr