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ÜbergewinnsteuerGasumlage für alle, Gasgewinne für Aktionäre

Auf alle Haushalte kommen wahrscheinlich ab Oktober finanzielle Belastungen zu. Zugute soll das den Gasimporteuren kommen. Allerdings verdienen Stromkonzerne mit Erdgas gerade richtig viel. Ist das gerecht?

Russland dreht den Gashahn zu, die Gashändler haben Mehrkosten und die sollen ab Oktober auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umgelegt werden. 300 Euro Energiepauschale gibt es für alle, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Und die müssen noch versteuert werden. Bei einer Preissteigerung von derzeit bereits über 100 Prozent sei das ein Tropfen auf den heißen Stein, findet Hendrik Püschel. Er ist selbstständiger Entertainer aus Rudolstadt. Durch die Coronaausfälle sind alle seine Rücklagen aufgebraucht. Er und seine Familie sparen schon, wo sie können. Auch bei den Nebenkosten.

Soll ich jetzt das Haus verkaufen? Soll ich jetzt das Auto verkaufen? Oder das Geschäft aufgeben, die ganze Hardware verkaufen und hoffen, dass ich davon die Stromrechnung bezahlen kann? Aber dann hab ich das nächste Problem, weil dann kann ich nicht mehr arbeiten. Womit denn?

Hendrik Püschel | selbstständiger Entertainer

Er habe sein Vertrauen in die öffentliche Daseinsvorsorge längst verloren.

Dabei waren bereits im vergangenen Jahr 13 Millionen Menschen in Deutschland armutsgefährdet. Gut die Hälfte aller Haushalte konnte auch schon vor den Preissteigerungen keine Rücklagen bilden. So wie auch ein alleinstehender Vater aus Leipzig. Er berichtet Exakt, dass er mit seinem Kind schon lange nicht mehr im Kino oder im Zoo gewesen sei. 1.500 Euro netto verdient er im Monat. Ungefähr die Hälfte geht für die Miete drauf. Wohngeld bekommt er nicht, weil er ein paar Euro über der Bemessungsgrenze liegt. Schon wegen der Inflation hat er jedes Sparpotentioal aktiviert.

Also ich habe Stand jetzt praktisch nur die Versicherungen, die man braucht. Alles andere habe ich gekündigt. Ich habe mein Riester aufgelöst, weil ich jetzt das Geld brauche und nicht erst, wenn ich 65 Jahre alt bin.

Wie Konzerne in der Krise Gewinne machen

Gleichzeitig erwirtschaften manche Energiekonzerne auf Grund der Krise Milliardengewinne. Der britische Shell-Konzern gab für das vergangene Quartal einen Rekordgewinn von 11,5 Milliarden Dollar bekannt. Total Energies aus Frankreich verdoppelte seinen Gewinn auf 5,7 Milliarden Dollar. Und auch der deutsche Gas- und Ölproduzent Wintershall Dea konnte seinen Gewinn auf 668 Millionen Euro deutlich steigern.

Diese Konzerne importieren nämlich nicht nur Gas, sondern fördern es auch selbst. Bei den aktuellen Preisen können sie dieses Gas teuer verkaufen. Schwieriger ist es für die Unternehmen, die das Gas nur importieren, wie Uniper. Die müssen jetzt teuer einkaufen, haben aber ihren Kunden langfristig niedrige Preise zugesichert. Darum müssen sie jetzt mit der Gasumlage gerettet werden. Unternehmen wie RWE importieren hingegen Gas und erzeugen dazu auch Strom. Strom ist im Moment aber auch so teuer, dass der Konzern trotzdem Gewinne macht. Aber müssen die Kundinnen und Kunden dann trotzdem auch eine Umlage zahlen?

Was bringt die Übergewinnsteuer?

Die Übergewinnsteuer soll für die Unternehmen gelten, die in der Krise fette Gewinne machen. 76 Prozent der Wahlberechtigten sind für eine solche Steuer. Es gibt aber durchaus juristische Hürden. Würden nur einzelne Unternehmen besteuert werden, könnte das gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz verstoßen.

Die Übergewinnsteuer schade dem Investitionsklima findet die FDP.

Aktuell verdienen die Ölkonzerne nämlich so viel, dass sie die Gewinne gleich zurück in die Branche investieren können. Viele der Ölkonzerne investieren dann in ihr klassisches Geschäft, also in Öl und Gas, als in erneuerbare Energien. Aktivistinnen und Aktivisten bezeichnen diese Projekte als Kohlenstoffbomben. Weil sie mehr als eine Milliarde Tonnen CO2 freisetzen. Laut dem britischen Guardian soll es 195 dieser Projekte geben. Insgesamt geht es um so viel CO2, wie die gesamte Menschheit in 18 Jahren verbraucht. Und viele dieser Projekte laufen bereits.

Oliver Powalla vom BUND fordert deshalb, Einnahmen aus einer Übergewinnsteuer in erneuerbare Energien zu stecken.

Ich denke, dass man über eine Übergewinnsteuer auch Geld mobilisieren könnte, was jetzt gerade gebraucht wird, um die Veränderungsbereitschaft der Menschen auch zu unterstützen.

Oliver Powalla | Bund für Umwelt und Naturschutz

Er findet, die Einnahmen aus einer Übergewinnsteuer sollten direkt in Sanierungen und Wärmepumpen investiert werden, die sich viele Privathaushalte und Mieter gerade nicht leisten können.

Quelle: MDR Investigativ / est

Dieses Thema im Programm:Das Erste | Fakt | 09. August 2022 | 21:45 Uhr

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