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TarifstreitGroßstreik soll Nah- und Fernverkehr am Montag lahmlegen

26. März 2023, 15:07 Uhr

Von der Schiene bis zu Flughäfen wollen Gewerkschaften am Montag weite Teile des öffentlichen Verkehrs lahmlegen. Die Deutsche Bahn stellt wegen eines bundesweiten Warnstreiks ihren gesamten Fernverkehr ein. Der größte Flughafen in Deutschland plant seinen Flugbetrieb auszusetzen. Allein im Flugverkehr sind Schätzungen zufolge rund 380.000 Geschäfts- und Privatreisende betroffen. Der Flughafenverband ADV sprach von einer "Streikeskalation nach französischem Vorbild.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben einen ganztägigen Streik für Montag angekündigt. Bundesweit ist nach Angaben beider Organisationen mit weitreichenden Einschränkungen im Bahn-, Luft- und Nahverkehr sowie auf Wasserstraßen zu rechnen. "Es wird im gesamten Bundesgebiet zu starken Verzögerungen bis hin zum Erliegen der Verkehrsdienste in allen genannten Bereichen kommen", hieß es. Der Streik soll demnach in der Nacht vom 26. auf den 27. März um 00:00 Uhr beginnen und um 24:00 Uhr enden.

Der EVG zufolge sind auf der Schiene neben der Deutschen Bahn unter anderem die Bahn-Unternehmen Transdev, AKN, Osthannoversche Eisenbahnen, erixx, vlexx, eurobahn sowie Die Länderbahn betroffen. Verdi ruft zudem zu Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Nahverkehr in sieben Bundesländern auf. Neben Sachsen gehören dazu Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern. Auch mehrere Flughäfen sowie die Autobahngesellschaft und die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sollen bestreikt werden.

Deutsche Bahn stellt Fernverkehr komplett ein

Infolge des Streikaufrufs stellt die Deutsche Bahn ihren Fernverkehr am Montag komplett ein. Wie das Unternehmen mitteilte, wird auch im Regionalverkehr größtenteils kein Zug fahren. Gebuchte Tickets für Montag und Dienstag können kostenlos storniert oder noch bis einschließlich zum 4. April flexibel genutzt werden.

"Selbstverständlich sind wir auch in solchen Situationen in sehr großem Umfang zur Kulanz bereit", sagte Personalvorstand Martin Seiler am Donnerstag in Berlin. Allen Fahrgästen riet er dennoch: "Jeder der umdisponieren kann, sollte das auch entsprechend tun." Das Unternehmen kritisierte den Arbeitskampf als "grundlos und unnötig". "Die EVG muss sich ihrer Verantwortung stellen und umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren. Unsere Mitarbeitenden und Fahrgäste brauchen jetzt eine zügige Lösung, keinen großen Warnstreik", betonte Seiler.

Flughafenverband: Ganzes Land vom Luftverkehr abgeschnitten

Nach Einschätzung des Flughafenverbands ADV sind im Flugverkehr rund 380.000 Geschäfts- und Privatreisende vom Streik betroffen. Der ADV sprach von einer "Streikeskalation nach französischem Vorbild". Ein ganzes Land werde vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten. Die jüngste Serie der Warnstreiks an Flughäfen schade dem Image Deutschlands als Luftverkehrsstandort, beklagte der Verband.

Aufgrund des geplanten Warnstreikes gibt es am kommenden Montag keinen regulären Passagierverkehr am Frankfurter Flughafen. Wie die Betreibergesellschaft Fraport am Donnerstag mitteilte, sind "alle Aufgaben, die einen vollumfänglichen Flugbetrieb ermöglichen aufgrund des Warnstreiks ausgesetzt."

Fraport bitte Passagiere daher dringend, von einer Anreise zum Flughafen abzusehen. Auch Umsteigeverkehre könnten am größten deutschen Flughafen nicht stattfinden. Fraport zufolge waren an diesem Tag ursprünglich etwa 1.170 Starts und Landungen mit insgesamt rund 160.000 Passagieren geplant.

Großstreik könnte Flugverkehr in Dresden und Leipzig einschränken

Die Mitteldeutsche Flughafen AG teilte mit, dass die Warnstreiks auch Reisende an den Flughäfen in Leipzig und Dresden treffen werden - etwa wenn sich Personal der Sicherheitskontrollen daran beteilige.

Für die eigenen Beschäftigten der Mitteldeutschen Flughafen AG gebe es dagegen einen gültigen Haustarifvertrag, erklärte Sprecher Uwe Schuhart am Donnerstag. Letztlich entschieden die Fluggesellschaften, ob die Flüge stattfinden oder nicht. Passagiere sollten sich daher unbedingt vorab bei den Anbietern über ihre Flüge informieren.

Einschränkungen auf den Wasserwegen der Elbe

Zudem soll die für Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt zuständige Niederlassung der Autobahn GmbH bestreikt werden. Die Betriebsbereitschaft werde jedoch sichergestellt, betonte ein Sprecher der Autobahn GmbH. Auch wenn einzelne Mitarbeiter am Montag streiken sollten, werden die Tunnelzentralen und Meistereien weiterhin arbeitsfähig sein. Wie ein Sprecher am Donnerstag mitteilte, werden hierzu Notdienstvereinbarungen geschlossen, um zum Beispiel Tunnelschließungen zu vermeiden.

Die Autobahn GmbH des Bundes stehe im Dialog mit den Gewerkschaften. Der Betriebsdienst kümmert sich etwa um das Beseitigen von Schäden auf den Straßen nach Unfällen oder Unwettern, um Grünstreifen, Verkehrszeichen, Fahrbahnmarkierungen und den Winterdienst. Entlang der Elbe, insbesondere im Großraum Magdeburg, soll es außerdem Einschränkungen bei der Wasser- und Schiffsverwaltung geben.

Größter Streik seit über 30 Jahren

Zum Auftakt der dritten Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen am Montag will Verdi damit den Druck erhöhen. Gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb fordert die Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Lohn. Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Verhandlungsrunde Ende Februar unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen von insgesamt 2.500 Euro angeboten.

Die EVG fordert bei ihren Verhandlungen mit der Bahn und rund 50 weiteren Eisenbahn-Unternehmen mindestens 650 Euro mehr Lohn. Bei den höheren Entgelten will die Gewerkschaft eine Steigerung um zwölf Prozent bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten erreichen. Die Bahn hatte unter anderem eine Lohnanhebung um insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2.500 Euro in Aussicht gestellt.

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Einen ähnlich großen Streik hatte es in Deutschland vor mehr als 30 Jahren gegeben: Im Frühjahr 1992 legten mehrere hunderttausende Beschäftigte im öffentlichen Dienst zeitweise die Arbeit nieder. Dabei handelte es sich aber um einen regulären Arbeitskampf, nicht um Warnstreiks.

dpa, Reuters (rnm)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. März 2023 | 13:30 Uhr

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