Technische Anlage zur Gewinnung von Wasserstoff: Mehrere Stahltürme und Gasleitungen unter strahlend blauem Himmel
Eine Elektrolyse-Anlage zur Gewinnung von Wasserstoff in der Nähe von Madrid. Bildrechte: picture alliance/dpa/Iberdrola | -

Grüner Wasserstoff Wie gefährlich ist Sauerstoff als Abfallprodukt?

09. Mai 2023, 05:00 Uhr

Alle reden von Grünem Wasserstoff. Gewonnen werden kann dieser durch Elektrolyse von Wasser. Und das funktioniert im Großen genauso wie auch im Chemieunterricht: Mithilfe von Strom wird das Wasser-Molekül in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Der Wasserstoff lässt sich als Treibstoff nutzen, aber was passiert mit dem Sauerstoff? Kann man diesen nutzen? Und ist zu viel Sauerstoff in der Luft vielleicht sogar gefährlich für uns?

Unternehmen wir einen kleinen Ausflug in die Zukunft. In 30 Jahren wird wohl Wasserstoff unverzichtbar sein. An jedem Wind- und Solarpark könnte ein Metallkasten stehen. Ein Elektrolyseur. Der wird mit Wasser und dem überschüssigen Strom aus dem Park Wasserstoff herstellen, der auf Abruf als Energiequelle genutzt werden kann. Ein Zukunftsszenario, das wahrscheinlich ist. Forscher in aller Welt arbeiten daran, auch Michael Bron, Professor für Technische Chemie an der Uni Halle. Ihm zufolge werden Elektrolyseure irgendwann Massenware sein.

2050 werden weltweit 800 Millionen Tonnen Wasserstoff gebraucht

"Es geht dahin, dass man im Jahr 2050 weltweit von einem Wasserstoffbedarf von 800 Millionen Tonnen ausgeht", sagt Bron. "Also es ist ein riesiger enormer Wasserstoffbedarf." Das gehe unweigerlich mit einer Menge Sauerstoff als Abfallprodukt einher.

Noch sind wir nicht soweit, doch schon jetzt ist klar: Wer viel Wasserstoff will, erhält viel Sauerstoff. Und der werde bislang aus den Elektrolyseuren einfach in die Atmosphäre geblasen, sagt Michael Bron. Dabei ließe sich auch der Sauerstoff sinnvoll verwenden. Wie, darüber müsse man sich in Zukunft Gedanken machen.

Möglich seien eine Nutzung in der chemischen und Stahlindustrie oder in der Medizin. Die Menge des erzeugten Sauerstoffs werde den Bedarf allerdings bei Weitem übersteigen, stellt Bron klar.

Gefährlich wäre der Sauerstoff nur in geschlossenen Räumen

Doch ist der Sauerstoffüberschuss in der Umgebung von Elektrolyseuren gefährlich? MDR-AKTUELL-Hörer Bernd Knoth aus Bad Klosterlausnitz hat schon mal ausgerechnet, wie viel Sauerstoff bei der Elektrolyse entsteht. Und seine Rechnung stimmt: Knapp 5.600 Liter Sauerstoff fallen bei der Gewinnung von nur einem einzigen Kilo Wasserstoff an.

Das sind zwei Dixi-Klos, bis zum Rand gefüllt mit reinem Sauerstoff. Würde man sich nun in einem dieser Dixi-Klos eine Zigarette anzünden, der Krankenwagen käme vermutlich zu spät. Deshalb werde Sicherheit in der Umgebung von Elektrolyseuren großgeschrieben, sagt Michael Bron: "Was bei diesen Mengen einfach völlig unproblematisch ist, auch lokal völlig unproblematisch." Sauerstoff verlässt die Geräte in sicherer Entfernung von Passanten und verteilt sich.

Sauerstoff: Keine Gefahr für den Menschen

Ausgeschlossen ist auch, dass die Luft der Umgebung von Elektrolyseuren zu sauerstoffhaltig und damit gesundheitsschädigend wird, erklärt Jens Becker vom Berufsverband der Lungenärzte. Zwar könne zu viel Sauerstoff der Lunge schaden, aber bereits bei 100 Metern Abstand zu Häusern finde ausreichend Verteilung in der Luft statt. Eine Bedrohung gäbe es also auch für Anwohner nicht.

Sauerstoff wird bei Verbrennung von Wasserstoff verbraucht

Global betrachtet wäre die Elektrolyse übrigens erst recht kein Problem. Denn sie wird ja durchgeführt, um Wasserstoff als Energiespeicher zu nutzen. Das heißt, irgendwann wird der Wasserstoff ja wieder verbrannt, wobei übrigens wieder Wasser entsteht. Zum Verbrennen wird wiederum die Menge Sauerstoff benötigt, die bei der Elektrolyse frei geworden ist. Ein chemisches Nullsummenspiel. 

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 09. Mai 2023 | 06:00 Uhr

20 Kommentare

josef.p vor 49 Wochen

Ich glaube nicht, dass der Sauerstoff ein unverkäufliches Nebenprodukt ist! Derzeit kostet 1kg Sauerstoff € 28,00. Selbst wenn der Sauerstoff für 1 Jahresbedarf Wasserstoff in die Umgebungsluft abgegeben würde, würde das den Sauerstoff Anteil (gewichtsanteil um maximal 0,000000042% erhöhen. Sauerstoff ist nur in sehr konzentrierter Form gefährlich. Die Wasserstoff Wirtschaft hat Zukunft! Selbst wenn derzeit noch nicht alle Probleme gelöst sind. (Transport, Lagerung usw.)

Pasta S vor 49 Wochen

Der Vorteil von Power-to-Gas liegt darin, dass es eine Möglichkeit bietet, überschüssige erneuerbare Energie zu speichern und in Zeiten mit geringer Stromerzeugung wieder verfügbar zu machen. Das bestehende Gasleitungsnetz kann als großer Speicher dienen, um den erzeugten Wasserstoff oder das synthetische Erdgas bei Bedarf zu transportieren und zu nutzen. Es ermöglicht auch die Integration von erneuerbaren Energien in bestehende Infrastrukturen und trägt zur Dekarbonisierung des Energiesystems bei, da bei der Produktion von Wasserstoff und Methan aus erneuerbaren Quellen keine CO2-Emissionen entstehen.

Power-to-Gas hat jedoch auch einige Herausforderungen, einschließlich der Effizienz des Elektrolyseprozesses, der Skalierbarkeit der Technologie und der Verfügbarkeit von CO2-Quellen. Ein großer Vorteil ist, dass Power-to-Gas als Ergänzung zu anderen Energiespeichertechnologien betrachtet werden sollte und nicht als alleinige Lösung für die Energie ende.

Pasta S vor 49 Wochen

Power-to-Gas ist ein Konzept, bei dem überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energiequellen, wie Windkraft und Solar, genutzt wird, um Wasserstoff herzustellen. Dieser Wasserstoff kann dann mit CO2 aus der Luft kombiniert werden, um synthetisches Erdgas (Methan) zu erzeugen. Das produzierte Methan kann in das bestehende Gasleitungsnetz von Europa eingespeist und für verschiedene Anwendungen genutzt werden.

Der Prozess des Power-to-Gas besteht aus mehreren Schritten. Zunächst wird elektrischer Strom durch Elektrolyse verwendet, um Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten. Der erzeugte Wasserstoff kann entweder direkt als Brennstoff verwendet oder in einem weiteren Schritt mit CO2 aus der Luft oder anderen Quellen wie Biomasse kombiniert werden, um Methan zu erzeugen. Dieser Methan kann dann wie herkömmliches Erdgas verwendet werden, beispielsweise zur Stromerzeugung, Wärmeversorgung oder als Kraftstoff für Fahrzeuge.

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