Lange Lieferzeiten Was tun, wenn die Online-Bestellung nicht geliefert wird?

06. September 2022, 05:00 Uhr

Zahlreiche Händler haben derzeit Lieferprobleme. Gründe sind Knappheit von Rohstoffen und Personalmangel. Ein MDR-AKTUELL-Hörer fragt sich, wie lange er auf seine Ware warten muss, bevor er rechtliche Schritte einleiten kann. Der Verbraucherschutz zeigt die Möglichkeiten auf.

Ralf Geißler, Wirtschaftsredakteur
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Stefan Thormeyer hat viel Geduld bewiesen. Am 12. Januar bestellte der Leipziger bei der Unternehmensgruppe Bosswerk ein sogenanntes Balkonkraftwerk. Versandfertig laut Anbieter – in vier bis sechs Werktagen.

Im März erhielt Thormeyer eine Teillieferung. Seine E-Mail-Nachfrage nach dem Rest wurde erst im Juni beantwortet. Und das Warten ging wochenlang weiter: "Grundsätzlich ist diese Firma nicht telefonisch erreichbar. Ich habe anfangs Stunden in der Hotline verbracht. Und da ging nie jemand ran. Gar nicht."

Bei Lieferverzug Nachfrist setzen

Iwona Husemann kennt solche Geschichten. Sie arbeitet bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Dort seien im vergangenen Quartal mehr als 20 Beschwerden über die Bosswerk-Gruppe eingegangen.

Generell, sagt Husemann, müsse ein Händler seine Lieferzeit im Onlineshop klar benennen – und auch einhalten. Verstreiche diese Zeit, könne der Käufer handeln: "Als Juristen sagen wir, man kann dann eine sogenannte Nachfrist setzen. Also man kann den Händler dann auffordern zu liefern und setzt ihm eine erneute Frist, denn die erste ist ja bereits abgelaufen. Und wir sagen in der Regel die Hälfte der ursprünglichen Frist aber nicht weniger als 14 Tage."

Verstreicht auch die Nachfrist, empfiehlt Husemann, vom Kaufvertrag zurückzutreten – schriftlich. Sein Geld könne man bei den meisten Kreditkartenfirmen oder Zahlungsdienstleistern wie Paypal dann innerhalb einer Frist zurückbuchen lassen.

Vorkasse erschwert Rücktritt vom Kaufvertrag

Ein größeres Problem habe man, wenn man sich für einen anderen Zahlungsweg entschieden habe, ergänzt Micaela Schwanenberg von der Verbraucherzentrale Sachsen: "Wenn ich Vorkasse vereinbart habe: Das heißt, ich bin mit der Überweisung des Kaufpreises in Vorleistung gegangen. Dann ist es ganz schwierig. Dann bin ich darauf angewiesen, dass der Händler zurückerstattet, beziehungsweise muss ich den Händler gegebenenfalls sogar gerichtlich dazu zwingen, diese Erstattung zu veranlassen."

Zunächst könne man das Geld per gerichtlichen Mahnbescheid zurückfordern. Dadurch entstehen aber weitere Kosten. Diese muss der Händler am Ende zwar erstatten, doch der Weg ist mühsam.

Bei Stefan Thormeyer war er nicht nötig. Nach diversen E-Mails und Monaten des Wartens erhielt er nun sein Solarmodul. Die Firma Bosswerk entschuldigte sich schriftlich: "Wir waren schlicht und ergreifend nicht auf diese globale Entwicklung vorbereitet und kommen durch massive Personaleinbußen und aufgrund der hohen Nachfrage nicht hinterher."

Verbraucherschutz: Händler kennen die Marktlage

Für die Verbraucherschützerinnen sind das allerdings Ausreden. Ein Händler kenne in der Regel die Marktlage, resümiert Micaela Schwanenberg.

Er dürfe auf der Webseite Kunden nicht mit Lieferzeiten anlocken, die er nicht einhalten könne. Schwanenberg sagt: "Die Beschaffung der Ware gegenüber dem Käufer oder der Käuferin fällt immer in die Risikosphäre des Händlers. Sodass auch in diesen Zeiten der Verknappung auf den Märkten grundsätzlich erst einmal die Regeln, die der Gesetzgeber sich überlegt hat, gelten."

Und die wichtigste Regel lautet: Angekündigte Lieferfristen sind einzuhalten. So viel Geduld wie Stefan Thormeyer müsse niemand mitbringen. Er hat gewartet, weil es seine Ware bei anderen Anbietern auch nicht schneller gegeben hätte. Diese aber haben von vornherein lange Lieferzeiten eingeräumt.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 06. September 2022 | 06:00 Uhr

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