Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben
Das Handwerk spürt die Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland derzeit stark. Bildrechte: IMAGO/Westend61

Steigende EnergiepreiseIndustrie und Handwerk bei Haltung zu Russland-Sanktionen gespalten

01. September 2022, 11:35 Uhr

Kreishandwerkschaften oder einzelne Betriebe wendeten sich zuletzt häufiger mit offenen Briefen an die Bundesregierung. Die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland müssten beendet werden, damit Rohstoffe und Energie wieder bezahlbar würden, ist darin der Tenor. Doch es gibt auch andere Stimmen in der Wirtschaft.

Für Karl Krökel ist die Sache klar. Der Chef der Kreishandwerkerschaft Dessau-Roßlau sagt, die Russland-Sanktionen schadeten den Deutschen mehr als den Russen. Mancher Bäcker in Sachsen-Anhalt könne die Energie für seine Öfen kaum noch bezahlen.

Krökel, selbst Metallbauer und einst AfD-Kandidat zur Kommunalwahl, hat eine Demo in Dessau organisiert: "Die Lage ist sehr ernst, es kündigen sich schon einzelne Betriebsschließungen an. Und wir sehen ganz klar, wo die Reise hingeht mit den Sanktionen." Alle Branchen seien betroffen. Krökel fordert, dass dem entgegengewirkt werden müsse – Friedenspolitik statt Krieg, keine Sanktionen, Öffnung Nordstream 2.

Mit dieser Haltung ist Krökel nicht allein. Auch die Kreishandwerkerschaften in Halle und Leipzig fordern ein Ende der Russland-Sanktionen.

Mehrheit deutscher Wirtschaft steht hinter politischem Kurs

Trotzdem sagt der Wissenschaftsleiter am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft, Hubertus Barth, eine Mehrheitsmeinung sei das nicht: "Die deutsche Wirtschaft steht schon sehr klar zu der Politik der Bundesregierung und auch klar zu einer Sanktionspolitik gegenüber Russland."

Doch die Wirtschaft sei auch nur ein Querschnitt der Gesellschaft. Nicht nur als Privatperson bekomme man die Teuerungen zu spüren, auch Unternehmer seien davon betroffen und melden sich dann zu Wort.

Kritik vor allem von kleinen ostdeutschen Unternehmen

Eine repräsentative Umfrage, mit wie viel Enthusiasmus die Wirtschaft die Sanktionen noch mitträgt, gibt es allerdings nicht. Bislang kommt Kritik vor allem von kleinen ostdeutschen Unternehmern. Mancher regionale Wirtschaftsverband wirkt, als gehe durch ihn ein Riss.

Und so äußert sich der Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau, Thomas Brockmeier, sehr abwägend über all die offenen Briefe und Proteste einzelner Unternehmer: "Ich finde diese Briefe und Aktionen als Signal an die Berliner Politik durchaus wichtig. Denn sie sind ja ein echter Notruf. Und Notrufe sollte man immer ernst nehmen. Das gilt im Alltagsleben wie auch in der Politik. Über Form und Stil lässt sich immer streiten." Und über Inhalte auch – und da sei seine Meinung auch eine andere, ergänzt Brockmeier.

Problem: Russland kommt Gasvereinbarungen nicht nach

Nicht die Sanktionen seien das Problem, sagt Brockmeier. Sondern dass Russland entgegen vertraglicher Zusagen kaum noch Gas liefere. Das sieht man auch im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) so.

Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann verteidigt die Bundesregierung in ihrem Sanktionskurs. Dabei seien dem Maschinenbau in Russland einige Milliarden Euro an Umsatz verloren gegangen, erklärt der Verbandschef: "Letztlich ist die Frage: Kann man zusehen, wenn Russland einen Nachbarn überfällt und mit Krieg überzieht und damit auch das ganze europäische Modell infrage stellt? Kann man da zusehen, oder muss man etwas tun? Die Branche ist von Anfang an der Meinung gewesen, man muss etwas tun und deswegen trägt sie auch die Sanktionen mit."

Brodtmann resümiert, der deutsche Maschinenbau stehe "wie eine Eins" hinter den Sanktionen. Das dürfte allerdings vor allem für den westdeutschen Maschinenbau gelten. Im Osten stellen diverse Unternehmer die Sanktionen infrage. Eine Mehrheit ist es bislang aber wohl nicht.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 01. September 2022 | 06:00 Uhr

Kommentare

Laden ...
Alles anzeigen
Alles anzeigen

Mehr aus Wirtschaft

Mehr aus Deutschland