Fliesenleger mit Kelle
Der Zentralverband des deutschen Handwerks warnt vor Preissteigerungen. Bildrechte: picture alliance / Ina Fassbender/dpa-tmn | Ina Fassbender

Handwerk Sorge über Preissteigerungen im Handwerk

26. Januar 2023, 05:00 Uhr

Der Zentralverband des deutschen Handwerks warnt davor, dass sich viele Menschen bald keine Handwerker mehr leisten können. Präsident Dittrich nannte MDR AKTUELL als Gründe Material- und Energiekosten sowie steigende Beiträge für die Arbeitslosen- und Krankenversicherung. Wirtschaftsforscher Ragnitz vom ifo-Institut in Dresden macht die geringe Beschäftigtenquote verantwortlich.

Alles wird teurer. So könnte man die Situation für das Handwerk grob zusammenfassen. Das Handwerk sei einer Reihe von Preissteigerungen ausgesetzt, auf die es keinen Einfluss habe, sagt Handwerkschef Jörg Dittrich.

Beim Material zum Beispiel, oder der Energie. Und das betreffe auch die Sozialversicherungssysteme, also die Lohnnebenkosten. "Und dadurch geht die Schere zwischen dem Nettoverdienst der Mitarbeiterin und den Bruttokosten der Lohnstunde, die wir verkaufen, immer weiter auseinander. Und dann ist die Frage: Wer kann sich das überhaupt noch leisten, wenn das immer weiter auseinandergeht", so Dittrich.

In anderen Worten: Ohne, dass Netto viel davon übrigbliebe, wird die Lohnstunde immer teurer. Und für die Kunden möglicherweise bald unerschwinglich.

Dittrich erklärt: "Allein dieses Jahr steigen die Sozialversicherungskosten bei der Arbeitslosenversicherung, bei der Krankenversicherung, das droht bei der Pflegeversicherung. Und das ist ja alles in den Stundenverrechnungssätzen enthalten. Dort muss der Staat ansetzen."

Handwerkskammer kritisiert hohe Lohnnebenkosten

Unterstützung bekommt Dittrich von seinen Handwerkskammerkollegen in Leipzig und Magdeburg. Von staatlicher Seite würden zu viele Kosten auf den Faktor "Lohn" gelegt, sagt auch der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg, Burghard Grupe: "Vierzig Prozent war mal eine Linie, höher sollten die Sozialversicherungskosten nicht sein. Aber sie steigen immer weiter. Die Steuern steigen. Und all das muss der Handwerker letztlich mit umlegen. Und dann muss der Kunde das bezahlen."

Die besagten vierzig Prozent beziehen sich auf den Bruttolohn der Beschäftigten. Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich diese Kosten. Allerdings ist es keineswegs so, dass die Beiträge kontinuierlich steigen. So hat sich etwa der Beitrag zur Rentenversicherung seit 2018 nicht verändert.

Ifo-Institut: Lohnnebenkosten kein "treibender Faktor"

Der Beitrag zu Arbeitslosenversicherung ist zwar leicht angestiegen, liegt aber noch unter dem Niveau von 2018. Und so hält Joachim Ragnitz vom ifo-Institut in Dresden die Lohnnebenkosten aktuell nicht für den treibenden Faktor: "Kurzfristig glaube ich, dass da nicht so sehr viel passieren wird."

Die Bundesregierung habe sich ja im Koalitionsvertrag darauf verpflichtet, die Lohnnebenkosten bei vierzig Prozent maximal zu belassen. Dieser Wert werde derzeit knapp erreicht. Also da würde nicht so viel passieren. Dass die Löhne natürlich weiter steigen würden, läge einfach daran, dass die Leute knapper werden würden.

Sozialversicherung: Kostenanstieg problematisch

Auf längere Sicht hält Ragnitz es aber durchaus für wahrscheinlich, dass die Sozialversicherungskosten steigen werden. Allein schon aufgrund der demografischen Entwicklung: "Aber die Frage ist, wie deckt man die. Bei den Beitragssätzen könnte man es machen. Man kann aber auf der anderen Seite auch sagen, wir erhöhen die Steuerzuschüsse. Was dann eben nicht bei den Sozialbeiträgen ankommen würde."

Und man könne natürlich auch schauen, inwieweit man insgesamt versuchen könne, das Leistungsniveau zu reduzieren. Und so sei es keinesfalls ausgemacht, dass die Handwerkerkosten in unerschwingliche Höhen steigen würden, sagt Ragnitz.

Aber auch er sagt, dass das Problem der steigenden Sozialversicherungskosten angegangen werden müsse. Denn am Ende, so Ragnitz, betreffe es nicht nur das Handwerk, sondern sämtliche Bereiche in Deutschland.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 26. Januar 2023 | 06:00 Uhr

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