Hörer machen Programm Experten raten zur Vorsicht bei günstigen Gas-Neuverträgen

12. Januar 2023, 15:57 Uhr

Experten warnen davor, wegen sinkender Preise für Neukunden vorschnell den Gasversorger zu wechseln. Neue Marktteilnehmer versuchten, die aktuell gesunkenen Gaspreise zu nutzen, um Kunden zu gewinnen. Dafür sei das Preisniveau noch nicht niedrig genug. Zudem versuchten solche Versorger üblicherweise, bei steigenden Preisen die Kunden wieder loszuwerden.

Wer ab und zu einen Blick auf die tagesaktuellen Börsenpreise für Erdgas wirft, dem fällt eines auf: Nach einer deutlichen Spitze im Spätsommer 2022 fällt die Kurve nach unten. Am 10. Januar kostete eine Megawattstunde im Großhandel etwa 67 Euro. Weniger als vor Ausbruch des Krieges.

Die durchschnittlichen Gaspreise für die Endverbraucher folgen dieser Kurve in etwa, aber verzögert und deutlich schwächer. Warum? Kerstin Andreae ist Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft und sagt:

"Wenn im Großhandel die Energie teuer ist, dann setzt sich das in den Endkundenpreisen mittelfristig durch. Wenn am Großhandelsmarkt die Energie günstiger ist, setzt sich das auch mittelfristig durch. Das hängt aber davon ab, wie der Trend ist – also wie langfristig sinken und wie langfristig steigen die Preise."

Langfristige Beschaffungspläne sorgen für Preisstabilität

Auch für die langfristige Gaspreisentwicklung zeigen die Börsendiagramme eine Kurve an. Sie strebt seit gut zwei Jahren kontinuierlich nach oben. Der Aufwärtstrend begann also weit vor Kriegsbeginn. Die Großhandelspreise lagen 2022 dann teilweise um das Zwölffache über den Werten von 2021.

Erst vor Kurzem flachte die Kurve etwas ab. Diese lange Linie ist für die Preisgestaltung der Gasversorger sehr entscheidend, erklärt Andreae: "Das Risiko dieser teilweise stark schwankenden Börsenpreise muss ja minimiert werden. Deswegen haben die Energieversorger Beschaffungsstrategien, wo sie im Wesentlichen langfristig die Energie einkaufen und kurzfristig dann noch Ausgleichsenergie.

Kerstin Andreae erklärt, dass das, was nicht ausreiche, um die Versorgung zu gewährleisten, noch kurzfristig beschafft werden würde. Aber insgesamt sei die Strategie der Energieversorger eher die langfristige Beschaffung.

Das bestätigt der Energieversorger Vattenfall auf Anfrage von MDR AKTUELL:
"Als großer Energieversorger sichern wir uns die benötigten Strom- und Gasmengen über einen längeren Zeitraum – gegen kurzfristige Preisschwankungen sind wir somit besser gewappnet." Dank dieser langfristigen Beschaffungsstrategie hätte Vattenfall seine Preise zuletzt über einen langen Zeitraum stabil halten können.

Vorsicht bei günstigen Neukundentarifen

Auch der Konkurrent EON setzt auf einen vorausschauenden Einkauf, musste sein Gas zuletzt aber ebenfalls teuer beschaffen. In seiner Mail gibt der Energieversorger zu bedenken, dass die Großhandelspreise trotz fallendem Kurs immer noch etwa doppelt so hoch sind wie 2021. Manche Neukundentarife bilden die gesunkenen Preise dennoch direkt ab.

Sie sind laut dem Vergleichsportal Verivox so günstig wie seit Monaten nicht mehr. Dabei ist aber Vorsicht geboten, sagt Tobias Federico, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Energy Brainpool:

"Es gibt in solchen Phasen mit fallenden Preisen immer Marktteilnehmer, die neu dazukommen. Erdgaslieferanten, die versuchen, die tiefen Preise zu nutzen, um Neukunden zu gewinnen."

Gefahr von kurzfristigen Vertragskündigungen

Dafür sei das Preisniveau aber erstens noch nicht niedrig genug und zweitens müsse man aufpassen, weil das üblicherweise die Versorger seien, die bei steigenden Preisen die Kunden wieder loswerden wollten und das hätten wir tatsächlich Ende 2021 gesehen.

Damals habe zum Beispiel der Energieversorger Immergrün vielen Kunden gekündigt, sagt Tobias Federico. Für die aktuell sinkenden Gaspreise gilt also: Die Lage beobachten und schauen, ob sich der Abwärtstrend verfestigt.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 12. Januar 2023 | 06:00 Uhr

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