Mangelwirtschaft durch Corona? Industrie klagt über Lieferengpässe

01. Januar 2023, 14:43 Uhr

Trotz der Coronavirus-Pandemie läuft es in der Wirtschaft gut. Deutschland verkauft wieder mehr Waren nach China und in die USA. Die meisten Fabriken laufen auf Hochtouren. Ein Problem gibt es aber trotzdem. Es fehlt an Einzelteilen aus dem Ausland, Zulieferungen stocken. Ein Verband spricht bereits von Mangelwirtschaft.

So mancher Unternehmer erinnert sich mit Schrecken an die erste Corona-Welle vor einem Jahr. China machte dicht. Schiffsladungen voller dringend benötigter Bauteile kamen nicht mehr nach Europa. In Deutschland mussten deshalb Fabriken schließen, zumindest zeitweise.

Lieferverzögerungen und Preisanstieg

Oliver Köhn, Geschäftsführer des Landesverbands Ost der Maschinen- und Anlagenbauer fühlt sich manchmal wieder an diese Phase erinnert: "Wir stellen jetzt erneut fest, dass es immer wieder zu Abrissen in den Lieferketten kommt." Zum einen würden Teile nicht oder nur verzögert geliefert. Das betrifft vor allem Elektronikkomponenten, Mikrochips und ähnliche Teile, wie Köhne feststellt. "Auf der anderen Seite sehen wir einen massiven Preisanstieg. Sowohl was die Elektronikkomponenten angeht als auch die Stahlpreise, Aluminium oder Zink", sagt der Geschäftsführer.

Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik spricht sogar schon von einer "Mangelwirtschaft". Das klingt irgendwie nach DDR. Ganz so schlecht sei die Lage aber nicht, sagt Abteilungsleiter Olaf Holzgrefe. Stahl zum Beispiel sei vor allem knapp, weil sich die Industrie schneller von der Krise erholt habe, als es die Stahlwerke erwartet hätten: "Die Hersteller haben in der Anfangsphase der Krise ihre Kapazitäten zurückgefahren. Und dieser 'Hochlauf', wenn ein Stahlwerk mal zurückgefahren war, hält mit den Abnehmerbranchen einfach nicht mit."

Computerchips und Kartonverpackungen knapp

Computerchips wiederum würden fehlen, weil der Bedarf während der Krise gestiegen sei, sagt Holzgrefe: "Das liegt unter anderem auch daran, dass Branchen wie die Medizintechnik und die Unterhaltungselektronik verstärkt Chips nachfragen."

Zusätzlich klagten viele Firmen über einen Mangel an Kartonverpackungen, sagt der Abteilungsleiter. Das liegt vermutlich am Boom des Versandhandels. Unterm Strich betreffen die Lieferprobleme nur einzelne Bereiche. So sieht es jedenfalls Thomas Horn, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen: "Uns sind keine flächendeckenden Probleme bekannt. Also es gibt sicher punktuell bei einzelnen Firmen Schwierigkeiten." Aber der Warenverkehr an sich funktioniere, sagt Horn: "Es gibt Grenzkontrollen, die dann mit dem Personal zusammenhängen, vielleicht zeitlich Verzögerungen, aber der eigentliche Warenverkehr ist nicht beeinträchtigt."

Verkürzung von Lieferketten?

Trotzdem sorgen sich einzelne Unternehmer, dass die Engpässe weiter zunehmen oder dass die dritte Corona-Welle womöglich wieder zu Verzögerungen im weltweiten Warenverkehr führen könnte. Deshalb würden einige Unternehmer erwägen, bestimmte Bauteile wieder verstärkt in ihrer Region einzukaufen, sagt Olaf Holzgrefe. Das heiße, die Lieferketten dahingehend zu verkürzen, dass der Lieferant dort sitze, wo produziert werde. Zum einen bedeute das, dass Lieferanten gegebenenfalls verstärkt in Europa gesucht würden. "Das kann aber auch heißen, dass Lieferanten verstärkt in Asien gesucht werden, um die Lieferketten dort zu verkürzen", beschreibt Holzgrefe.

Für diese Strategie muss man allerdings erst einmal einen Lieferanten in der Nähe finden. Für viele Bauteile gibt es gar keine europäischen Hersteller mehr. Entsprechende Produktionsstätten könnte man zwar wieder aufbauen. Diese liefern dann aber vermutlich nicht zum chinesischen Preis.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 29. März 2021 | 06:11 Uhr

13 Kommentare

JanoschausLE am 30.03.2021

Runkel,
was für ein Ausstiegsszenario? Alle Maßnahmen abschaffen? Damit es, was logischerweise Schlussfolgerung kommt, in DE wie voriges Jahr in Italien aussieht? Nur mit sehr strengen Maßnahmen konnte Italien das wieder eindämmen.
Auch wenn es ziemlich alle, mich einbezogen, anko..., ein harter Lockdown über zwei bis drei Wochen wäre auch schon im November oder Dezember hilfreich gewesen. Kontaktvermeidungen, so wir wir es bei Grippe Patienten kennen, sind ob der Gefährlichkeit, jetzt um so wichtiger. Dieses wichiwaschi bringt halt nicht genug Erfolg. Einfach mal Hirn und Logik, nicht Verschwörungstheorien walten lassen.

DER Beobachter am 29.03.2021

Hm - Inflation und Deflation sind normale Prozesse einer kapitalistischen Wirtschaftwelt. Auf meinen Reisen hatte ich immer den Eindruck, dass mangels Schutzschirmen Inflation anderswo deutlicher ausfällt als in D. Wobei natürlich die Pandemie deutlichere Spuren hinterlassen wird. Mit einer Hyperinflation als dem historischen Schreckgespenst uns aller Deutscher werden wir wohl trotzdem nicht rechnen müssen...

JanoschausLE am 29.03.2021

Äãhhm, Runkel,
Sie haben den Artikel schon verstanden? Hier geht's um Weltmarkt, der wegen corona, nicht wegen Merkel stockt... Mann oh Mann, Runkel, Sie müssen wirklich vieles noch verstehen lernen. Auch, dass Lockdown kein deutsches Alleinstellungsmerkmal ist, auch keine Erfindung von der Merkel-Regierung. Ihr Hass ist wirklich nicht zu bremsen?

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