Umfrage Kleinunternehmen haben gemischte Erwartungen an wirtschaftliche Zukunft
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04. Juni 2024, 13:13 Uhr
Die Kleinunternehmer in Deutschland haben gemischte Erwartungen an ihre wirtschaftliche Zukunft. Das ergab die Stimmungsumfrage der Steinbeis-Hochschule im Auftrag der VR Smart Finanz von der Genossenschaftlichen Finanzgruppe. In der Frühjahrsbefragung bewerten 55 Prozent ihre wirtschaftliche Lage als gut oder sehr gut. 76 Prozent geben an, die Auftragslage sei im letzten Jahr gleichgeblieben oder habe sich verbessert. Allerdings erwarten nur 37 Prozent eine positive Entwicklung.
- Ein Winzer aus dem sächsischen Elbtal ist frustriert, dass Kleinunternehmerm immer mehr Bürokratie aufgebürdert werde.
- Dem Auftraggeber der Frühjahrsbefragung zufolge sind die Umfrageergebnisse insgesamt ein Anlass zu vorsichtigem Optimismus.
- Laut der IHK Halle-Dessau stellen die hohen Energiepreise und der Fachkräftemangel Kleinunternehmer vor große Herausforderungen.
Feiner Dunst liegt über dem Elbtal bei Nünchritz, als Jan Ulrich seinen Weinberg hochstapft. Hinter dem Zaun wächst Goldriesling. "Hier sieht man ja schon den Schaden. Die treiben zwar alle neu aus, aber man sieht es ja hier."
Fast alle Weinstöcke haben nach dem Kälteeinbruch im April krause Blätter – und die Trauben kommen in diesem Jahr nicht wieder. "Seit 32 Jahren, also seitdem ich das mache, habe ich das noch nie so heftig erlebt".
Doch der Ernteausfall ist gar nicht Ulrichs Hauptsorge. Es gibt im Weinbau eben gute und schlechte Jahre.
Bürokratie macht Kleinunternehmern zu schaffen
Was aber kontinuierlich schlechter wird, so Ulrich, sei der Umgang des Staates mit seinen Selbständigen. Er schaffe Wirtschaftsgesetze, die vielleicht Konzerne verstehen, aber doch kein Kleinunternehmer. Das frustriert ihn wirklich.
"Wir lassen uns immer mehr Bürokratie einfallen, immer mehr Zettel und so. Jetzt gibt es wieder etwas Neues. Jetzt dürfen wir die Rechnungen nicht mehr als PDF-Datei speichern, sondern brauchen ein neues Programm, mit dem wir sie in so einem bestimmten Format abspeichern können, also PDF geht nicht mehr. Ich weiß nicht, was das alles soll", sagt der Winzer.
Gewinne wachsen trotz steigender Umsätze nicht
Doch bei allem Frust gibt es bei vielen Kleinunternehmern auch Lichtblicke. Das zeigt das neue Stimmungsbild der Steinbeis-Hochschule. In der Frühjahrsbefragung bewerten 55 Prozent der Kleinunternehmer ihre wirtschaftliche Lage als gut oder sehr gut. Immerhin 76 Prozent geben an, die Auftragslage sei in den vergangenen zwölf Monaten gleichgeblieben oder habe sich verbessert.
Markus Klintworth, Vorstandsvorsitzender von VR Smart Finanz, dem Auftraggeber der Studie, ordnet die Ergebnisse so ein: "Das aktuelle Stimmungsbild bleibt in Anbetracht der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, der hohen Kostenbelastungen und dem Fachkräftemangel zwar gemischt, trotzdem geben die Rückmeldungen Anlass zu vorsichtigem Optimismus." Es gebe, passend zu den aktuellen Konjunkturmeldungen, durchaus Anzeichen dafür, dass die Talsohle allmählich durchschritten ist.
Dazu passt auch, dass 79 Prozent der Befragten über gleichbleibende oder höhere Umsätze berichten. Gleichwohl wachsen die Gewinne nicht mit. Und in die Zukunft blicken die meisten Kleinunternehmer verhalten: Nur 37 Prozent erwarten für die nächsten Monate eine positive Entwicklung.
Hohe Energiepreise und Fachkräftemangel trüben die Stimmung
Laut Sascha Gläßer, Präsident der IHK Halle-Dessau, sind viele Probleme eben noch ungelöst. "Das Thema Energie beschäftigt nach wie vor die Unternehmer. Aber insbesondere auch die Personalkosten. Die sind getrieben durch den Fachkräftemangel, der uns immer mehr belastet. Ich hatte letztens ein Gespräch mit einer Unternehmerin, die hat gesagt: 'Aufträge sind mehr als genug da, aber es fehlen einfach die Leute, um die Aufträge abzuarbeiten.'"
Auch im Weingut von Jan Ulrich ist Personal ein Thema. "Wir versuchen ja, Leute einzusparen. Also immer weniger Leute zu beschäftigen und das alles zu mechanisieren. Obwohl das auch nicht so einfach ist, weil die Maschinen auch ganz schön teuer geworden sind." Der Winzer steht neben der Abfüllanlage, die Ernte der Vorjahre kommt in Flaschen.
Bereut habe er die Selbständigkeit nie, sagt Ulrich. Auch wenn er ins Winzerleben reingerutscht sei. "Naja, mein Onkel hatte viel mit Wein zu tun. Der hat mir mal zur Jugendweihe vier Reben geschenkt und das hat mich dann interessiert und so bin ich eigentlich dazu gekommen."
Heute hat Ulrich neben dem Weingut eine Gastwirtschaft, eine Pension und ein paar Nutztiere. Es gehe ihm nicht schlecht, aber die Zeiten seien eben schon mal leichter gewesen. Es ist auch die Ungewissheit, die ihm zu schaffen macht – dieses diffuse Grau, das sich über das Land gelegt hat wie der Dunst über das Elbtal.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 04. Juni 2024 | 06:54 Uhr