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MDRfragtViele spüren Preissteigerungen stark in der eigenen Tasche

09. August 2023, 13:17 Uhr

Beim Blick auf die Preisschilder im Supermarkt, den Angeboten für Urlaubsreisen, der Berechnung der neuen Stromabschläge oder den Anzeigetafeln an den Tankstellen reibt sich mancher schon länger die Augen: Die Preise haben in den vergangenen Monaten deutlich zugelegt. Wir wollten von den Menschen in Mitteldeutschland wissen: Wie wirkt sich das auf ihren Alltag und ihren Lebensstandard aus? Mehr als 24.000 haben uns geantwortet. Ergebnis: Ein Großteil schränkt sich ein.

von Franziska Höhnl, MDRfragt-Redaktionsteam

Großteil spürt Preissteigerungen eher stark

Die Preissteigerungen in vielen Lebensbereichen spüren viele Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen deutlich in ihrem Portemonnaie: Wie eine aktuelle Befragung von MDRfragt ergab, wirkt sich für einen Großteil die Teuerung eher stark auf das Haushaltsbudget aus. Mehr als vier Fünftel der Befragten gaben an, dass sie die Preissteigerungen deutlich in der eigenen Tasche spüren. Das waren noch einmal etwas mehr als Ende vergangenen Jahres. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ. Die Antworten der mehr als 24.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden jedoch nach statistischen Merkmalen gewichtet, um ein aussagekräftiges Stimmungsbild aus Mitteldeutschland zu erhalten.

Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Es ist so teuer, dass am Ende des Monats nix übrig bleibt.

MDRfragt-Mitglied Karina (46), Eichsfeld

"Meine Ausgaben insbesondere für Lebensmittel haben sich beinahe verdoppelt", schildert etwa MDRfragt-Mitglied Christian (34) aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Er müsse sich in seinem Leben deutlich einschränken. "Oft ist am Monatsende kein Geld mehr da." Vielen Befragten geht es ähnlich. Auch Karina (46) aus dem Eichsfeld beschreibt ihre aktuelle Situation so: "Die Lebensmittel sind so teuer geworden, dass man nicht mehr alles kaufen kann. Sprit und Energie: Es ist so teuer, dass am Ende des Monats nix übrig bleibt." Bei der Thüringerin sorgt das für Einschränkungen bei der Freizeitgestaltung: "Früher konnte man mal weggehen oder ins Kino gehen. Diese Extras sind nicht mehr drin."

Inflation weiterhin auf hohem Niveau

Auch die Expertinnen und Experten des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden bestätigen: Vor allem die Preissteigerungen bei den Nahrungsmitteln treiben die Inflation. Im Juli lag die Jahresteuerung bei 6,2 Prozent, wie das Amt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Damit schwächte sich die Inflation etwas ab, denn im Juni hatte das Plus im Vergleich zum Vorjahresmonat noch 6,4 Prozent betragen. Das Niveau bleibe jedoch weiterhin auf einem hohen Niveau, teilten die Statistiker weiter mit. Die Europäische Zentralbank strebt eine Inflationsrate von 2,0 Prozent an und versucht seit einiger Zeit, die hohe Inflation mit Zinserhöhungen einzudämmen.

Gespart wird bei Konsum, Energie und Freizeit

Für viele Menschen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bedeuten die anhaltenden Preissteigerungen, dass sie sich einschränken müssen. Die Befragten von MDRfragt sparen vor allem bei allen Einkäufen, die nicht für den täglichen Bedarf gebraucht werden – also zum Beispiel bei Kleidung und Elektronik. Auch beim Energieverbrauch und bei Freizeitaktivitäten schränken sie sich ein: Jeweils drei Viertel gaben an, hier zu sparen. Doch auch bei Lebensmitteln machen zwei Drittel (66 Prozent) Abstriche, beim Urlaub sind es nur unwesentlich weniger.

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"Deutliche Steigerungen bemerke ich bei den Heiz- und Stromkosten sowie bei den Urlaubskosten", schreibt MDRfragt-Mitglied Daniela (46) aus dem Vogtlandkreis. "Für das Geld, das ich jetzt für eine Woche in Europa ausgebe, habe ich früher eine zweiwöchige Fernreise gemacht." Unter jenen Befragten, die beim Urlaub sparen, fährt jeder Dritte seltener oder kürzer in den Urlaub – und ein Drittel verzichtet ganz auf eine solche Reise. So wie MDRfragt-Mitglied Christian (74) aus dem Landkreis Zwickau: "Ich muss mich bei allem einschränken und habe meine Urlaubspläne gestrichen", beschreibt er seine aktuelle Lage. "Meine Stromkosten haben sich verdoppelt, meine Heizkosten haben sich verdoppelt. Überall wird mehr Geld verlangt, obwohl die Leistungen sich nicht verändert haben."

Erheblicher Teil beschreibt sinkenden Lebensstandard

Die Preise steigen schon seit einiger Zeit deutlich. Wir haben die MDRfragt-Gemeinschaft daher in den vergangenen Monaten wiederholt gefragt, inwiefern die Inflation bei ihnen persönlich zu einer Verschlechterung des Lebensstandards geführt hat. Dabei zeigt sich: Ein erheblicher Teil der Befragten empfindet, dass sich ihr Lebensstandard verschlechtert – Tendenz steigend. Im Dezember vorigen Jahres hatte knapp die Hälfte angegeben, dass die Inflation zu einer Verschlechterung ihres Lebensstandards führt, inzwischen sehen das zwei Drittel so.

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"Man überlegt häufiger, ob man sich etwas leisten kann oder nicht", kommentiert Sonja (28) aus Leipzig. Sie und ihr Mann seien erst vor einem Jahr vom Studenten-Dasein ins Berufsleben gewechselt. "Trotz des deutlich höheren Einkommens im Monat, hat sich unser Lebensstandard nicht ausschlaggebend bessern können, da alles so extrem gestiegen ist." Andere, wie zum Beispiel Antje (50) aus dem Erzgebirgskreis, fühlen sich durch die Preisentwicklungen in ihrem Leben nicht sonderlich eingeschränkt. "Mir geht es gut, ich habe da nicht so darauf geachtet", schreibt sie. "Ich habe auch keine großen Ansprüche, komme mit wenig gut aus."

Es müssen überall Einsparungsmöglichkeiten gesucht werden.

MDRfragt-Mitglied Rolf (73), Leipzig

Insgesamt zeigt sich: Je älter die Befragten sind, desto höher ist der Anteil derjenigen, die einen negativen Einfluss der Inflation auf ihren Lebensstandard bemerken. "Weniger Ausflüge und Treffen mit Freunden (hat man sich ja als Rentner drauf gefreut)", beschreibt Renate (66) aus Magdeburg, was für sie ein Zeichen eines sinkenden Lebensstandards ist. Und Rolf (73) aus Leipzig schätzt zwar ein, dass es seine Familie mit zwei Renten und privater Vorsorge eigentlich noch recht komfortabel getroffen habe. "Es müssen überall Einsparungsmöglichkeiten gesucht werden. Gaststättenbesuche und Besuche von Kulturveranstaltungen sind kaum noch möglich."

Strompreisbremse und Co. empfinden die wenigsten als spürbare Entlastung

Einmalzahlungen, sogenannte Strom- und Gaspreisbremsen, das 49-Euro-Ticket: Die rot-grün-gelbe Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten einige Maßnahmen ergriffen, um die Folgen der deutlichen Preissteigerungen für die Menschen in Deutschland abzudämpfen. Doch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es viele Bürgerinnen und Bürger, die dadurch keine substanzielle Entlastung verspüren. Nur gut jeder Zehnte (elf Prozent) gibt an, dass eine oder mehrere der Maßnahmen für eine spürbare Erleichterung im persönlichen Budget gesorgt hätten - eine überwiegende Mehrheit (87 Prozent) sieht das nicht so.

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"Bei einer großen Anzahl von Bürgern kommen diese Maßnahmen doch gar nicht an", meint Kerstin (61) aus Erfurt. "Entlastungen im höchsten Inflationssegment wie den der Lebensmittel kennen die Preise doch nur eine Richtung, immer weiter nach oben!" Neben Kerstin plädieren zahlreiche andere MDRfragt-Mitglieder dafür, mehr gegen die hohen Lebensmittelpreise zu tun. Einige fordern, dafür die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel zu senken oder zeitweise ganz auszusetzen. Und Frida (23) aus Jena plädiert ganz allgemein für derartige Maßnahmen: "Steuersenkungen wären eine wirkliche Entlastung.  Das bisherige waren keine Entlastungen, sondern der Versuch,  die Bevölkerung für sich zu gewinnen."

Zu viel Gießkanne?

Andere Befragte finden hingegen, dass schon die getroffenen Maßnahmen zu wenig zielgerichtet sind. Nicht nur Rudolf (74) aus dem Landkreis Meißen spricht von "Gießkannen-Prinzip". Er ergänzt: "Man hat etwas getan, aber falsch." Aus seiner Sicht hätten die Maßnahmen gestaffelt nach Einkommen ausgezahlt werden sollen. "Totale Verlierer sind wieder Mal die Rentner", findet er. Für Anja (47) aus dem Landkreis Leipzig fällt das Fazit so aus: "Die Preise sind überall so schnell gestiegen, das da die Hilfen kaum spürbar sind. Quasi ein Tropfen auf den heißen Stein."

Quasi ein Tropfen auf den heißen Stein.

MDRfragt-Mitglied Anja (47), Landkreis Leipzig

Andere meinen, die Gaspreisbremse hätte durchaus für Entlastung gesorgt, und auch das Deutschland-Ticket wird wiederholt als sinnvolle Maßnahme gelobt. MDRfragt-Mitglied Jeannette (46) aus dem thüringischen Saale-Holzland-Kreis beschreibt: "Das 49-Euro-Ticket hat uns etwas entlastet, da unsere Kinder auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind und so zahlen wir circa die Hälfte im Monat. Von dem Rest ist nicht wirklich was zu spüren."

Schlechtes Zeugnis fürs Krisenmanagement

Die Inflation reiht sich ein in eine Kette von Krisen und schwierigen Zeiten: Klimakrise, Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise und die damit mitunter verbundenen aktuellen Preisentwicklungen. In all diesen Bereichen ist auch die Bundesregierung gefragt, Lösungen auf die akuten und langfristigen Herausforderungen zu finden. Geht es nach der MDRfragt-Gemeinschaft, dann hat das Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in dieser Frage noch einigen Nachholbedarf. Mehr als vier Fünftel (86 Prozent) sind mit dem aktuellen Krisenmanagement der Bundesregierung tendenziell unzufrieden. Nur 13 Prozent zeigen sich eher zufrieden.

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Viele kritisieren die koalitionsinternen Streitigkeiten als wenig hilfreich. "Wir befinden uns in schweren Zeiten. Die Bundesregierung ist zerstritten, wirkt mutlos und lässt keine Führung erkennen", moniert Bettina (66) aus dem Landkreis Meißen. Auch MDRfragt-Mitglied Dieter (78) aus Dresden ist unzufrieden und begründet das damit: "Es fehlt mir die Entschlossenheit, notwendige Veränderungen durchzusetzen." Einige Befragte meinen aber auch, dass mit der Bundesregierung angesichts der Situation zu harrsch umgegangen wird: "Viele meckern ja momentan über die Regierung, aber es ist eine sehr komplexe Situation", kommentiert etwa Eileen (26) aus dem Landkreis Harz, warum sie eher zufrieden mit dem Krisenmanagement ist.

Eher düsterer Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung

Hohe Preissteigerungen, aber eher schwache wirtschaftliche Entwicklung – wie blicken Menschen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf diese Konstellation? Ein Großteil der MDRfragt-Gemeinschaft (84 Prozent) blickt eher skeptisch in die Zukunft und glaubt, dass die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland eher negativ verläuft. Und das Vertrauen der Befragten ist gering, dass die Politik bei der Unterstützung der Wirtschaft in der aktuellen Situation die richtigen Entscheidungen trifft.

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Über diese BefragungDie Befragung vom 04.08. – 07.08.2023 stand unter der Überschrift:

Die Preise bleiben oben – Wirtschaft und Lebensstandard auch?

Insgesamt sind bei MDRfragt 65.727 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet
(Stand 07.08.2023, 14 Uhr).

24.298 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 191 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 2.946 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 9.967 Teilnehmende
65+: 11.194 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 12.474 (51 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 5.810 (24 Prozent)
Thüringen: 6.014 (25 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 10.598 (44 Prozent)
Männlich: 13.639 (56 Prozent)
Divers: 61 (0,02 Prozent)

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet.

Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.

Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.

Weitere Ergebnisse der Befragung:

Über MDRfragt

MDRfragt ist eine Plattform für Online-Befragungen, mit der die Menschen in Mitteldeutschland regelmäßig ihre Meinung zu aktuellen Themen äußern können. Ob Tempolimit, Braunkohle-Aus oder Breitbandausbau – Ihre Meinung zu gesellschaftlich relevanten Themen findet hier einen besonderen Platz. Teilnehmen kann jeder, der seinen Wohnsitz in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen hat und mindestens 16 Jahre alt ist.

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 08. August 2023 | 21:45 Uhr