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Der Chemiepark Infraleuna lehnt es ab, die Produktion nach dem Wetter auszurichten. Bildrechte: IMAGO / Eckehard Schulz

Strompreise nach Wetterlage?Chemieindustrie gegen flexible Netzentgelte

02. Oktober 2024, 15:39 Uhr

Wenn die Sonne scheint, wird Solarstrom erzeugt, wenn Wind weht, Windenergie. Beides wird in Stromnetze eingespeist. Die Bundesregierung plant jetzt, dass Industriebetriebe ihre Produktion am Wetter ausrichten sollen. Wenn also viel Wind weht oder die Sonne scheint, nur dann den Stromschalter anknipsen. Dafür sollen die Betriebe mit geringeren Netzentgelten belohnt werden. Ziel ist es, die Überschüsse an Ökostrom besser zu verbrauchen. Industriebetriebe halten nichts von der Idee. Ein Beispiel.

Es ist der größte Standort an Industriearbeitsplätzen in Ostdeutschland, der Chemiepark Leuna in Sachsen-Anhalt. Über 100 Unternehmen sind hier angesiedelt; Sie beschäftigen zusammen rund 17.000 Menschen. Der Stromverbrauch dieser Betriebe ist so hoch wie der von zwei Dritteln aller Privathaushalte in Sachsen-Anhalt. Für diese Chemie-Betriebe sei es unmöglich, den Stromschalter erst dann anzuknipsen, wenn viel Sonne scheint oder Wind weht, sagt Christof Günther. Er ist der Geschäftsführer vom Chemiepark Infraleuna.

Christof Günther, Infraleune, lehnt die Ampel-Pläne ab. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Jan Woitas

"Das hängt damit zusammen, dass die chemische Industrie mit sehr kapitalintensiven Anlagen arbeitet, das heißt, es wird sehr viel in diese Anlagen investiert und diese Anlagen, die müssen, damit sie wettbewerbsfähig sind, damit sie auch Geld verdienen, möglichst hoch ausgelastet werden. Es gibt keine wirklich praktikable Möglichkeit, die Produktion substantiell zu reduzieren, wenn der Strom sehr teuer wird, weil einfach der Anlagenbetrieb gestört wird."

Produktionsprozesse eng verzahnt

Das sei eine Besonderheit in der chemischen Industrie, sagt Günther, denn: Die verschiedenen Unternehmen seien im Produktionsprozess eng miteinander verbunden und auf zeitnahe Zulieferung angewiesen.

"Die eine Anlage produziert ein bestimmtes Endprodukt oder aber bestimmte Nebenprodukte, die dann in der nächsten Anlage wieder Ausgangsstoff für die eigene Produktion sind und wenn dann die Produktion in der ersten Anlage schwankt, dann führt das zu Auswirkungen auf die zweite Anlage und der gesamte Verbund lässt sich nicht mehr optimal betreiben." Das sei etwa bei der Herstellung von Kunststoffen der Fall, die aus Rohöl gewonnen werden, sagt Günther. Der Prozess hier gestatte keine wetterabhängige Produktion.

Ökostromproduzenten für Flexibilität

Die Ökostromproduzenten sehen das anders. Warum es notwendig sei, die Netzentgelte flexibel am Wetter zu orientieren, erklärt Matthias Stark vom Bundesverband für Erneuerbare Energie. "In einem klimaneutralen Stromsystem sind Flexibilitäten die Leitwährung für eine erfolgreiche Energiewende. Sie senken effektiv die Kosten für die Energiewende. Deshalb denken wir, dass die Pläne durchaus sinnvoll sind."

Investitionen müssen sich rentieren

Anders gesagt: Die teuren Investitionen für Windräder und Solaranlagen müssen sich auch rentieren. Heißt: Diesen Strom muss auch jemand kaufen, sonst kann es zu einem Verfall des Strompreises kommen. "Das heißt wenn wir wie letzten Sonntag zum Beispiel viele erneuerbare Energien haben, dann fällt der Strompreis sehr schnell auf null Euro oder auch in den negativen Bereich, was dazu führt, dass es zu Mehrkosten kommt", betont Stark.

Dann nämlich wenn dieser Strom zu einer Art Ladenhüter wird. Denn neben Strom aus erneuerbaren Quellen wird weiterhin Strom aus herkömmlichen Quellen bereitgestellt. Kommt es dann zu einem Überangebot, sinken die Preise und Ökostrom ist nicht mehr rentabel.

Hinweis der Redaktion: Dachzeile und Überschrift des Artikels wurden nach Hinweisen von Nutzern geändert.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 28. August 2024 | 06:05 Uhr

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