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EnergieversorgungBei Ölembargo: Vorerst keine Vollauslastung der Raffinerie Schwedt

16. Juli 2022, 05:00 Uhr

Die Raffinerien in Schwedt und Leuna versorgen Ostdeutschland mit Benzin, Heizöl und Diesel. Doch die Anlage in Schwedt wird nach einem Verzicht auf russisches Öl wohl nicht mehr unter voller Auslastung laufen können.

Die Raffinerie Schwedt kann bei einem Verzicht auf russisches Öl vermutlich vorerst nicht voll ausgelastet werden. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Frage des Linken-Bundestagsabgeordneten Christian Görke hervor. Sie liegt dem MDR vor. Die Bundesregierung plant demnach, eine Ölpipeline vom Rostocker Hafen nach Schwedt zu ertüchtigen und dadurch Öl zur Raffinerie zu pumpen. "Mit diesen geplanten Maßnahmen zur Pipeline-Ertüchtigung kann die Pipeline-Kapazität so erweitert werden, dass eine Auslastung der PCK-Raffinerie von rund 75 Prozent möglich wird", heißt es in der Antwort der Bundesregierung.

Daneben bemühe man sich um zusätzliche Mengen an Rohöl über den Hafen Danzig. Allerdings: Polen hatte nach MDR-Informationen eine Belieferung der Raffinerie in Schwedt kürzlich ausgeschlossen. Dafür fließt von Danzig aus Öl in die Raffinerie Leuna in Sachsen-Anhalt.

Öl aus Kasachstan für Schwedt?

Wie es in der Antwort der Bundesregierung weiter heißt, sei auch eine Belieferung der Schwedter Raffinerie mit kasachischem Öl über die Druschba-Pipeline "eine technisch mögliche Back-Up-Option". Eine solche Regelung hatte der Rosneft-Chef von Deutschland kürzlich der Bundesregierung in einem Brief vorgeschlagen. Der Brief liegt dem MDR vor.

Eine mögliche Belieferung mit kasachischem Öl über russisches Territorium hatte der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Michael Kellner (Grüne), kürzlich zwar nicht komplett ausgeschlossen. Er hatte aber auch gesagt, Deutschland müsse den Weg gehen, den Polen schon gegangen sei, und sich von russischem Öl unabhängig machen.

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Christian Görke sagte dem MDR: "Die Antwort der Bundesregierung ist ein Eingeständnis, dass mit den Maßnahmen zur Ertüchtigung der Pipeline vom Rostocker Hafen nach Schwedt, keine Vollversorgung des PCK in Schwedt gewährleistet werden kann." Knapp fünf Monate bevor kein Öl mehr aus Russland kommen dürfe, stehe die Bundesregierung quasi mit leeren Händen da, so Görke weiter.

Schwedt und Leuna versorgen Ostdeutschland

Über die PCK-Raffinerie in Schwedt werden ein Großteil der Region Berlin und Brandenburg mit Benzin, Heizöl und Diesel versorgt. Die zweite große Raffinerie in Ostdeutschland steht in Leuna in Sachsen-Anhalt. Die Bundesregierung will bis Jahresende unabhängig von russischem Öl werden. Allerdings steht sie in Schwedt vor großen Problemen: Die Raffinerie gehört mehrheitlich dem russischen Rosneft-Konzern. Das ist auch der Grund, warum Polen derzeit eine Versorgung der Anlage über die Danziger Pipeline ausschließt. Die Bemühungen fokussieren sich deshalb auf die Verbindung aus Rostock.

Berichte über einen möglichen Verkauf der Raffinerie oder eine Enteignung durch den Bund bestätigten sich bisher nicht. Das Bundeswirtschaftsministerium antwortete dem MDR auf Anfrage lediglich, dass es Gespräche mit Rosneft gebe, wollte sich aber nicht zu Details äußern.

Interesse an einem Kauf der Anlage in Schwedt hatten zuletzt verschiedene Firmen aus dem Energiesektor bekundet, darunter der Biokraftstoffhersteller Verbio. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Leipzig und betreibt bereits eine kleine Anlage in Schwedt. Auch das Unternehmen Alcmene zieht eine Übernahme in Betracht. Alcmene gehört zur estnischen Liwathon-Gruppe, einem Ölterminal-Betreiber.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 03. Juni 2022 | 08:17 Uhr