Hohe MietenPflegeheime leiden unter steigenden Kosten bei sinkenden Erlösen
Die Pflegeheimbetreiber Curata Care und Convivo mussten kürzlich Insolvenz anmelden. Die Branche hat aktuell mit steigenden Kosten bei der Miete und weniger Erlösen zu kämpfen. Zwar warten viele auf einen Platz im Pflegeheim, aber da es nicht genug Pflegekräfte gibt, können nicht mehr Menschen aufgenommen werden.
- Pflegeeinrichtungen haben mit steigenden Pachtkosten und geringen Erlösen zu kämpfen.
- Kernproblem der Pflegeeinrichtungen sind geringe Belegungsquoten, die durch einen Mangel an Mitarbeitenden entstehen.
- Gesundheitsökonom Wasem sieht keine Pleitewelle in der stationären Pflege kommen.
Es ist ein ganzer Katalog an Gründen, den die private Pflegegruppe Convivo für die eigene Misere anführt. Unter anderem die gestiegenen Index-Pachten hätten das Unternehmen in finanzielle Schieflage gebracht.
Pachten für Pflegeheime steigen durch Inflation
Der Hintergrund: In vielen Immobilien treten die Heimbetreiber nur als Pächter auf. Und eine Index-Pacht orientiert sich – wie eine Indexmiete – an der Inflation. Steigen die Preise, steigt die Pacht: zuletzt um über sieben Prozent.
Im Geschäfts- und im Privatleben sei es das Normalste auf der Welt, dass Indexpreissteigerungen in Mietverträgen enthalten seien, sagt Norbert Grote, Geschäftsführer des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste: "Und wenn die Inflation steigt und Indizes enorm steigen, dann bedarf es natürlich einer entsprechend höheren Mietverpflichtung, die daraus resultiert."
Steigende Kosten und wenig Erlöse
Im Fall von Convivo sind die Pachten sicher nicht entscheidend für die Insolvenz. Vieles ist laut Experten hausgemacht, Grote selbst spricht von hochriskanten Investitionen. Dennoch seien die gestiegenen Pachtkosten Teil eines strukturellen Problems, weil es zwei Entwicklungen gebe, die parallel einhergingen, die in der Vergangenheit so nicht gegeben habe, sagt Grote: "Wir haben einmal explodierende Kosten und gleichzeitig – das ist neu – dramatische Erlöseinbrüche. Diese Entwicklung parallel führt zu dieser toxischen Situation, dass wir im Moment zunehmend Insolvenzen erleben und das auch weiter erleben werden."
Pflegeheimplätze können wegen freier Stellen nicht besetzt werden
Kern des Problems seien die zu geringen Belegungsquoten in den Einrichtungen. Das klingt paradox, denn die Wartelisten für einen Heimplatz sind lang. Die Liste der freien Stellen allerdings auch. Die Einrichtungen haben schlicht nicht genug Personal, um neue Bewohnerinnen und Bewohner zu versorgen.
Ein Problem, das auch die Wohlfahrtspflegeeinrichtungen hätten, erklärt Thorsten Mittag, Referent für Altenhilfe und Pflege beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. Schon seit Jahren sei der Kostendruck enorm: "Die Lawine rollt eigentlich schon länger. Die Einrichtungen haben gar nicht die Rücklagen, um wirklich höhere Kosten, die durch unterschiedliche Ereignisse entstehen, längerfristig abzufangen. Das schaffen die gar nicht mehr", erklärt Mittag.
Corona-Rettungsschirm entfällt für Pflegeeinrichtungen
Die Probleme seien da, das sagt auch der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem, Professor an der Uni Duisburg-Essen. Die Rahmenbedingungen seien schwierig, zumal staatliche Unterstützung weggebrochen sei. Von einem strukturellen Problem will er aber nicht sprechen: "Die Pflegeheime hatten in den letzten zwei Jahren eine relativ entspannte Situation dadurch, dass der Bundesgesetzgeber wegen Corona einen Rettungsschirm aufgespannt hat. Der fällt dieses Jahr weg. Das kann dann auch heißen, dass Heime eigentlich schon in den letzten ein bis zwei Jahren Probleme hatten. Die sind nicht sichtbar geworden und die haben sich jetzt aufgetürmt."
Insolvenzen habe es schon immer gegeben und es werde sie auch weiterhin geben, sagt Wasem. Dennoch sei es nach wie vor möglich, ein Pflegeheim vernünftig betreiben. Das Problem einer drohenden Pleitewelle in der stationären Pflege sieht er nicht.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. Februar 2023 | 06:00 Uhr