EnergiepreiseStadtwerke befürchten massive Zahlungsausfälle
In Deutschland gibt es rund 900 Stadt- und Gemeindewerke, die Strom, Wasser und Wärme liefern. Aus ihren Gewinnen wird zum Beispiel der Nahverkehr subventioniert. Jetzt befürchten die Stadtwerke in ganz Deutschland aufgrund der gestiegenen Energiepreise, massive Zahlungsausfälle bei ihren Kundinnen und Kunden. Die ersten Stadtwerke fordern deswegen einen Schutzschirm, den die Bundesregierung finanzieren soll.
- Die Stadt Leipzig unterstützt die Stadtwerke mit einem Darlehen von 150 Millionen Euro, damit sie noch an der Energiebörse handeln kann.
- Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert einen Schutzschirm für alle Stadtwerke.
- Die Stadtwerke in ganz Deutschland befürchten massive Zahlungsausfälle, weil sie die gestiegenen Kosten an ihre Kunden weitergeben müssen.
In Leipzig ist die Ausnahmesituation schon eingetreten. Die Stadt unterstützt ihre Stadtwerke mit 150 Millionen Euro. Ein kurzfristig beschafftes Darlehen für turbulente Zeiten. Es ist nötig, damit die Stadtwerke weiterhin an der Energiebörse handeln können. Denn die Börse verlangten Sicherheiten, sagt Stadtwerke-Sprecher Frank Viereckl.
Diese Sicherheiten würden sich an den Energiepreisen bemessen: "Da muss richtig Geld hinterlegt werden und da sind so extreme Ausschläge, das gab es noch nie. Der Strompreis schwankte früher zwischen 15 und 30 Euro und dann musste man das auch absichern. Aber jetzt schwankt er halt zwischen 20 und 1.050 Euro. Das sind so extreme Summen, die alle Energieversorger, die an der Börse handeln, in Bedrängnis bringen", sagt Viereckl. Dafür habe die Stadt den Stadtwerken einen Sicherheitsschutzschirm zur Verfügung gestellt, damit sie weiter an den Börsen tätig seien könnten.
Das Problem betrifft auch andere Stadtwerke deutschlandweit. Dramatisch ist die Lage bei jenen, die Energie spontan und teuer zukaufen müssen, weil sie nicht schon vor Jahren langfristige Lieferungen vereinbart haben. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert nun einen Schutzschirm für alle Stadtwerke.
Finanzieren müsse den die Bundesregierung, sagt Timm Fuchs, Beigeordneter für Energiepolitik: "Wir haben einen einheitlichen Energiemarkt und wir brauchen einen einheitlichen Schutzschirm. Damit die Funktionsfähigkeit eines Stadtwerks nicht von der finanziellen Leistungsfähigkeit der einzelnen Kommune abhängt. Es kann natürlich sein, dass manche Kommunen das schaffen, ihr Stadtwerk zu schützen. Andere schaffen das aber nicht, weil sie nicht genügend Liquidität haben."
Zahlungsausfälle bis zu acht Prozent erwartet
Wie schwierig die Lage ist, hängt sehr vom einzelnen Stadtwerk ab. Alle werden versuchen, gestiegene Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. Doch die spannende Frage ist, ob auch alle Kunden bezahlen können.
In sozial schwachen Regionen sei die Befürchtung groß, dass die Stadtwerke auf Rechnungen sitzen bleiben, sagt Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer im Verband kommunaler Unternehmen: "Im Moment ist es so, dass ich von Unternehmen höre, dass sie mit fünf bis acht Prozent Zahlungsausfällen rechnen. Bisher war das unter einem Prozent und ich habe auch schon 10 oder 15 Prozent Befürchtungen gehört. Dann kann es auch schon kritisch werden. Dann ist das Jahresergebnis aufgezehrt." Und dann gehe es an das Eigenkapital der Unternehmen.
Deswegen werbe der Verband auch für Insolvenzantragsmoratorium. Liebing sagt, Insolvenzen müssten verhindert werden. Die Stadtwerke seien existenziell.
Weitere Hilfs- und Entlastungspakete vom Bund geplant
In Leipzig ging es zunächst nur um ein Darlehen, das den Energiehandel absichert. Das Geld bekommt die Stadt bei fallenden Energiepreisen wieder zurück. Eine Notlage scheint vorerst abgewendet. Trotzdem wirbt auch Stadtwerke-Sprecher Viereckl für Bundeshilfen: "Der Bund muss einspringen. Die Kommunen sind auch klamm. Die haben schon an der Corona-Situation zu schaffen und der Bund verdient im Moment gerade auch durch die extrem hohen Energiepreise. Da ist auch ein Puffer, wo man was abgeben kann."
Die Steuern auf Strom und Gas nutzen, um den Stadtwerken zu helfen – ob die Bundesregierung da mitgeht, dürfte sich am Wochenende klären. Dann wollen Kanzler und Minister über weitere Hilfs- und Entlastungspakete in der Energiekrise entscheiden.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 02. September 2022 | 06:00 Uhr
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