Wirtschaft Start-ups ächzen unter Bürokratie
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21. August 2024, 07:24 Uhr
Über die überbordende Bürokratie wird sich in vielen Gesellschaftsbereichen beklagt. Besonders ärgerlich ist sie für die Wirtschaft im Wettbewerb mit anderen Standorten, insbesondere für Start-ups.
- Start-ups leiden unter vielen bürokratischen Schritten – häufig immer noch als klassischer Papierkram.
- Start-ups, die mit Migrantinnen und Migranten arbeiten wollen, leiden darunter, dass deren Berufsabschlüsse wegen mangelnder Dokumente häufig nicht anerkannt werden.
- Der Bund arbeitet am Bürokratieabbau, immerhin soll bald das "Schriftformerfordernis" entfallen.
Der Spinlab Accelerator sieht ungefähr so aus, wie man sich Startup-Keimzellen im Silicon Valley vorstellt. Großraumbüro, die rostigen Stahlträger der ehemaligen Leipziger Baumwollspinnerei sorgen für Industrieromantik, große Schreibtische und eine riesige Sitzecke laden ein, Geschäftsideen zu drehen und zu wenden, zu verwerfen oder in Richtung Durchbruch zu pushen.
Verantwortlich ist hier Eric Weber. "Hier kommen die Start-ups zusammen." Einmal im Monat habe man Fokuswochen mit Workshops, Coaching und Mentoring-Angeboten.
Kleinschrittige Prozesse in Papierform
Um dabei zu sein, kann man sich mit einer Geschäftsidee bewerben. Das sogenannte Spinlab-Ökosystem hilft dabei, ein Unternehmen zu gründen – und vor allem, damit am Ende Geld zu verdienen. Die deutsche Bürokratie allerdings wirke, erzählt Weber, dabei aber bremsend – angefangen bei der Gründung. "Das sind 13 bis 14 Prozessschritte." Das ende unter anderem mit der Eintragung im Transparenzregister, doch bis dahin gebe es viele andere Register, Sozialversicherungsnummern müssten angemeldet werden "und so weiter."
Hörer machen Programm – der Talk
Von 10 bis 11 Uhr sprechen wir am 21. August bei 'MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio' mit unseren Gästen darüber, welche Chancen junge Unternehmen in Deutschland haben – mit einem besonderen Blick auf Mitteldeutschland. Welche Innovationen gibt es hier? Sind wir im Osten bei Gründungen ängstlicher oder gar risikofreudiger?
Rufen Sie an unter der kostenlosen Telefonnummer 0800-3333004. Sie erreichen uns schon jetzt bis 11 Uhr. Sie sind eingeladen, ihre Meinung, Erfahrungen und Fragen zum Thema live in der Sendung kund zu tun.
Das hat Johanna Bröll gerade durch. Sie hat das Start-up Carbonsate gegründet. Es bietet Unternehmen, die ihre Klimabilanz verbessern wollen, eine Klimaausgleichsmaßnahme an. Die bürokratischen Hürden der Unternehmensgründung haben Bröll überrascht – den Prozess nochmal extrem verlangsamt habe dabei, dass die deutsche Bürokratie noch immer am Papier hänge.
Oft würden Unterschriften von beiden Geschäftsführern verlangt. Doch Bröll erzählt, dass beide nicht am gleichen Standort säßen. Das bedeute für sie: Einer muss den Brief entgegennehmen, unterschreiben, an die nächste Person schicken. Diese Person schicke den Brief dann wieder an die Behörde. "Wir reisen auch viel. Das kann dann gern mal zwei, drei Wochen dauern und wenn man auf irgendwas dringend wartet, ist das natürlich verlorene Zeit", kritisiert Bröll.
Berufsqualifizierung von Migranten oft nicht anerkannt
Im Klimabereich ist auch das Leipziger Start-up "Akademie für Klimajobs" zu Hause. Anna Sauter-Getschmann und ihr Mitgründer wollen mit einem achtmonatigen Training die Fachkräfte ausbilden, die für die Energiewende nötig sind: Elektrofachkräfte für Erneuerbare Energien. Ihre Zielgruppe sind Migranten.
Die Krux: Für die Zertifizierung der künftigen Fachkräfte müssen die Kandidaten eine abgeschlossene Ausbildung vorweisen. "Daran scheitert es für viele Personen. Entweder haben sie eine Qualifizierung aus ihrem Heimatland, aber ihnen fehlen Dokumente oder Beweise, oder sie haben keinen Abschluss gemacht aber mehrjährige Erfahrung." Sauter-Getschmann fehlt pragmatisches Denken. "Der Ausgangspunkt sollte sein, an welches Ziel wollen wir kommen und wie können wir das so effizient wie möglich erreichen." Sehr oft stehe hier die Bürokratie im Weg.
Schriftformerfordernis wird abgeschafft
Maik Außendorf von den Grünen ist Berichterstatter für Bürokratieabbau im Wirtschaftsausschuss des Bundestags. Er kennt die Klagen über die deutsche Bürokratie. "Aber diese Unzufriedenheit hat eine andere Ursache. Und zwar ist die Verwaltungsqualität zu schlecht. Es geht oft nicht digital." Oft müsse man Unterlagen mehrfach hochladen: Handelsregisterauszüge, Unterschriften und so weiter. "Und da sollte es eigentlich reichen, wenn ein Unternehmen diese einmal an den Staat übermittelt. Daran arbeiten wir", verspricht Außendorf.
Eine gute Nachricht für alle künftigen Start-up-Gründer: das sogenannte Schriftformerfordernis wird abgeschafft. Heißt: In der Regel reicht dann die digitale Unterschrift.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 21. August 2024 | 06:20 Uhr
Britta.Weber vor 12 Wochen
Laut Focus sind in den letzten 3 Jahren 319 Milliarden an Kapital abgeflossen- eine gewaltige Summe und ein deutliches Zeichen für den Niedergang der deutschen Wirtschaft.
Da beschwert sich Herr Außendorf von den Grünen über die Bürokratie.
Welche Partei stellt eigentlich den Wirtschaftsminister?
Hobby-Viruloge007 vor 12 Wochen
Schlechte Beispiele gewählt. Einen Elektrikerabschluß aus Afghanistan würde ich auch nicht anerkennen wollen. Die deutschen Normen lernt man nicht in einem Jahr.
Unterschriftregelungen sind keine Bürokratie sondern Entscheidungen der Gesellschafter ,zum Beispiel der GmbH.
Mir würde eher einfallen. Gefährdungsanalyse Arbeitsschutz und Betriebsarzt auch für Bürotätigkeiten ab Mitarbeiter eins.
IHK, GEZ, Datenschutz, LIeferkettengesetz etc. KI wird in der EU bereits vor der Marktrelevanz reguliert .....
Als Gründer wollen sie kreativ gestalten und werden von der Bürokratie gegängelt. Respekt für die Leute, die sich dies antun......
salzbrot vor 12 Wochen
das schlimme an der Bürokratie ist nicht nur der zeitliche Aufwand, sondern dass die Leute auch inhaltlich überfordert sind, d.h. viele verstehen die Regeln überhaupt nicht mehr, die meist von Studierten gemacht wurden. Aber die führen keinen Handwerksbetrieb, sondern unter Umständen ein Hauptschüler. Damit wird auch wirtschaftliche Dynamik verhindert.