Eine offene Registrierkasse
Offene Kassen sind nicht selten ein Anzeichen, dass Umsätze nicht richtig verbucht und so Steuern hinterzogen werden. Bildrechte: IMAGO/YAY Images

Steuerhinterziehung Steuergewerkschaft: Fehlende Kassen-Kontrollen begünstigen Betrug in Milliardenhöhe

29. November 2022, 09:50 Uhr

Trotz moderner Kassensysteme ist es immer noch leicht – und offenbar üblich, dass Einnahmen in Geschäften nicht ordnungsgemäß verbucht werden. Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern Steuerhinterziehung. Der Betrug könnte geahndet und unterbunden werden, wenn es Kontrollen geben würde. Die Finanzämter überprüfen jedoch zu wenig, kritisiert die Steuergewerkschaft und schätzt, dass so dem Staat jährlich Steuereinnahmen in Milliardenhöhe entgehen.

In Klein- und Kleinstbetrieben wie Gaststätten und Imbissen werden die Registrierkassen zu selten kontrolliert. So entgehen dem Staat schätzungsweise jährlich rund 15 Milliarden Euro an Steuereinnahmen.

Das sagt Florian Köbler in der aktuellen Ausgabe des MDR-Magazins "Umschau". Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft erklärt: "Einen Kleinbetrieb prüfen wir im Schnitt alle 47 Jahre und einen Kleinstbetrieb alle 120 Jahre." Kleinbetriebe sind Unternehmen mit weniger als 1,1 Millionen Euro Jahresumsatz, bei Kleinstbetrieben liegt dieser unter 210.000 Euro.

Neues Kassengesetz ohne Wirkung

Die Steuerhinterziehung in Geschäften mit Registrierkasse erfolgt, indem Bargeldeinnahmen gar nicht in der Kasse verbucht oder dort nachträglich gelöscht werden. Das mindert den Umsatz und die darauf zu zahlende Umsatzsteuer. Seit 2018 gilt das neue Kassengesetz zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung. Demnach mussten bis Ende September 2020 alle Kassen mit einer technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) zum Schutz vor betrügerischer Manipulation versehen sein.

Trotzdem werde nach Einschätzung der Steuergewerkschaft Bargeld weiter schwarz eingenommen, weil auch die TSE-Aufrüstung der Kassen nicht kontrolliert werde. Aus der Sicht von Köbler könnte die personelle Aufstockung bei Kontrolleuren in den Finanzämtern das Problem lösen und wäre zudem kostenneutral. Er erklärt: "Ein Betriebsprüfer rechnet sich mehr als selbst: Jeder Betriebsprüfer bringt im Jahr im Schnitt mehr als eine Million Euro zusätzliche Steuereinnahmen."

Wenig Personal = wenig Kontrolle

Dass mit mehr Personal auch mehr Prüfungen möglich sind, zeigt der Vergleich des Landes Niedersachsen mit den drei mitteldeutschen Ländern. Das nordwestdeutsche Bundesland hat nach Auskunft der zuständigen Finanzministerien anderthalb Mal so viele Betriebsprüfer (1.781) wie die mitteldeutschen Länder (Sachsen: 567, Sachsen-Anhalt: 283, Thüringen: 293) zusammen.

Schild Finanzamt
Mehr Personal in Finanzämtern könnte Steuerbetrug besser bekämpfen. Bildrechte: imago images/imagebroker

In Niedersachsen gab es von Anfang 2021 bis Oktober 2022 rund 4.600 Kassennachschauen, bei denen Registrierkassen geprüft werden. Im selben Zeitraum waren es in Sachsen 64. In Thüringen gab es keine. Für Sachsen-Anhalt liegen nach Auskunft des Finanzministeriums in Magdeburg derzeit nur Zahlen für 2021 vor. Hier gab es 73 Kassennachschauen. Als Grund für die geringen Zahlen geben die Finanzministerien die Einschränkungen während der Corona-Pandemie an. In Niedersachsen waren es 2021 mit 2.433 Prüfungen trotzdem ähnlich so viele wie 2022 mit bislang 2.200.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 29. November 2022 | 20:15 Uhr

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