Kompensation durch Kohlestrom Bundesnetzagentur: Stromversorgung auch ohne russisches Gas sicher
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Braunkohle zu verbrennen und daraus Strom zu machen, lohnt sich gerade. Gas ist sehr teuer. Was, wenn diese Entwicklung weitergeht, oder Gas am Ende kaum noch zur Verfügung steht, sollte Deutschland tatsächlich komplett auf russisches Gas verzichten? Da stellt sich die Frage, ob die deutschen Kohlekraftwerke diese Strommenge kompensieren können. Und wenn ja, ist das politisch überhaupt gewollt?

- Die Kohlekraftwerke profitieren davon, dass Gaspreise momentan extrem hoch sind.
- Der Bundesnetzagentur zufolge wird es keine Probleme mit der Stromversorgung in Deutschland geben – auch ohne russisches Gas.
- Die sächsische CDU sieht die Chancen für einen vorzeitigen Kohleausstieg schwinden, da die Versorgungssicherheit nun an erster Stelle steht.
Trotz geplanter Energiewende wird gerade eifrig Kohlestrom produziert. Es seien gute Zeiten für die Betreiber der Kohlekraftwerke, bestätigt Prof. Dr. Dominik Möst vom Lehrstuhl für Energiewirtschaft der TU Dresden: "Jetzt kommt eine Situation, in der die Gaspreise extrem hoch sind und wir auf der anderen Seite seit 1. Januar noch mal ein paar Kernkraftwerke abgeschaltet haben. Entsprechend ist es logisch, dass die Braunkohleerzeugung hiervon profitiert."
Und, ist da noch Luft nach oben? Am Sonntag zum Beispiel lieferten Gaskraftwerke rund 13 Prozent des Stroms in Deutschland. Das zeigen Daten der Bundesnetzagentur. Was, wenn sich Deutschland entscheidet, auf russisches Gas zu verzichten? Können die Kohlekraftwerke diesen Ausfall kompensieren?
Eine Frage, die auch die Bundesnetzagentur mit höchster Priorität umtreibt. Ein Sprecher ist sich sicher, dass wir in diesem Fall keine Probleme in der Stromversorgung bekämen. Schriftlich teilte die Bundesbehörde mit, dass die Brennstoffversorgung der deutschen Kraftwerke ausreiche.
Reserven bei den Kohlekraftwerken
Beispiel LEAG: Die Kohlekraftwerke, die der Lausitzer Stromerzeuger in Sachsen und Brandenburg betreibt, laufen nach Aussage von Unternehmenssprecher Thoralf Schirmer schon jetzt unter Volllast: "Das heißt, die liefern das, was sie maximal möglich an Strom liefern können und der wird auch abgenommen."
Mehr geht nicht. Aber es gebe noch Reserven, sagt Schirmer: "Zwei Blöcke im Kraftwerk Jänschwalde, die sich in der sogenannten Sicherheitsbereitschaft befinden. Das heißt, der Netzbetreiber kann diese Blöcke bei Bedarf ans Netz rufen und dann müssten wir innerhalb von zehn Tagen auch bereit sein." Das würde dann ein Plus von etwa 14 Prozent bedeuten.
Kohleausstieg bis 2030 eher unwahrscheinlich
Mehr Kohlestrom bedeutet aber auch mehr CO2-Emissionen. Aus Sicht von Lars Rohwer, dem energiepolitischen Sprecher der sächsischen CDU-Fraktion, geht die Versorgungssicherheit vor Klimaschutz. "Dem muss sich alles unterordnen, und wenn die Versorgungssicherheit gewährleistet ist, dann kann man Schritt für Schritt auch diese Ausstiegspfade beschreiten, die im Kohlekompromiss beschrieben sind."
Nach Einschätzung von Rohwer ist der Optimismus der Bundesregierung, den Kohleausstieg vor 2030 abzuwickeln, damit in weite Ferne gerückt.
Sorge bei den Grünen
Daniel Gerber, energiepolitischer Sprecher der Grünen im sächsischen Landtag, sieht die Entwicklung erwartungsgemäß mit mehr Sorge. Jede Kilowattstunde Kohlestrom ist aus seiner Sicht eine Kilowattstunde zu viel.
Aber: Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Gerber fordert, dass man sich auf das Abstellen aller russischen Energielieferungen vorbereiten müsse: "Da halte ich es schon für sinnvoll, sich grundlegend darüber Gedanken zu machen, wie wir in Deutschland die Stromproduktion aufrechterhalten können." Sprich: kurzfristig auch durch mehr Kohlestrom.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 08. März 2022 | 06:13 Uhr