Geldscheine, Stromzähler, Gasflamme
Die Strompreise werden steigen, denn sie orientieren sich an den Gaspreisen. Bildrechte: Colourbox.de

Energiekrise Experte befürchtet: Strompreise im Herbst "in ungeahnten Höhen"

03. September 2022, 05:00 Uhr

Seit Beginn des Jahres haben sich die Strompreise etwa verdoppelt. Sie könnten 2022 noch "ungeahnte Höhen" erreichen, sagt Energieexperte Manuel Frondel. Ausgefallene Kernkraftwerke in Frankreich seien auch ein Grund.

Strompreis liegt aktuell bereits bei mehr als 50 Cent pro kWh

Der Strompreis wird im Herbst weiter ansteigen – das ist nicht nur die Einschätzung von Manuel Frondel Professor für Energieökonomie an der Ruhr-Universität Bonn, sondern die Ansicht der meisten Experten. "Mit Blick auf Herbst und Winter kann ich den Verbrauchern zunächst keine Hoffnungen machen, dass die Strompreise niedriger werden. Im Herbst und Winter heizen viele Verbraucher mit Strom, insbesondere in Frankreich. Und wenn dann im Herbst und Winter immer noch die Hälfte der Kernkraftwerke in Frankreich ausfällt, dann können die Strompreise an der Börse durchaus ungeahnte Höhen annehmen. Allerdings dauert es ja auch eine Weile, bis die Börsenstrompreise sich dann übersetzen, in entsprechend stark gestiegene Verbraucherstrompreise“, erläutert Frondel die aktuelle Situation.

Bereits jetzt kostet Strom an der Strombörse mehr als 50 Cent pro Kilowattstunde – eine Verdopplung seit Beginn des Jahres. Und wann genau das Ende der Fahnenstange erreicht ist, lässt sich momentan nur schwer abschätzen. Doch woran liegt es, dass der Strompreis seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine kontinuierlich steigt? Der Grund dafür liegt in den explodierenden Gaspreisen – und dem Prinzip, nachdem der Preis für Strom an der Börse gebildet wird – dem Merit-Order-Prinzip.

Gaspreis treibt Strompreis in die Höhe: Schuld ist das Merit-Order-Prinzip

Grundsätzlich lässt sich feststellen: 75% aller in Deutschland benötigten Energie kommt von Stromerzeugern, deren Erzeugerkosten für Strom nicht gestiegen sind. Ca. 40% des Stroms stammt aus erneuerbaren Energien, knapp 20% aus Braunkohlekraftwerken und 12% aus Atomkraft. Hier haben sich die Kosten nicht verändert.

Anders sieht es bei Gaskraftwerken aus. Die Kraftwerke kaufen Gas zu horrenden Preisen, daher steigt bei ihnen der Preis. Allerdings stammen nur geringe Mengen des Stroms, rund 10 Prozent, aus Gaskraftwerken. Die Preisexplosion scheint auf den ersten Blick daher nicht logisch. Beim Strompreis kommt das Merit-Order-Prinzip an der Strombörse zum Tragen. Alle Anbieter rechnen nach dem Preis des teuersten Erzeugers ab, das sind derzeit die Gaskraftwerke.

Merit-Order-Prinzip soll Energiewende stützen

Letztendlich bestimmt also der teure Gaspreis also den Strompreis. Erneuerbare Energien, vor allem aus Wind- und Solarkraftwerken, stehen unter dem Schutz des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG), das deren vorrangige Berücksichtigung in der Merit Order vorschreibt. Diese Verfahren sind immer kostengünstiger geworden und können somit auch deutlich preiswerter Strom erzeugen als rohstoffbasierte Kraftwerke, die Kohle oder Gas benötigen.

Obwohl der Strom aus Wind und Sonne deutlich günstiger produziert werden kann, erhalten Betreiber denselben Strompreis und können so deutlich größere Gewinne einstreichen. Die Idee dahinter: Dauerhaft würden die erneuerbaren die deutlich unrentablen und umweltunfreundlichen Stromerzeuger vom Markt drängen. Und das funktionierte auch.  

Durch die Gasverteuerung profitieren auch Energielieferanten

Es stellt sich die Frage, ob das Merit-Order-Prinzip unter den Bedingungen der Energiekrise mit den explodierenden Gaspreisen noch funktioniert, wo die Stromkonzerne riesige Gewinne auf Kosten der Verbraucher und der Industrie verbuchen. Stromriese RWE etwa verbuchte im ersten Halbjahr 2022 eine Milliarde mehr Gewinn als im selben Zeitraum 2021.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat vor Kurzem eine Reform des Strommarktes angekündigt: "Die in die Höhe schießenden Strompreise zeigen gerade aus verschiedenen Gründen die Grenzen unseres jetzigen Strommarktdesigns auf." Deshalb arbeite man jetzt an einer Strukturreform. Ob sich die Reform bereits diesen Herbst und Winter auf die Strompreise auswirken wird – fraglich.

Energie sparen: Was bringt der Austausch von Stromfressern im Haushalt?

Viele Verbraucher machen sich Gedanken, wie sie ihren Stromverbrauch dauerhaft senken können. Eine Möglichkeit: alte, stromfressende Geräte gegen neue, energieeffiziente zu ersetzten. Doch lohnt sich das wirklich? Ab wann rentiert sich ein neues Gerät? Ein echter Energieschlucker ist der Kühlschrank.

Kühlschränke laufen rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Die meisten von ihnen halten ohne Probleme 15 bis 20 Jahre lang durch. Allerdings hat sich die Energieeffizenz von Kühlschränken in den letzten Jahren enorm verbessert. Bei einer Studie der Verbraucherzentrale NRW kam heraus: Ein Kühlschrank der höchsten Energieeffizenklasse aus dem Baujahr 2010 verbraucht ein Drittel mehr Strom als ein Kühlschrank aus der höchsten Energieeffizenzklasse 2020. Geräte aus dem Baujahr 2022 sind sogar noch energieeffizienter geworden: Einsparpotential bis zu 50%.

Beispielrechnung Kühlschrank

Eine Kühl-Gefrierkombination  aus dem Jahr 2010 verbraucht ca. 310 kWh pro Jahr. Bei einem Strompreis von potentiell 50 Cent/kWh ergeben sich Stromkosten von 155 Euro jährlich. Aktuelle Modelle verbrauchen nur 150 kWh pro Jahr, die Stromkosten liegen dann bei 75 Euro. Ersparnis: 80 Euro. Ist das eigene Gerät deutlich älter als zehn Jahre, ist die Ersparnis dementsprechend höher – bis zu 200 Euro jährlich sind dann drin. Dagegen rechnen muss man natürlich den Anschaffungspreis für ein neues Gerät.

Energiespar-Tipps - Einstellung der Kälte: jedes Grad Kälter verbraucht 10% mehr Energie.
- Kühler Standort: Vor Sonneneinstrahlung schützen und nicht in direkter Nähe zum Herd.
- Regelmäßig enteisen: Ein vereistes Gefrierfach kostet bis zu 30% mehr Energie.
- Je voller der Kühlschrank, desto besser: Gerade Flüssigkeiten speichern die Kälte und halten den Kühlschrank zusätzlich kühl.

Neben dem Kühlschrank kann auch die Waschmaschine, Trockner und der Geschirrspüler ein echter Energiefresser sein. Für wen lohnt sich ein neues Gerät? Die Internetseite spargeraete.de, eine online Datenbank mit den sparsamsten Geräten, auch Lebensdauer und Gesamtkosten für den Stromverbrauch werden erfasst, kann Orientierung geben.

Eine Grafik zum Thema Energieverbrauch
Bildrechte: BDEW

Tipps zum Energiesparen beim Heizen, Duschen oder Kochen

MDR Wirtschaftsredaktion (mwi)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 28. August 2022 | 19:30 Uhr

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