Warenverkehr Umweltfreundlichere Transportwege für den Güterverkehr: Was ist denkbar?

13. Juli 2022, 09:32 Uhr

Lastkraftwagen übernehmen fast drei Viertel des Gütertransports. Umweltfreundlichere Lösungen sind dringend gefragt. Bahn, Schiff, Drohne? Wir schauen auf alternative Lösungen – auch bei Kraftstoffen.

Wie werden Gütertransporte derzeit abgewickelt?

Der Löwenanteil des Güterverkehrs, nämlich knapp 73 Prozent, wird derzeit mit Lastkraftwagen abgewickelt, 18 Prozent per Zug, knapp sieben Prozent per Schiff und 2,5 Prozent gehen durch Öl-Fernleitungen (Rohstoffleitungen).

Der Anteil des Schienengüterverkehrs ist seit Jahren fast konstant. Eine von Experten immer wieder geforderte Verlagerung des Gütertransportes von der Straße auf die Schiene findet nicht statt. Gleichzeitig wird jedoch erwartet, dass das Güteraufkommen bis 2030 um bis zu 40 Prozent ansteigt. Alarmstufe rot im Gütertransport!

Doch im Transportwesen brechen auch neue Zeiten an. Das zeigt sich unter anderem durch aktuelle Ankündigungen von Paketdienstleistern. So will DPD künftig wenigstens fünf Prozent seines Paketaufkommens auf die Schiene bringen und DHL demnächst Pakete mit Elektroflugzeugen befördern. Ziel ist es, unsere Straßen zu entlasten und umweltfreundlicher unterwegs zu sein.

Zunehmende Belastung für die Umwelt

Die steigende Menge der Gütertransporte überlastet zunehmend die Verkehrsinfrastruktur. Am deutlichsten wird das auf unseren Straßen: Staus, Lärm und ein stetig steigender CO2-Ausstoß sind überall messbar.

23 Prozent der globalen CO2-Emission werden durch den Transportbereich verursacht. Allein in Deutschland wurden 2020 verkehrsbedingt 147 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Auf diesen Bereich fallen zudem rund ein Drittel des gesamten Energieverbrauches.

Womit hat der Güterverkehr noch zu kämpfen?

Die Verkehrsinfrastruktur wurde in den letzten Jahrzehnten nicht ausreichend instand gehalten. Aktuell ist es deshalb notwendig, gleichzeitig Instandhaltungsrückstände abzubauen und in den Ausbau zu investieren. Das gilt besonders für die Bahn.

Mit steigendem Gütertransportaufkommen kommt die Bahn an ihre Grenzen, denn sie teilt sich ein Netz mit dem Personenverkehr. Dem Personenverkehr wird dabei Vorrang eingeräumt. Güterzüge müssen dann etwa warten, wenn Gleiskapazitäten fehlen. Wenn, wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben, bis 2030 25 Prozent des Güterverkehrs auf die Schiene sollen, muss das Netz erweitert werden.

Mit zunehmendem Gütertransport via Straße zeigt sich auch, dass immer weniger Menschen bereit sind, als Kraftfahrer zu arbeiten, was bei den oft harten Arbeitsbedingungen verständlich ist. In der Folge fehlen Fahrer, Lieferungen verzögern sich.

Pläne: Weniger Treibhausgasemission, Verkehrsverlagerung, weg von fossilen Energiequellen

Der Verkehrssektor ist Hauptverursacher der CO2-Emission. Zielsetzung der EU ist es, ausgehend von den Zahlen von 1990, die Treibhausgasemission um 60 Prozent zu senken und dadurch zu helfen, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Da der Straßenverkehr viel unökologischer ist als Schiene und Binnenschifffahrt, wird eine Verkehrsverlagerung, auch "modal shift" genannt, auf Schiene und Schifffahrt angestrebt. Bis 2030 sollen deshalb Transporte mit einer Wegstrecke von mehr als 300 Kilometer per Zug oder Schiff erfolgen, bis 2050 dann 50 Prozent.

Der Energieverbrauch des Gütertransportes speist sich bisher noch zum größten Teil aus fossilen Energiequellen. Hier wird ein Wechsel hin zu alternativen Treibstoffen und erneuerbaren Energien angepeilt. Ein dritter Aspekt künftiger Veränderungen sind Entwicklung und Einsatz alternativer Verkehrsmittel und neuer Verkehrskonzepte.

1) Möglichkeiten für die Optimierung bestehender Prozesse

Synchromodale Logistik

Die synchromodale Logistik wurde aus Unimodalität (ein Verkehrsträger, z.B. Lkw, bildet die gesamte Transportkette), Multimodalität (mehrere Verkehrsträger in einer Transportkette), Komodalität (parallele Transportketten) und Intermodalität (mehrere Verkehrsträger mit derselben Transporteinheit , z.B. Container, in einer Kette) entwickelt.

Synchromodalität bündelt die besten Eigenschaften der vorherigen Konzepte und fügt Echtzeitdaten hinzu. Dadurch kann die höchste Effizienz der Transporte erreicht werden. Synchromodale Logistik kann als Vorstufe zum Physical Internet gesehen werden.

Physical Internet

Dieses Transportkonzept folgt in seiner Struktur dem Internet so wie wir es kennen: Güter werden wie Emails versendet. Das heißt, das Frachtgut wird adressiert, aber auf welchem Weg es den Empfänger erreicht, bestimmt das System selbst nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten in Echtzeit. Transportwege und -mittel werden also nicht mehr vom Versender entschieden – analog zum Versand einer Email, die ja auch ihren Weg durch das Netz findet, ohne dass vorher bekannt ist, welche Knotenpunkte sie passiert. Die Knotenpunkte im Physical Internet bilden die sogenannten Hubs (Englisch für Umschlagplatz, Dreh- und Angelpunkt). Dort werden Waren und Güter umgeschlagen, angeliefert und von dort können sie auch zum Endverbraucher gebracht werden. Des Weiteren können sich an diesen Hubs verschiedene Verkehrsmittel für den Güter- aber auch Personentransport kreuzen und Dienstleister ansiedeln.

Für einen reibungslosen Transport müssen Hubs, Transportverpackungen und Prozesse standardisiert werden. Alle sind mit dem Physical Internet vernetzt und kommunizieren autark miteinander. Menschliches Eingreifen ist in diesem System kaum noch notwendig.

Warenströme über Physical Internet
Der Transportweg entscheidet sich nach dem aktuellen Transportaufkommen und der vorhandenen Verkehrsmöglichkeiten. Bildrechte: MDR.DE

Fazit

Auf bisher unabsehbare Zeit wird es einen Verkehrsmix beim Gütertransport geben. Wichtig ist und bleibt dabei der Fokus auf klimafreundlicher Energieeffizienz und einer funktionierenden Verzahnung der verschiedenen Verkehrsmittel. Nur so können in Zukunft Güter nachhaltig zu Industrie und Verbraucher gebracht werden. Innovative Ansätze in Technik und Logistik sind zahlreich vorhanden – es scheint aber oft der politische Wille zu fehlen, alle Akteure an einen Tisch zu bringen und Pläne zu Netzplänen werden zu lassen.

MDR-Wirtschaftsredaktion

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Verkehr der Zukunft – Vorfahrt für's Klima? | 17. Mai 2022 | 20:00 Uhr

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