Arbeitszeitverkürzung Vier-Tage-Woche stößt in Mitteldeutschland auf Skepsis
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In Belgien gibt es das Recht auf eine Vier-Tage-Woche. Beschäftigte können einen zusätzlichen Tag freinehmen, wenn sie ihre Arbeit auch in vier Tagen schaffen. In Mitteldeutschland stößt das Modell auf Skepsis, nicht nur bei Unternehmern.

- Die Produktions- und Arbeitsprozesse sind auf fünf bis sieben Tage ausgelegt, weshalb eine Vier-Tage-Woche aus Sicht der Arbeitgeber schwierig wäre.
- Branchen wie die Gebäudereinigung verweisen auf Einsatzzeiten, die flexibel sind und sich am Kunden orientieren.
- DGB-Chef Markus Schlimbach sieht die Vier-Tage-Woche nicht als Alternative, da die Arbeitszeiten sich an den anderen Tagen verlängern würden.
Einfach die Arbeit statt in fünf nur in vier Tagen erledigen und dafür einen Tag frei. Das sieht Dr. Sigrun Trognitz, Geschäftsführerin beim Allgemeinen Arbeitgeberverband der Wirtschaft für Sachsen-Anhalt, kritisch. Aus Arbeitgebersicht sei das nicht so einfach: "Weil die Produktionsprozesse und Arbeitsprozesse zum Teil auf fünf, sechs oder sieben Tage ausgelegt sind. Somit müsste die Produktivität eines jeden Arbeitnehmers im gleichen Verhältnis steigen, um in kürzerer Zeit das gleiche Ergebnis zu erreichen."
Das sei nicht möglich, sagt Trognitz. Ein Unternehmer müsste bei einer Vier-Tage-Woche tatsächlich mehr Personal einstellen und das bedeute steigende Kosten und weniger Umsatz für die Unternehmen. "Im internationalen Wettbewerb ist das ein nicht zu unterschätzender Standortnachteil. Zumal bei dem derzeitigen Fachkräftemangel die notwendigen zusätzlichen Arbeitskräfte hier in Sachsen-Anhalt nicht zur Verfügung stehen." Außerdem sei eine Vier-Tage-Woche mit dem derzeitigen deutschen Arbeitszeitgesetz nicht vereinbar, sagt Trognitz.
Bestimmte Branchen sehen Vier-Tage-Woche kaum umsetzbar
Auch für Michael Kloss, Geschäftsführer des Leipziger Reinigungs, Sicherheits- und Personaldienstleisters Stölting ist pauschal eine Vier-Tage-Woche bei gleicher Stundenzahl und gleichem Lohn nicht denkbar.
Seine Firma müsse sich nach den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden richten: "Unsere Mitarbeiter arbeiten nicht bei uns in der Firma, sondern beim Kunden. Wir sind zum Beispiel davon abhängig, wie der Kunde gereinigt haben möchte: zweimal, dreimal oder fünfmal die Woche? Gebäudereinigung hört sich immer einfach an – Raketentechnik oder Atomphysik ist es nicht, aber es ist organisatorisch ein Heidenaufwand." Eine Vier-Tage-Woche sei deshalb aus Gründen der Flexibilität zumindest in seiner Branche nicht möglich.
Schlimbach: Vier-Tage-Woche sei Mogelpackung
Auch beim Deutschen Gewerkschaftsbund hält sich die Begeisterung über die geplante belgische Vier-Tage-Woche in Grenzen. Der sächsische DGB-Chef Markus Schlimbach sagt dazu: "Was in Belgien eingeführt wird, ist quasi ein Zehn-Stunden-Tag. Das sehen wir als Gewerkschaften nicht als eine Alternative. Wir sind für richtige Arbeitszeitverkürzungen und wir haben uns mit der 35-Stunden-Woche auf den Weg gemacht, diese Arbeitszeitverkürzungen zu machen."
Die Vier-Tage-Woche in Belgien ist laut Schlimbach eher eine Mogelpackung als eine wirkliche Arbeitszeitverkürzung. Insofern sei es auch für Sachsen kein mögliches Modell.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 18. Februar 2022 | 06:00 Uhr