Steigende Lebenshaltungskosten Bislang keine Zahlungsausfälle bei Krediten

29. September 2022, 13:39 Uhr

Viele Menschen haben es genutzt, dass die Zinsen für Konsumkredite lange Zeit niedrig waren und zahlen ihre Anschaffungen in Raten. Jetzt sind die Lebenshaltungskosten wie Strom, Gas und Lebensmittel massiv angestiegen und Ratenzahlungen können zum Problem werden. Bisher gibt es allerdings keine Zahlungsausfälle bei Konsumentenkrediten.

2020 haben die Deutschen Konsumkredite in Gesamthöhe von 235 Milliarden Euro aufgenommen. Das geht aus einer Befragung des Online-Portals Statista hervor. Ganz vorne bei den Anschaffungen liegt demnach das neue Auto oder Motorrad. Auch Möbel und Unterhaltungselektronik standen hoch im Kurs. Niedrige Zinsen machten die Konsumkredite für viele Menschen attraktiv.

Doch jetzt könnten sie zum Problem werden, sagt Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung: "Man hat neun oder zehn Prozent mehr an Kosten, bei den Lebensmitteln sind es fast 20 Prozent, bei Energiepreisen 40 bis 50 Prozent. Das heißt, dass viele Menschen sich die Ratenzahlung nicht mehr leisten können und kommen dann in eine Schieflage. Das ist die große Sorge."

Denn viele Menschen in Deutschland hätten kaum Rücklagen, sagt Fratzscher. 40 Prozent der Deutschen hätten keine nennenswerten privaten Ersparnisse: "Die können nicht sagen: Ich hab jetzt einen Konsumkredit aufgenommen, aber ich verdiene genug und kann genug sparen, sodass ich vielleicht auch was von den Rücklagen nehmen kann, um dann temporär die Kreditzahlungen zu leisten."

Zahlungsprobleme könnten mit Energieabrechnung kommen

Beim Bundesverband deutscher Banken sieht man bislang allerdings keine Welle von Menschen, die ihre Kredite nicht mehr tilgen könnten, sagt der Leiter der Abteilung Retailbanking und Verbraucherschutz, Dirk Stein: "Davon, dass durch einen einzelnen Konsumentenkredit der Kunde nicht mehr seine Ratenverpflichtungen zahlen kann durch die höheren Energiepreise, gehen wir jetzt erstmal nicht aus."

Dafür sei es aber vielleicht noch ein bisschen früh ist, gibt Stein zu: "Da viele ihre Energierechnung noch gar nicht bekommen haben und die erst Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres bekommen, ist dann erst absehbar, wie die finanziellen Verpflichtungen aussehen."

Ruhe vor dem Sturm

Auch die Verbraucherzentralen sehen bei ihren Schuldnerberatungen bisher keinen Anstieg von Problemen bei Kreditraten. Doch das sei womöglich nur eine Frage der Zeit, warnt Elke Neuendorf. Sie leitet die Schuldnerberatung der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt in Halle und spricht von einer Ruhe vor dem Sturm: "Wir erwarten schon, dass es in den nächsten Monaten, Wochen verstärkt dazu kommen wird, dass Leute ihre alltäglichen oder notwendigen Mietzahlungen und Energiekosten nicht mehr begleichen können und so dann an anderer Stelle sparen müssen und die Kredite dann nicht mehr bedienen können."

Diese Gefahr sieht auch Neuendorfs Kollegin Madlen Müller, Referentin für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Sachsen: "Wenn man dann vor einigen Monaten oder Jahren dort relativ eng planen musste, dass man eben diese monatlichen Raten zahlen kann, wird es zu einem massiven Problem, wenn die Lebenshaltungskosten steigen und dann der ein oder andere die monatliche Rate für den Autokredit – oder welchen Kredit – auch immer nicht mehr zahlen kann."

Betroffene sollten auf jeden Fall aktiv werden, rät Müller und sich rechtzeitig beraten lassen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. September 2022 | 06:00 Uhr

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