Karten zu Dialekten Bemme, Schnongs und Ärschel: So spricht man bei uns in Ostdeutschland

16. August 2022, 14:30 Uhr

In jeder ostdeutschen Region gibt es sprachliche Besonderheiten, "Bemme", "Schnongs" und "Ärschel". Wir haben die MDR-Nutzer zu ihrem Dialekt befragt. Wie nennt man bei ihnen belegte Brote oder süße Lutschpastillen? Aus den vielen Antworten haben wir Karten erstellt, welche die regionalen Besonderheiten in der Sprache Sachsens, Thüringens und Sachsen-Anhalts zeigen.

Dialekte erzeugen eine starke Heimatverbundenheit, denn einige Bezeichnungen für Nahrungsmittel oder alltägliche Gegenstände gibt es nur in bestimmten Regionen. So wird die "Stulle" beinahe ausschließlich im Norden Sachsen-Anhalts geschmiert, während man im Süden und in Sachsen "Bemmen" isst.

Die Bezeichnungen unterscheiden sich zum Teil sehr deutlich voneinander oder werden von anderen Regionen beeinflusst. So haben manche der Worte, die in Sachsen verwendet werden, sorbische oder slawische Ursprünge wie etwa die "Bemme". Ganz im Norden dagegen gibt es einen deutlichen platt- und niederdeutschen Einschlag.

Über die Daten

Über die Instagram-Kanäle von MDR SACHSEN-ANHALT, MDR SACHSEN und MDR THÜRINGEN haben wir unseren Nutzerinnen und Nutzern Bilder gezeigt und sie aufgefordert, uns zu schreiben, wie sie das Abgebildete nennen und wo sie aufgewachsen sind. Die Resonanz war mit mehr als 8.000 Rückmeldungen enorm. Aus den so gewonnenen Daten konnten wir "Sprach-Karten" erstellen und nun interpretieren.

Hier finden Sie den ersten Teil unserer Reihe:

Das Ende des Brotes

Der Anfang und das Ende des Brotes werden bei den Meisten eher verschmäht, dafür scheinen sie in der Sprache bevorzugt zu werden. Insgesamt 24 verschiedene Bezeichnungen haben MDR-Nutzer genannt, darunter Kuppe, Rindel oder Kniffde.

Doch betrachtet man die häufigsten Antworten, so ist Mitteldeutschland dreigeteilt: Im Westen sagt "Knützchen" (auch "Knüstchen" oder einfach "Knust"), der Süden und Osten ist dagegen beim "Renftel" (oder Ränftchen in Thüringen) und der Norden nennt das Ende des Brotes einfach "Kanten".

Etwas derber – und etwas humoristischer – ist man dagegen in der Region Chemnitz-Zwickau: Hier ist das Ende einfach das "Ärschel".

Sie wollen wissen, in welchen Orten genau welcher Begriff benutzt wird? Hier geht es zur interaktiven Karte.

Ein belegtes Brot

Vom Ende oder Anfang des Brotes hin zu seinem Mittelteil. Eine Scheibe Brot, belegt mit etwa Aufschnitt oder Käse, wird in Sachsen-Anhalt, vor allem in der Region um Magdeburg und in der Altmark, als "Stulle" bezeichnet. Das aus dem Niederdeutschen stammende Wort ist mindestens seit dem frühen 18. Jahrhundert in Deutschland gebräuchlich und schon bei den Gebrüdern Grimm zu finden. Experten vermuten, dass es sich von dem alten niederländischen Wort "stul" ableitet, was früher als "Stück" oder "Brocken" übersetzt wurde.

Das ebenfalls weit verbreitete Wort "Bemme" stammt dagegen nicht aus dem Norden, sondern laut Sprachforscher Klaus Müller vermutlich aus dem Obersorbischen.

Weitaus weniger kreativ, dafür aber sehr präzise und überall in Deutschland zu verstehen, ist die schlichte Bezeichnung (belegte) "Scheibe Brot", die in ganz Thüringen und im Süden Sachsens geläufig ist – interessanter Weise allerdings von keinem Befragten in Sachsen-Anhalt genannt wurde.

Sie wollen wissen, in welchen Orten genau welcher Begriff benutzt wird? Hier geht es zur interaktiven Karte.

Eine Lutschpastille

Süße Lutschpastillen werden vor allem als "Bonbons" bezeichnet, was sich aus dem französischen Wort "bon" für "gut" ableitet. Doch vor allem im Nordharz und in der Börde ist der Begriff "Bollchen" sehr weit verbreitet.

Im Gebiet Halle ist auch der Ausdruck "Schnongs" geläufig. Da er ähnlich wie "Bongs" klingt, das immerhin fünf Mal genannt wurde und dieser Ausdruck sich vom "Bonbon" ableitet, könnte hier eine Verwandtschaft bestehen.

Ebenfalls mehrfach genannt wurden "Malz" (4), "Moler", "Zuckerding" und "Zuckerle" mit jeweils zwei Nennungen.

Sie wollen wissen, in welchen Orten genau welcher Begriff benutzt wird? Hier geht es zur interaktiven Karte.

Die Schuhe für Zuhause

Bei Schuhen, die man zu Hause anzieht, scheint es keine Regeln zu geben. "Latschen", "Schlappen", "Pantoffeln" oder einfach "Hausschuhe" – alles scheint überall vertreten zu sein und regionale Besonderheiten lassen sich in der Karte kaum erkennen.

Ebenfalls mehrfach genannt wurden "Puschen" (18), "Bodden" (2) und Socken (5).

Sie wollen wissen, in welchen Orten genau welcher Begriff benutzt wird? Hier geht es zur interaktiven Karte.

Hier ist man beim Fangenspielen in Sicherheit

Wenn Kinder Fangen spielen, gibt es häufig Bereiche, in denen die Gejagten sicher sind. Wir wollten wissen, wie diese Bereiche genannt werden.

Besonders in Sachsen-Anhalt und Thüringen verbreitet ist der Begriff "im Haus". Ist ein Kind "im Haus", ist es also vor den Fängern sicher. Deutlich seltener genannt, dafür in allen drei Bundesländern bekannt, ist der Begriff "frei".

Eine nordost-sächsische Besonderheit scheint der Begriff "Zick" zu sein. Er ist vor allem in den Landkreisen Bautzen, Görlitz und Meißen sowie in der Landeshauptstadt Dresden verbreitet.

Im Süden Sachsen-Anhalts sowie im Westen Sachsens wurde zudem "im C" genannt (7). Auch "Außen" wurde sechs Mal erwähnt.

Sie wollen wissen, in welchen Orten genau welcher Begriff benutzt wird? Hier geht es zur interaktiven Karte.

Mehr zum Thema: Dialekte und Mundart

MDR (Max Schörm) | Erstmals veröffentlicht am 14.08.2022

11 Kommentare

Freies Moria am 15.08.2022

@Alte Liebe MD: Bei uns auch, aber es bleibt die Frage, spricht man dann zuhause Dialekt oder doch eher Hochdeutsch?
Bei uns auf dem Dorf ist es durchweg Hochdeutsch, klanglich lokal eingefärbt und mit vielen Spezialwörtern gespickt, die im nächsten Dorf schon anders lauten.
Dialekt gab es vor 25 Jahren, in der damaligen Generation 80+. Da konnte ich als Zugezogener erst nach 2-3 Jahren ungefähr verstehen was geredet wurde weil jedes Wort Dialekt oder stark verfärbt war.

Bruder Wachturm am 15.08.2022

Der eine findet dies interessant, der andere jenes.
Ich für meinen Teil habe nie verstanden warum der Gebührenzahler Profifußballvereinen künstlich Reichweite durch Berichterstattung verschaffen muss.

Kurt Tucholsky am 14.08.2022

Ich lehne mich jetzt mal aus den Fenster. Nehmen wir mal an es waren 3 Mitarbeiter beschäfftigt, welche 2 Tage damit beschäftigt waren. Und nehmen wir mal an, diese bekommen ein Gehalt von 2500 € brutto im Monat bei rund 20 Arbeitstagen. Dann wären das (3 Mitarbeiter*2500 €/20 theoretische Arbeitstage*2 angenomme Arbeitstage) 750 € Arbeitskosten, dazu kommen natürlich noch die anteiligen Fix- und variablen Kosten (Miete,Strom,etc.)des MDR und die Nebenkosten des AG's zur Sozialversicherung. Die Umfrage selber wird nichts gekostet haben, weil Instagram. Also gehen sie mal von unter 2000 € aus.

Ich finde diese Daten viel wertvoller, als z. B. Fussballergebnisse. Trotzdem würde ich nicht fordern, dass das ÖR auf Fussball verzichten sollte, nur weil ich Fussball für vollkommen überbewertet halte und die Kommerzialisierung total ablehne und theoretisch jeder, den es interessiert, selber nach den Ergebnissen googeln könnte. Gehört halt zum ÖR Bildungsauftrag dazu. Auch Heimatkunde.

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