Schlachter bearbeitet Schweinehälften
Kommt nach der Energiekrise jetzt die Fleischkrise? Die Fleischindustrie befürchtet Produktionsausfälle. Bildrechte: IMAGO

Fleischindustrie Tierhalter schlagen Alarm: Nach der Energiekrise könnte es eine Fleischkrise geben

18. November 2022, 10:13 Uhr

Die Fleischindustrie blickt mit Sorgen auf die nächsten Monate, denn immer mehr Tierhalter sehen sich gezwungen, ihre Produktion zurückzufahren, manche müssen ganz schließen. Ein Grund dafür ist die Energiekrise. Doch die allein hat die Lage nicht verschärft. Könnten Fleisch und Wurst im Handel knapp werden?

In Lengenfeld im Vogtland betreibt Markus Blömer seit acht Jahren einen Schlachtbetrieb. Zu seinen Kunden gehören Tierhalter und Fleischereien. Sein jährlicher Umsatz liegt bei rund 550.000 Euro. Das jedoch könnte sich in den nächsten Monaten ändern, sagt Blömer, denn: "Von den Ferkelproduzenten bei uns in der Region haben einige aufgehört. Und wenn es bei den Ferkeln fehlt, geht es dann weiter bei den Mästern und irgendwann fehlt der Rohstoff."

Der Grund seien die hohen Kosten bei Energie und Futter für Mastbetriebe, erklärt Blömer. In der Folge sei es schwer, Fleischprodukte so herzustellen, dass es für den Verbraucher noch zu bezahlen ist.

Steigende Energiekosten für Schlachtbetriebe

Schlachtbetriebe brauchen viel Energie und Markus Blömer rechnet im neuen Jahr mit weiter steigenden Energiekosten. Einige Tiermäster, bei denen Blömer einkauft, können die Kosten schon jetzt kaum noch schultern. Deshalb zahlt er ihnen mehr als branchenüblich, er will sie nicht als Kunden verlieren. Derzeit würde sein Betrieb schon 30 Cent mehr zahlen, als den Basispreis ist.

"Ansonsten würden unsere Mastbetriebe, von denen wir die Schweine beziehen, die hier in der Region sind, schon gar nicht mehr existieren", sagt Blömer. "Wir unterstützen da unsere Zulieferer, ansonsten würden sie ihre Futtermittel und anderen Ausgaben gar nicht mehr tragen können."

Wir unterstützen da unsere Zulieferer.

Markus Blömer Betreiber eines Schlachtbetriebs

Die Probleme betreffen vor allem die Schweinemast. Schon seit Jahren gäbe es in Sachsen eine Unterversorgung. Das heißt, zu wenige regionale Tierhalter, sagt Juliane Streubel vom sächsischen Bauernverband. Hinzu kämen jetzt noch die enorm gestiegenen Kosten: "Die erhöhten Energiepreise wirken sich im Endeffekt darauf aus, dass die Betriebe stärker kalkulieren müssen, ob sich das Einstallen von Tieren überhaupt noch lohnt. Zum zweiten hat es natürlich auch Auswirkungen auf die Futtermittelproduktion, die sehr energieintensiv ist, dann kommt's zu Kostensteigerungen, die sie irgendwie am Markt zurückbekommen müssen."

Preise für Fleisch und Wurst könnten um bis zu 40 Prozent steigen

Der Verband der Fleischwirtschaft rechnet in den nächsten Monaten damit, dass die Preise für Fleisch und Wurstwaren um 20 bis 40 Prozent steigen. Besonders Schweinefleisch könnte knapp werden, sagt Verbandsvorstand Hubert Kelliger: "Ausschlaggebend ist da nicht nur die Energiekrise, sondern insgesamt eine tiefe Verunsicherung in der Landwirtschaft."

Die Landwirte würden seit Jahren viel Kritik aus Politik erfahren, aber keine Unterstützung. "Unterstützung wäre, dass man ihnen sagt, wie sollen wir jetzt investieren, wie groß sollen die Ställe sein, wie groß sollen die Buchten sein und wie soll das finanziert werden", sagt Kelliger. Bevor das aus der Politik nicht klar vorgegeben würde, würden Schweinebauern auch nicht weiter Ställe bauen.

Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung essen nach wie vor über 90 Prozent der Deutschen Fleisch, während der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die Tierhaltung um 50 Prozent reduzieren will. Verbandsvorstand Kelliger sagt, die Fleischbranche werde so gezwungen, immer mehr zu importieren – ein Teufelskreis.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. November 2022 | 06:00 Uhr

Mehr aus Wirtschaft

Mehr aus Deutschland

Hängeregister mit dem Reiter Patente 4 min
Bildrechte: IMAGO/Steinach
Eine Kinderärztin untersucht einen kleinen Jungen in einer Klinik. Bei den regelmäßigen Früherkennungsuntersuchungen (U1-U9) sprechen Ärzte mit den Eltern auch über anstehende Impfungen. 4 min
Bildrechte: imago images / MITO
Dipl. Meteorologin Michaela Koschak 2 min
Dipl. Meteorologin Michaela Koschak Bildrechte: mdr
2 min 16.04.2024 | 12:04 Uhr

Meteorologin Michaela Koschak klärt zum Wetter im April auf: Wieviel davon gehört zum Klimawandel? Und was ist mit dem Garten?

Di 16.04.2024 11:45Uhr 02:12 min

https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/panorama/video-drei-fragen-april-wetter100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video