Radfahrer fahren auf dem Radweg neben Lkws
Bildrechte: imago/Frank Sorge

mdrFRAGT - Das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland Drei Viertel der Mitteldeutschen gegen Kaufprämie

28. Mai 2020, 05:00 Uhr

Um die wirtschaftlichen Einbrüche der Automobilhersteller durch Corona abzufedern, wird derzeit über eine neue Kaufprämie für Neuwagen diskutiert. Die aktuelle Befragung des Meinungsbarometers mdrFRAGT zeigt: Der Großteil der Menschen in Mitteldeutschland ist dagegen. Geändert hat sich durch die Pandemie die tägliche Nutzung von Verkehrsmitteln. Fast jeder Vierte fährt derzeit weniger mit dem öffentlichen Nahverkehr als vor der Krise - oft aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus.

Autoindustrie und Zulieferer drängen darauf, aber die Diskussion über eine neue "Abwrackprämie" ist noch nicht entschieden. Für die mdrFRAGT-Gemeinschaft ist der Fall recht klar: Eine deutliche Mehrheit von 75 Prozent der Befragten hält die Kaufprämie als politische Maßnahme und Kaufanreiz für falsch. Das hat die aktuelle Befragung des Meinungsbarometers ergeben. Die Gründe der Teilnehmer sind verschieden:

Wenn jetzt wieder Autokaufprämien bereit gestellt werden, profitieren doch genau nur die Leute, die sich sowieso ein neues Auto leisten können. Diejenigen mit kleinem Gehalt haben wieder nichts davon, weil sie maximal - wenn überhaupt - Gebrauchtwagen kaufen bzw. ihr altes Auto mangels Geld weiter fahren müssen.

Befragungsteilnehmerin aus Sachsen

Anstatt Kaufprämie für Autos braucht es eine BahnCard 50 für alle, auch alle Busse und U-Bahnen.

Befragungsteilnehmer aus Thüringen

Eine Kaufprämie für Fahrräder bzw. Pedelecs fände ich sinnvoller als eine Prämie auf Autos. Zwar hängen an der Autoindustrie viele Jobs, trotzdem muss sich auch diese Branche mit den klimatischen Veränderungen auseinandersetzen. ÖPNV und Fahrradverkehr haben eine deutlich schwächere Lobby und gehören berücksichtigt und gefördert!

Befragungsteilnehmerin aus Sachsen-Anhalt

Richtig finden die Kaufprämie nur 13 Prozent der Befragten. Noch mehr Teilnehmer geben an, dass eine Kaufprämie für sie persönlich kein Anreiz wäre, ein neues Auto zu kaufen: 83 Prozent der Befragten sagen, eine Kaufprämie wäre für sie kein Kaufanreiz. Lediglich 12 Prozent fänden die Kaufprämie attraktiv für die eigene Kaufentscheidung.

Kaufprämie: Keine Vorteile für alternative Antriebe gewünscht

Diejenigen, die für eine Kaufprämie sind, würden entweder eine Kaufprämie für Autos deutscher Hersteller oder von allen Autos, unabhängig von Herkunft des Herstellers und Antriebsform, bevorzugen. Für beide Möglichkeiten können sich jeweils rund 40 Prozent der Befragten erwärmen. Autos mit alternativen Antrieben egal welcher Herkunft würden nur 13 Prozent bezuschussen wollen, Autos von deutschen Herstellern mit alternativen Antrieben sogar nur 7 Prozent.

Wenn Kaufprämie, dann für…
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Mitteldeutsche halten an traditionellen Antriebsmodellen fest

Generell ist die Bereitschaft, auf alternative Antriebsmodelle zu setzen, bei den Befragten sehr gering: Nur 3 Prozent würden sich beim nächsten Autokauf für ein E-Auto entscheiden, 6 Prozent für einen wasserstoffbetriebenes und 13 % für ein Hybrid-Modell. Am beliebtesten sind die traditionellen Antriebsformen: Mehr als ein Drittel (39 %) würde sich für einen Benziner und fast jeder Fünfte (17 %) für einen Diesel entscheiden.

Für welche Antriebsart würden Sie sich aktuell bei einer Neuanschaffung entscheiden?
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Corona hat Wahl der Verkehrsmittel geringfügig beeinflusst

Die Befragten nutzen die Verkehrsmittel anders, seitdem die Coronakrise begonnen hat. So gehen nun mehr Menschen zu Fuß (14 %) oder nutzen das Fahrrad (12 %) als vor Corona. Das eigene Auto wird von jedem zehnten Befragten (10 %) mehr genutzt. Gut jeder Fünfte gibt dagegen an, den öffentlichen Nahverkehr und den Fernverkehr der Bahn weniger zu nutzen als vor dem Beginn der Coronazeit. Für sehr viele der Befragten hat sich die Nutzung der Verkehrsmittel jedoch nicht geändert.

Veränderte Nutzung von Verkehrsmitteln durch Corona
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Angst vor Ansteckung Hauptgrund für Meidung des ÖPNVs

Ein Mann sitzt auf dem Weg zur Arbeit in einer Straßenbahn und trägt einen Mundschutz.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Wir haben diejenigen, die angegeben haben, den öffentlichen Nahverkehr nun weniger zu nutzen, nach ihren Gründen gefragt. Der Hauptgrund ist die Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus: Fast zwei Drittel der (60 %) nutzen den ÖPNV weniger, um die Ansteckungsgefahr für sich selbst zu verringern. Fast die Hälfte (45 %) gibt außerdem an, dass sie derzeit mehr zu Hause und weniger unterwegs sind. Mehr als ein Viertel der Befragten (28 %) möchte im ÖPNV keine Schutzmasken tragen und verzichtet daher auf Bus und Bahn. Jeder Vierte (25 %) hat zudem angegeben, dass die Verbindungen seit Beginn der Coronakrise ausgedünnt wurden.

Corona-Regeln in Bus und Bahn werden unterschiedlich eingeschätzt

Mundschutz tragen und Abstand halten: Diese beiden Regeln bestimmen derzeit die Fahrt mit Bussen, Straßen- und S-Bahnen. Fast die Hälfte (41 %) fühlt sich durch die Mundschutzpflicht ausreichend geschützt. Allerdings gibt es auch 41 Prozent, die das nicht einschätzen können oder nichts zu diesem Aspekt sagen wollten. Dass es möglich ist, im ÖPNV den notwendigen Abstand zu halten, glaubt nur gut jeder Fünfte der Befragten (22 %). Die Mehrheit (58 %) glaubt nicht, dass die Abstandsregeln eingehalten werden können.

Über die Befragung In einer Befragung vom 21. bis zum 25. Mai 2020 wollten wir von den mdrFRAGT-Teilnehmerinnen und Teilnehmern wissen: "Mobilität der Zukunft - Wandel oder Weiter so?"
An der Befragung haben 16.278 Menschen teilgenommen. Insgesamt sind mittlerweile 27.260 registrierte Mitglieder aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Teil der mdrFRAGT-Gemeinschaft.

52 Prozent der Befragten kommen aus Sachsen, 24 Prozent aus Sachsen-Anhalt und 24 Prozent aus Thüringen. Das entspricht in etwa der Verteilung der Einwohner in den drei Bundesländern.

56 Prozent der Befragten sind männlich und 44 Prozent weiblich.

Die Teilnehmer verteilen sich auf folgende Altersgruppen:
377 Menschen sind zwischen 16 und 30 Jahre alt,
3.110 zwischen 31 und 50 Jahren,
6.676 zwischen 51 und 64 Jahren und
6.115 Teilnehmer sind 65 Jahre und älter.

Die Befragungen sind nicht repräsentativ, aber sie werden nach statistischen Merkmalen wie Geschlecht, Bildung und Beruf gewichtet. Die Gewichtung ist eine Methode aus der Wissenschaft bei der es darum geht, die Befragungsergebnisse an die real existierenden Bedingungen anzupassen. Konkret heißt das, dass wir die Daten der Befragungsteilnehmer mit den statistischen Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgleichen.

Wenn also beispielsweise mehr Männer als Frauen abstimmen, werden die Antworten der Männer weniger stark, die Antworten der Frauen stärker gewichtet. Die Antworten verteilen sich dann am Ende so, wie es der tatsächlichen Verteilung von Männern und Frauen in der Bevölkerung Mitteldeutschlands entspricht.

Dabei unterstützt ein wissenschaftlicher Beirat das Team von "mdrFRAGT". Mit dem MDR Meinungsbarometer soll ein möglichst breites Stimmungsbild der Menschen in Mitteldeutschland eingefangen werden – mit möglichst vielen Teilnehmenden.

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | Thüringenjournal | 27. Mai 2020 | 19:00 Uhr