Ultramarathon: 1.200 Kilometer für mehr Wohlstand auf dem Balkan

25. Mai 2019, 06:00 Uhr

Der Mann hat Puste. Krassimir "Krasse" Georgiew lief in 16 Tagen 1.200 Kilometer, um Werbung für ein Infrastrukturprojekt zu machen. Eine erstaunliche Leistung, wenn man bedenkt, dass der Bulgare einst übergewichtig, alkohol- und drogenabhängig war. Gestartet war der "krasse" Krassimir am 8. Mai in der bulgarischen Schwarzmeerstadt Warna. Am 23. Mai erreichte er die albanische Hafenstadt Durrës an der Adria. Auf seiner Facebook-Seite laufen Gratulationen ein: "Gut gemacht! Heldenhaft.", "Maschine", "Bestie" und "Du bist nicht von diesem Planeten" heißt es dort anerkennend.

Krasse Georgiew läuft
Laufen für mehr Wohlstand auf dem Südbalkan: Krassimir "Krasse" Georgiew kurz vor dem Start zum 1.200-Kilometer-Lauf. Bildrechte: Facebook Krasse Georgiew

Ein bisschen wie Forrest Gump

"Lauf Forrest, lauf!" Zugegeben, mit Forrest Gump, der im gleichnamigen Hollywood-Klassiker jahrelang durch die USA trabt, kann Krassimir "Krasse" Georgiew nicht mithalten. Täglich in zehn Stunden zwischen 80 und 100 Kilometer zu joggen, ist allerdings auch nicht ohne. Georgiew lief alleine, wurde aber immer wieder kurz begleitet: von Sportlern, Botschaftern und Bürgermeistern einiger Städte auf der Strecke. Um bei Kräften zu bleiben, aß "Krasse" unterwegs Eier, Gemüse und viel Fleisch. Ein Physiotherapeut sorgte dafür, dass die Muskeln des Dauerläufers geschmeidig blieben. Die 20.000 Euro für die Aktion wurden aus privaten Spenden finanziert.  

Korridor 8: Mehr Wohlstand für den Südbalkan

Krassimir "Krasse" Georgiew hatte die Strecke nicht ohne Grund gewählt. Denn dort sollen demnächst Fernstraßen und Bahnstrecken gebaut und ausgebaut werden. Gemeinsam mit Flughäfen soll der paneuropäische Verkehrskorridor als West-Ost-Achse im südlichen Balkan albanische Adriahäfen mit dem Schwarzen Meer verbinden. Er führt auf einer Strecke von rund 1.200 Kilometern durch Albanien, Nord-Mazedonien und Bulgarien. "Korridor 8", wie das Projekt genannt wird, soll für Wirtschaftswachstum in der Region und so für mehr Wohlstand sorgen. Die Idee für "Korridor 8" war auf dem Westbalkan-Gipfel der EU im Mai 2018 in Sofia entstanden. Geschätzte Kosten: 78 Millionen Euro. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung hat bislang 30 Millionen Euro investiert. Doch bis der Verkehr im "Korridor 8" tatsächlich fließt, wird es wohl noch dauern. Denn während Straßen und Schienenwege in Bulgarien schon gut ausgebaut sind, bleibt in Nord-Mazedonien und Albanien noch viel zu tun.

Ultramarathon Bulgarien
Seit sieben Tagen unterwegs und mittlerweile in Nordmazedonien: Georgiew mit Begleitern und Reporterin. Bildrechte: Facebook Krasse Georgiew

Partys, Drogen, Zusammenbrüche: Der krasse Krassimir

Die Idee, dem ehrgeizigen Projekt Schwung durch einen Ultramarathon zu verleihen, hatte der bulgarische Europa-Abgeordnete Andrej Kowatschew, den richtigen Mann dafür hatte er mit "Krasse" auch. "Auch wenn Du durch die Hölle gehst, mach weiter", hat sich der 44-Jährige seinen linken Arm tätowieren lassen. Ein Satz, der sein Leben perfekt beschreibt. Denn der bärtige Bulgare hat einiges hinter sich. Nach einigen Semestern Psychologiestudium in Sofia war Georgiew 22-jährig nach London gegangen, um dort Hypnose zu lernen. Doch er genoss lieber das Nachtleben: Partys, Rauchen, Trinken, Drogen. Zweimal sei er nach einer Überdosis Kokain in Ohnmacht gefallen, erzählt er. Danach lebte der "krasse" Krassimir obdachlos am Strand im südenglischen Brighton und ernährte sich aus Mülleimern, arbeitete später für eine Organisation, die sich um Opfer von Gewalt kümmert und landete schließlich als Geschirrspüler in einem französischen Restaurant. Die harten Arbeitstage dort habe er nur unter Drogen überstanden.

Die eine Sucht mit der anderen kuriert

Übergewichtig, drogen- und alkoholabhängig, beschloss Krassimir Georgiew mit 30 Jahren sein Leben zu ändern. Er wurde clean, trainierte im Fitnessstudio und nahm in drei Monaten 25 Kilo ab. Und brachte sich schnell wieder in Abhängigkeit: Seit 15 Jahren läuft Georgiew und ist nach eigenen Angaben inzwischen marathonsüchtig. 60 Marathon- und 30 Ultramarathonläufe hat er mittlerweile bestritten: Er lief vom Nordpolarkreis bis zur Sahara und vom brasilianischen Dschungel bis zum Tal des Todes in den USA. Für sein extremes Hobby gibt der inzwischen gelernte Koch sein ganzes Geld aus. Bevor er 2017 in seine Heimat zurückkehrte, war er dort völlig unbekannt. Das hat sich geändert. Inzwischen kennt man den Krassimir "Krasse" Georgiew in ganz Bulgarien. Sein jüngstes Vorhaben ist die Gründung einer Sportakademie für Kinder. Sport statt Alkohol – die Kinder sollen seine Fehler nicht wiederholen.

(voq/ep)


Über dieses Thema berichtete der MDR auch in der HIO-Reportage "Armenhaus Bulgarien": 25.05.2019 | 18:00 Uhr

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