Rumänien - Naturwunder Donaudelta
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"Wer ins Delta fährt, fährt ins Vergessen", heißt es in einem alten Sprichwort der Donaufischer. Doch es ist andersherum. Wer einmal dort war, den lässt die nur schwer fassbare Wasserwildnis nie wieder los.

Mit mehr als 7 000 Kubikmetern Wasser pro Sekunde strömt die Donau auf das Schwarze Meer zu. Jahrhunderte lang trieb sie dabei Schwemmland vor sich her und schuf ihr Delta – ein unermessliches Labyrinth aus kleinen Flüssen, Wasserläufen, Gräben, Sümpfen, Schilfauen, Sandbänken, Inseln und Seen.
Eine Welt, die sich ständig erneuert
Das Donaudelta ist eine eigene Welt, die sich ständig bewegt, verändert, erneuert und immer noch wächst - etwa 40 bis 50 Meter pro Jahr Richtung Osten. Sulina ist die einzige Stadt im Delta und der östlichste Hafen Europas. Mitten drin steht ein alter Leuchtturm. An seiner Stelle war früher Kilometer Null der Donau, dann kam das Meer. Heute findet man den Strand etwa 7 km weiter. Bis 1968 blieb das Donaudelta ursprünglich und beinahe unberührt, hatte wenige Besucher, kaum Touristen.
Nur knapp der Vernichtung entgangen
In einem Großprojekt der Regierung Ceauşescus sollte es wirtschaftlich erschlossen und damit vernichtet werden. Geplant waren vor allem Ackerland und Industrieräume. Zu diesen Zwecken begann man große Areale des Deltas trocken zu legen. Dass der Plan nur teilweise realisiert werden konnte, ist der Revolution 1989 zu verdanken. Kurz darauf erklärte die rumänische Regierung das Delta zum geschützten Biosphärenreservat und auch die UNESCO nahm es in ihre Liste der Weltnaturerbe auf. Viele der trockengelegten Flächen wurden mittlerweile renaturiert.
Nur übers Wasser erreichbar
Das Delta teilt sich in drei große Flussarme: im Norden der Chilia-Kanal – teilweise Grenzfluss zwischen Rumänien und der Ukraine, im Süden der Kanal Sfântu Gheorghe und in der Mitte die Hauptverkehrsader, der Sulina-Kanal. Er ist begradigt und als einziger auch für große Schiffe befahrbar. Überhaupt ist das Donaudelta an kein Straßennetz angeschlossen. Sulina und die über zwanzig kleinen Siedlungen und Dörfer sind nur über Wasserwege zu erreichen.
Touristenboom im Sommer
Mittlerweile zieht das Delta tausende Touristen an. Im Sommer. Täglich fahren Linien- und Kreuzfahrtschiffe, Tragflügel- und Motorboote durch die Kanäle, die Ruderer und Kanuten auch durch die entlegensten. Vor allem der Angeltourismus boomt. Im Spätsommer trifft man auf ganze Heerscharen von Hightech-Fischern im Camouflage-Outfit. Ebenso beliebt ist das Delta bei den Hobby-Ornithologen. Sie kommen bei über 300 verschiedenen Vogelarten, darunter solch außergewöhnliche wie Kraußkopf- und Rosapelikan, voll auf ihre Kosten.
Eine Region der Extreme
Den einheimischen Fischern, die von Armut, Arbeitslosigkeit und Abwanderung betroffen sind, bringt das wenig. Die meisten Touristen verweilen nur ein paar Stunden im Delta, oder wohnen in Hausbooten und schwimmenden Hotels. Sie sind auch nur im Sommer da, wenn beinahe tropisches Klima herrscht. Was sich ihnen als wundervolles Naturidyll zeigt, entpuppt sich im Alltag der Deltabewohner als Extrem. Vor allem im Winter. Die Temperaturen sinken bis auf 25 Grad unter null. Dann erstarrt das Delta zu Eis mit bis zu einem Meter Dicke. Viele Dörfer sind dann regelrecht von der Außenwelt abgeschnitten, die Menschen auf sich allein gestellt.
Rumänien, die EU und die Verwaltung des Biosphärenreservats Donaudelta haben Projekte ins Leben gerufen mit dem Ziel eines mit dem Naturschutz im Einklang stehenden behutsamen Tourismus und der damit verbundenen wirtschaftlichen Entwicklung der Region – so steht es zumindest schon auf Papier.
Über dieses Thema berichtet der MDR auch im TV: Heute im Osten - Reportage | 15.07.2017 | 18:00 Uhr