Abgeholzter Wald in Rumänien
Förster fühlen sich in ihren Wäldern nicht mehr sicher. Schuld sind Holzdiebe, die immer skrupelloser gegen die Waldarbeiter vorgehen. Bildrechte: imago/Nature Picture Library

Holzmafia in Rumänien Holzdiebe ermorden Förster

04. November 2019, 05:00 Uhr

Bei der illegalen Abholzung von Rumäniens Wäldern wird die Holzmafia immer brutaler: Ein junger Förster wurde ermordet und er ist nicht das einzige Todesopfer.

Binnen weniger Wochen sind in Rumänien zwei Förster der staatlichen Forstverwaltung ermordet worden. Am 17. Oktober wurde Liviu Pop mit einem Gewehr erschossen als er durch ein Waldstück im nordrumänischen Kreis Maramures patrouillierte. Mitte September fiel ein Förster im ostrumänischen Pascani Holzdieben zum Opfer. Er hatte sie auf frischer Tat beim illegalen Holzschlagen ertappt und wurde mit einer Axt in den Schädel geschlagen. Die Polizei ermittelt.

Und es sind keine Einzelfälle von Gewalt gegen Waldarbeiter: Allein sechs Morde und mehr als 600 Fälle von Übergriffen wurden in den vergangenen Jahren registriert. Sie zeugen davon, wie skrupellos das Holzgeschäft in Rumänien selbst in Naturschutzgebieten vorangeschritten ist.

Rumäniens Wälder gelten als grüne Lunge der EU

Zwei Drittel der noch verbliebenen Urwälder Europas liegen in Rumänien. Das Land ist so etwas wie die grüne Lunge der EU: Doch seit Jahren werden die Schutzgebiete illegal abgeholzt. Denn das Geschäft mit Holz boomt. Die Holzdiebe bedrohen den Bestand und gehen dabei immer skrupelloser gegen Waldarbeiter und Umweltaktivisten vor.

Diese demonstrierten nun zum wiederholten Mal in der rumänischen Hauptstadt Bukarest für mehr Sicherheit bei ihrer Arbeit. Sie werden dabei von der Forstgewerkschaft unterstützt, die sogar eine obligatorische Ausstattung mit Dienstbewaffnung fordert.

Greenpeace Aktivisten am Rande eines abgeholzten Waldes in Rumänien
Greenpeace prangert schon seit Jahren die illegale Abholzung von Rumäniens Wäldern an. Bildrechte: imago/argum

Illegale Abholzung

Die Förster und Umweltaktivisten schützen Wälder, die längst vielerorts von Holzdieben ausgebeutet werden. Laut Greenpeace schreitet das Baumsterben trotz offizieller Bekenntnisse zu mehr Waldschutz dramatisch voran: Es werden mittlerweile rund 100 Fälle von illegalem Einschlag pro Tag registriert. Dennoch gibt es laut Greenpeace kaum Kontrollen, und selbst wenn ein Verstoß aufgedeckt wird, fallen die Strafen gering aus. "Ausländische Unternehmen wie der österreichische Konzern Schweighofer, der größte Nadelholzverarbeiter in Rumänien, werden immer wieder mit illegaler Abholzung in Verbindung gebracht, beispielsweise durch Investigativrecherchen der amerikanischen Umweltschutzorganisation EIA", heißt es auf der Internetseite von Greenpeace.

Milliardenmarkt Holzproduktion

Die Ursachen für den Raubbau liegen laut "EuroNatur"-Geschäftsführer Schwaderer zum Teil außerhalb Rumäniens. Holzprodukte sind in Europa sehr gefragt, der Preiskampf ist immens und die Lieferströme innerhalb des Kontinents extrem vernetzt: "Wenn Sie bei Ikea ein Regal aus Fichte kaufen, kann das aus einem rumänischen Bergfichtenurwald stammen. Auch andere Möbel, Bleistifte oder die in Deutschland zunehmend genutzten Holzpellets für Öfen können aus Holz gefertigt sein, das aus den letzten Urwäldern Europas stammt."

Um genau das zu verhindern, gibt es genügend Gesetze, erklärt Schaderer: "Die Wälder sind alle einheitlich durch europäisches Recht und das rumänische Waldgesetz geschützt. Aber die Durchsetzung funktioniert nicht." Denn die zuständige rumänische Forstbehörde "Romsilva" kontrolliert die Wälder nicht konsequent, werfen ihr Umweltschutzorganisationen wie "EuroNatur" vor - oder sie erteilen die Genehmigungen gleich selbst. "Es gibt innerhalb von Romsilva durchsetzungsstarke Kräfte, die den Urwaldschutz aushebeln", kritisiert "EuroNatur"-Geschäftsführer Schaderer.

Forderungen an die EU

Die EuroNatur Stiftung hat im September mit anderen Naturschutzorganisationen eine EU-Beschwerde über systematische Verstöße des rumänischen Staates gegen EU-Rechtsvorschriften im Forstsektor eingereicht. Darin fordern sie die EU und Rumänien auf, "dringend Maßnahmen zu ergreifen, um dieses 'europäische Äquivalent des Amazonas-Waldes' zu retten".

Auch andere Bürgerbewegungen wie wemove.eu halten die Zustände nicht mehr für tragbar. Eine Petition von "wemove.eu" fordert die EU-Kommission auf, die Ermordung von Liviu Pop zum Anlass zu nehmen, Korruption sowie illegale Abholzung einzudämmen und die Sicherheit von Waldarbeitern und Aktivisten zu gewährleisten. Von 75.000 benötigten Unterschriften kamen in kürzester Zeit bereits mehr als 50.000 zusammen.

(adg)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL FERNSEHEN | 25. Juni 2018 | 17:00 Uhr

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