Russland Der kälteste Schulweg der Welt im sibirischen Oimjakon

18. Januar 2021, 12:35 Uhr

Minus 67,8 Grad wurden im sibirischen Oimjakon schon gemessen. Eisiger wird es in keiner bewohnten Siedlung auf der Erde. Die Kinder hier haben den definitiv kältesten Schulweg der Welt.

Drei Kinder warten auf den Schulbus, im Schnee.
Warten auf den Schulbus: Kinder im sibirischen Oimjako Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM

Ein früher Wintermorgen in Oimjakon, einem Dorf mit knapp 500 Einwohnern in Sibirien. In der Küche ihres Holzhauses taut Irina Tarik einen Eisblock aus dem Inigirka-Fluss auf, damit sich ihr 8-jähriger Sohn Aljoscha waschen kann, bevor er in die Schule geht. Fließendes Wasser gibt es in Oimjakon nicht. Nach dem Frühstück zieht sich Aljoscha für den Weg zur Schule an. Eingepackt in sechs Schichten macht er sich schließlich auf den Weg. Er muss sich beeilen, denn das Thermometer zeigt minus 40 Grad an. Mehr als eine Stunde darf sich Aljoscha nicht im Freien aufhalten. Und die Schule befindet sich im Nachbardorf.

Niedrigste Temperatur aller bewohnten Gebiete der Erde

Oimjakon liegt im fernen Osten Russlands, etwa 700 Kilometer nordöstlich der sibirischen Metropole Jakutsk, und gilt als der kälteste bewohnte Ort der Erde. Obwohl immerhin noch 2.900 Kilometer vom Nordpol entfernt, wurden hier bereits minus 67,8 Grad gemessen. Kälter ist es noch in keiner anderen menschlichen Ansiedlung gewesen. Die Durchschnittstemperatur in Oimjakon liegt im Winter bei etwa minus 45 Grad.

Nacht in Sibirien
Nacht in Oimjakon Bildrechte: MDR/Maximus Film

Vergessener Flughafen in Oimjakon

Viel zu sehen gibt es in Oimjakon natürlich nicht. Eine Attraktion aber besitzt das Dorf mit den arktischen Temperaturen doch. Am Dorfrand befindet sich ein kleiner Flughafen, der seit Jahrzehnten nicht mehr in Betrieb ist. Während des Zweiten Weltkriegs spielte er eine bedeutende Rolle. Der Flughafen in Oimjakon war nämlich Teil der ALSIB genannten Route, auf der die USA der Sowjetunion Tausende Flugzeuge für den Krieg gegen Hitlerdeutschland zur Verfügung stellte. Die Flugzeuge starteten in Alaska und mussten auf ihrem Weg nach Moskau Zwischenstopps einlegen, um Treibstoff zu tanken. Einer dieser Flughäfen befand sich in Oimjakon. Das eisige Dorf war damals ein strategischer Posten für die sowjetische Luftwaffe. Seither aber ist es wieder sehr still und einsam in Oimjakon.

Durch Eis und Schnee

Aljoscha muss auf seinem Weg in die Schule lange durch den Schnee stapfen. Einen Weg oder gar eine Straße gibt es nicht. Angst hat Aljoscha nicht. Im Gegenteil: Der Schulweg bereitet ihm Freude. Er ist gern im Freien, auch bei den arktischen Temperaturen in seiner Heimat. In der Schule angekommen, schält sich Aljoscha erst einmal mühsam aus seinen Kleiderschichten, um sich dann schnell aufzuwärmen: beim Herumtollen mit seinen Klassenkameraden.

Osteuropa

Ein Haus im Winter.
Ein Wintermorgen in Oimjakon, im Nordosten Sibiriens. Der Ort mit 500 Einwohnern ist der kälteste bewohnte der Erde. Alles Alltägliche wird hier zu etwas Besonderem. Auch der Weg zur Schule. Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM
Ein angefrorenes Gesicht.
Die Feuchtigkeit im Gesicht bildet sofort kleine Eiszapfen an den Wimpern. Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM
Ein Haus im Winter.
Ein Wintermorgen in Oimjakon, im Nordosten Sibiriens. Der Ort mit 500 Einwohnern ist der kälteste bewohnte der Erde. Alles Alltägliche wird hier zu etwas Besonderem. Auch der Weg zur Schule. Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM
Eine Frau zerkleinert Eis in der Küche.
In Oimjakon herrschen Temperaturen von bis zu minus 70 Grad Celsius, deshalb gibt es kein fließendes Wasser. Damit sich ihr Sohn Aljoscha trotzdem nach dem Aufstehen waschen kann, taut Irina Tarik einen Eisblock aus dem Indigirka-Fluss auf. Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM
Ein winterlich eingepacktes Mädchen.
Der achtjährige Aljoscha darf sich beim Anziehen für den Schulweg keinen Fehler erlauben – Erfrierungen sind nicht selten. In sechs Kleidungsschichten eingepackt, geht's los. Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM
Filmszene aus 'Die gefährlichsten Schulwege der Welt - Sibirien'.
Aljoscha muss sich beeilen. Denn bei den eisigen Temperaturen kann er sich höchstens eine Stunde lang im Freien aufhalten. Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM
Ein eingemumeltes Gesicht.
Auch Sayana muss heute zur Schule gehen. Doch vorher heißt es noch: insgesamt vier Kleidungsschichten anziehen, darüber kommen noch mal zwei Jacken. Dazu gibt es zwei Paar Handschuhe, eine Mütze und eine dicke Kapuze. Oft trägt Sayana so viel Kleidung, dass sie sich nicht alleine an- oder ausziehen kann. Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM
Drei Kinder laufen durch die Winterlandschaft.
Der Hof von Sayanas Familie liegt so weit abgelegen, dass der Schulbus sie und ihre Geschwister nicht direkt abholen kann. Die drei müssen noch ein gutes Stück durch die eisige Kälte laufen. Sayanas Eltern lassen sie nie allein gehen, aus Angst, dass sie erfrieren könnten. Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM
Drei Kinder warten auf den Schulbus, im Schnee.
Wer zur Schule will, ist auf Gregori und seinen Schulbus angewiesen. Denn die meisten Haushalte haben kein eigenes Auto. Bevor der Bus kommt, müssen die drei noch minutenlang in der Kälte warten. Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM
Ein Frahrer am Lenkrad.
Damit der Bus bei diesen extremen Temperaturen überhaupt fährt, hat Gregori alle empfindlichen Leitungen mit Decken isoliert. Ein Motorausfall mit Schulkindern an Bord könnte fatal enden. Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM
Schulbus voller Menschen.
Drinnen ist es stickig und laut, denn Gregori dreht das Radio immer auf volle Laustärke. Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM
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Ein angefrorenes Gesicht.
Bildrechte: MDR/MAXIMUS FILM

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