Ungarn Unternehmer sieht Ungarns Mittelstand durch EU benachteiligt

02. Mai 2019, 18:18 Uhr

Tamás Janicsek ist ein Unternehmer aus Nagykovácsi in der Nähe von Budapest. Der 60-Jährige handelt mit Metallbauteilen für die Industrie. Er sieht die EU sehr kritisch, da sie aus seiner Sicht den ungarischen Markt für die großen Firmen aus Westeuropa geöffnet hat.

"Darf ich mal schnell?", fragt Tamás Janicsek. "Das ist aus Deutschland gerade, unser Kunde …" Morgen kommt dieser extra nach Ungarn. Mit ihm ist es zwar nicht immer ganz einfach, aber er ist ein wichtiger Kunde und solche lässt man nicht warten, da geht man gleich ran.

So läuft das bei Tamás Janicsek. Der studierte Diplom-Ökonom ist heute 60 Jahre alt. Anfang der 1990er-Jahre hat er seine Firma JPH Trading gegründet und vertreibt seitdem Metallbauteile für die Industrie. In jeder seiner Arbeits- und Lagerhallen in Nagykovácsi nordwestlich von Budapest, wird geschweißt, geschliffen und geschraubt.

Dass seine Firma mal mehr Mitarbeiter haben wird als die jetzt 35, sei zwar möglich, aber schwierig, sagt Janicsek. Erstmal muss er einen seiner leitenden Angestellten gehen lassen. Der hat nämlich einen neuen Job, bei einer deutschen Firma.

Zur Zeit hat Ungarn sehr wenig in den Händen. Keine Firmen, keine Banken, keine Versicherungen, keine guten Brands.

Tamás Janicsek

"Wir arbeiten hier für Fremdfirmen. Und die sehen ganz genau, bis wann sie runtergehen können oder hochgehen, und sie finden immer die Grenze, bis zu der wir noch arbeiten, und sie versuchen das auszunutzen", erklärt Janicsek. Und mit wir meine er das Land Ungarn.

Mittelständler sieht sich durch EU benachteiligt

Zumindest, was die Anzahl der ausländischen Firmen in Ungarn angeht, scheint er Recht zu haben. Audi, E.on, Samsung, Philips, General Electric, Nokia und viele weitere sind die Big Player auf dem ungarischen Markt. Brüssel, meint Janicsek, mache es ihnen dabei einfach.

Die EU hat die ganzen juristischen Grenzen diesbezüglich aufgebaut. Also, wenn hier Kapital kommen möchte, dann ist das rechtlich absolut zugesichert, garantiert. Wir können nichts machen. Wenn wir was aufbauen wollen, brauchen wir viel Geld.

Tamás Janicsek

Und dieses in Ungarn zu erarbeiten, sei schwierig. Die Löhne seien im Keller, aber die Lebenshaltungskosten mit denen in Westeuropa vergleichbar.

Konkurrenz mit den reichen Ländern

Und als ungarischer Mittelständler konkurriere man auf dem europäischen Markt mit den ganz Großen aus den anderen Ländern. Gerade wenn es darum gehe, gute Fachkräfte zu finden.

Für mich ist das keine gute Lösung, dass ein reiches Land gute, qualifizierte, gebildete Leute von einem anderen Land nimmt, um die wirtschaftlichen, finanziellen und Arbeitsprobleme zu lösen.

Tamás Janicsek

"Genauso sehe ich die Situation mit den sogenannten Flüchtlingen oder Migranten. Wenn Flüchtlinge oder Migranten kommen und sie finden in Westeuropa ein gutes Leben, wie können sie dann ihr Land wiederaufbauen?", fragt der Unternehmer. Wenn das weiter so gehe, blieben die einen Länder arm und die anderen Länder würden noch reicher.

"Es geht auch ohne EU"

Das jetzige System in der EU müsste aus seiner Sicht sowieso fundamental geändert werden. Und wenn nicht, für Tamás Janicsek ginge es auch ohne EU. Der Osten sei ökonomisch größer als manch einer glaube, und man wisse ja nie, was passiert.

Also, viele glauben jetzt, dass es vor der EU kein Leben gab und nach der EU auch kein Leben gibt, aber das ist nicht wahr.

Tamás Janicsek

Es gebe auch Länder in der Nachbarschaft, wie zum Beispiel Serbien, bringt Janicsek andere Handelspartner ins Spiel. Die Ukraine wolle er jetzt nicht erwähnen, weil dort eine ganz andere politische Situation herrsche. In dem Moment klingelt sein Telefon. "Ha!  Ein Anruf aus Kiew. Ist okay, aber nicht jetzt."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. April 2019 | 09:00 Uhr