Demonstranten versammeln sich auf dem Unabhängigkeitsplatz im Zentrum von Kiew um gegen die ausgehandelte Steinmeier-Formel zu protestieren.
Immer wieder protestiert in der Ukraine das "patriotische Lager" gegen die sogenannte Steinmeier-Formel, durch die die besetzten Gebiete in der Ostukraine von Kiew einen "Sonderstatus" erhalten sollen. Der vom damaligen deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier ausgehandelte Kompromiss würde die Separatistenregime im Osten des Landes legitimieren, so ihre Kritik. Bildrechte: imago images/ITAR-TASS

Vor Ukraine-Russland-Gipfel Ukrainer fürchten einen Verrat des Westens

07. Dezember 2019, 05:00 Uhr

Beim Ukraine-Russland-Gipfel in Paris wird über eine Friedenslösung in der Ostukraine verhandelt. Doch viele Ukrainer fürchten, von ihrem eigenen Präsidenten "verkauft" und den westlichen Partnern wie Deutschland im Stich gelassen zu werden.

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Vor dem Ukraine-Russland-Gipfel in Paris berfürchtne viele Ukrainer, von ihren Partner im Westen verraten zu werden, sagt MDR-Ostblogger Denis Trubetskoy.

MDR AKTUELL Fr 06.12.2019 15:57Uhr 03:46 min

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Ab Montag wird in Paris über die Beilegung des Ukraine-Konflikts verhandelt. Beim sogenannten Normandie-Format treten Deutschland und Frankreich als Vermittler auf. Bei dem Gipfel soll es auch zum ersten bilateralen Gespräch zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem im April gewählten ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kommen.

Doch bereits im Vorfeld löst das Treffen Befürchtungen aus, sagt Denis Trubetskoy, der regelmäßig für den MDR aus Kiew über die Entwicklungen im Land berichtet: "Die Menschen haben Angst, dass der unerfahrene Präsident Selenskyj das Land in Paris an Putin verkaufen würde", so Trubetskoy im Gespräch mit MDR AKTUELL. Denn Selenskyj habe im Wahlkampf ein Ende des Konflikts versprochen. Dafür müsste er zu große Zugeständnisse machen, so die Kritik des sogenannten patriotischen Lagers.

Entspannung um jeden Preis?

Seit dem Amtsantritt Selenskyjs im April gab es bereits mehrere Schritte der Entspannung. So gab es im September einen Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine. Darunter waren auch 24 ukrainische Seeleute, die vor einem Jahr von Russland vor der Krim gefangen genommen und ihre Marineschiffe beschlagnahmt worden waren. Auch die drei Schiffe wurden mittlerweile zurückgegeben. Außerdem ziehen beide Seiten verstärkt ihre Truppen aus dem umkämpften Gebiet ab.

Die Mehrheit der Ukrainer begrüße das nach fast sechs Jahren Krieg, sagt Trubetskoy: "Sie sind bereit auf schmerzliche Kompromisse einzugehen. Hauptsache es wird nicht mehr geschossen." Daher sei die Gesellschaft derzeit zweigeteilt. "Es ist nicht die typische Ost-West-Teilung, von der immer gesprochen wird, sondern die Teilung zwischen den sogenannten Normalverbrauchern und der sogenannten Zivilgesellschaft, die sich aktiv für die Politik interessiert", sagt Trubetskoy.

Von Deutschland und Frankreich verraten

Letztere seien vor allem in der Hauptstadt Kiew sehr aktiv und planen "am Sonntag mehrere Demos gegen die angebliche "Kapitulation von Paris". Und sie lehnen jegliche Kompromisse ab." Beide Lager eint aber das Gefühl, "dass Frankreich und Deutschland nicht mehr auf der Seite Kiews stehen würden", so MDR-Ostblogger Denis Trubetskoy. Das liege vor allem an dem Verhalten beider Regierungen in den vergangenen Monaten.

So hatte Frankreichs Präsident Emanuel Macron bereits im August "eine Normalisierung des Umgangs mit Russland" gefordert und Putin zu einem Privattreffen eingeladen – ohne Rücksprache mit seinen Partnern in der EU oder der NATO. Deutschland wiederum setzt das Milliardenprojekt "Nord Stream 2" derzeit gegen alle Widerstände der Ukrainer und anderer Partner durch. Die geplante Gaspipeline zwischen Russland und Deutschland wird von Transitländern wie der Ukraine oder Polen, aber auch den USA heftig kritisiert. "Da gab es schon einen sehr großen Vertrauensverlust", so Trubetskoy.

(ahe)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 07. Dezember 2019 | 07:15 Uhr

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