Altlasten Sanieren oder riskieren? - Alte Deponien und belastete Böden
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Wie steht es um die Aufbereitung und Entsorgung von Altlasten? "Exakt - die Story" geht dieser Frage nach, erinnert an alte Umweltsünden, die die Böden immer noch belasten und zeigt neue Skandale auf.

Über 400 Millionen Tonnen Müll fallen in Deutschland jährlich an, darunter Hausmüll, Bau- und Abbruchabfall und Industrierückstände - viele davon giftig, gesundheitsgefährdend oder umweltschädlich. Das meiste landet ordnungsgemäß auf dafür vorgesehenen Deponien oder in Behandlungs- oder Verwertungsanlagen. Doch illegale Ablagerungen, historische Altlasten und bürokratische Grauzonen des hochkomplexen Abfallrechts sorgen immer wieder auch für Skandale.
Altlasten in Sachsen:
In Sachsen sind im sogenannten Altlasten-Kataster über 21.000 Flächen registriert: 12,5 Prozent davon sind saniert. Knapp die Hälfte ist als ungefährlich eingestuft. Unsanierte Altlasten und Flächen, bei denen die Gefährdung noch nicht abschließend geklärt ist, machen mehr als ein Drittel der Flächen aus. Hier besteht Handlungsbedarf.
Quelle: MDR /Exakt - die Story
Altlasten aus DDR-Zeiten
Offiziell sind in Deutschland mehr als 271.000 Flächen als altlastverdächtig erfasst. Einige Flächen sind bereits saniert. Andere, wie der ehemalige DDR-Chemiestandort Bitterfeld-Wolfen, sind laut Fachleuten auf Jahrzehnte hin derart verseucht, dass nur Schadensbegrenzung möglich ist.
Rund 200 Millionen Kubikmeter giftiges Grundwasser müssen hier kontinuierlich abgepumpt und gereinigt werden, um eine Ausbreitung zu vermeiden.
Allein für die Sanierung des sogenannten "Silbersees" haben Bund und Land laut Angaben des Magdeburger Umweltministeriums seit 1992 etwa 350 Millionen Euro ausgegeben.
Eine komplette Entsorgung der restlichen Giftmüll-Gruben würde laut Schätzungen etwa rund zwei bis drei Milliarden Euro kosten: "Wenn Sie alles wegnehmen wollen", warnt der zuständige Chef-Sanierer Harald Rötschke von der Mitteldeutschen Sanierungs- und Entsorgungs-mbH (MDSE), "müssten Sie das ganze Gebiet auskoffern, acht Quadratkilometer, 40 Meter tief. Unmöglich."
Müllskandal der Gegenwart
Rund 20 Kilometer von Bitterfeld entfernt, in Delitzsch, wächst derweil ein neuer Abfallskandal heran: In einer umfunktionierten Zuckerfabrik sind hier über Jahre Althölzer verbrannt worden. Als Biomassekraftwerk speiste die Anlage die gewonnene Energie ins Stromnetz. Doch inzwischen liegen handfeste Hinweise vor, dass der Betreiber in den letzten Betriebsjahren bis zur Schließung 2016 weit mehr als nur unbehandelte Hölzer zur Verbrennung angenommen hat: Müllberge aus unterschiedlichsten Abfallarten - Plastik, Dämmwolle, alte Filterschläuche - türmen sich heute noch auf dem verlassenen Gelände.
Ehemalige Mitarbeiter berichten, am Ende habe man kaum noch Holz verbrannt, stattessen nur "Müll und Dreck". Vor den Lagerhallen liegt ein gigantischer Berg aus Verbrennungsrückständen, mutmaßlich schwer belastet mit giftigen Schwermetallen wie Blei und Cadmium.
Daten zum Standort in Delitzsch
1890 Entstehung der Zuckerfabrik
1946 Demontage
ab 1952 Wiederaufbau
2000 Einstellung der Produktion
2001 Gründung der BKD Biokraftwerk Delitzsch GmbH
2003 Inbetriebnahme des Kraftwerks
2011 Insolvenz der BKD Biokraftwerk Delitzsch GmbH
2012 Übernahme durch GOAZ Energy GmbH
2015 Insolvenz der GOAZ Energy GmbH Übernahme durch Knock on wood GmbH
Quelle:
https://www.delitzsch.de/portal/meldungen/gelaende-von-frueherer-zuckerfabrik-und-biokraftwerk-wird-komplett-umgestaltet-900000449-27640.html
https://www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/Positionen_und_Beschluesse/HP_Biomassekraftwerk_Delitzsch_2016-07.pdf
Das Problem liegt jetzt beim Investor, der das Gelände gekauft hat und schon bald zu einem neuen Wohngebiet für rund 1.100 Menschen entwickeln möchte. Er soll auch für die Sanierung der Fläche und die fachgerechte Entsorgung der Abfallrückstände aufkommen. Von einer erhöhten Kontamination will der Unternehmer aber plötzlich nichts wissen. Und auch das zuständige Umweltamt in Delitzsch bestreitet auf Anfrage jede Kenntnis von illegalen Verbrennungen in der Anlage. Zurück bleiben frustrierte Bürger:
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Exakt - Die Story | 20. Januar 2021 | 20:45 Uhr