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MDR INVESTIGATIV - Hinter der Recherche (Folge 32) Podcast-Transkript: Atomkraft - Ja, Bitte? Hilft Atomkraft in der Klimakrise?

Audiotranskription

Vor zehn Jahren hat Angela Merkel nach dem Atomunglück in Fukushima den deutschen Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Aber mittlerweile werden immer häufiger Stimmen laut, die ein Zurück zur Atomkraft fordern. Die Befürworter halten die Atomkraft für eine günstige und klimafreundliche Alternative. Aber stimmt das? Knud Vetten hat sich für MDR Investigativ auf die Suche nach dem Für und Wider der Atomkraft begeben.

Wir haben nach der für mich jedenfalls unvorstellbaren Havarie in Fukushima noch einmal die Rolle der Kernenergie überdenken müssen. Und deshalb uns entschlossen, den beschlossenen Weg des Herbstes noch schneller zu gehen und zu gestalten. Wir werden schrittweise bis Ende 2022 vollständig auf die Kernenergie verzichten.

Angela Merkel

Also ich war eigentlich auch für den Abriss der Atomkraftwerke, aber mittlerweile merke ich, wie schlimm die Klimakrise ist und habe jetzt umgedacht.

Demoteilnehmer einer Pro-Atomkraft-Demo

Es ist einfach ein Verbrechen, die jetzt abzuschalten in der Situation, in der wir uns befinden, wo Klimaschutz eigentlich ganz oben stehen müsste.

Also ich war eigentlich auch für den Abriss der Atomkraftwerke, aber mittlerweile merke ich, wie schlimm die Klimakrise ist und habe jetzt umgedacht.

Esther Stephan (ES): Sie hören den Podcast "MDR Investigativ - Hinter der Recherche" ich bin Esther Stephan und arbeite für die politischen Magazine des Mitteldeutschen Rundfunks.

Vor zehn Jahren, da hat Angela Merkel nach dem Atomunglück in Fukushima den deutschen Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Aber mittlerweile werden immer häufiger Stimmen laut, die fordern ein Zurück. Zurück zur Kernkraft, wie es auch die Teilnehmer einer Pro-Atomkraft-Demo in Niedersachsen fordern, die sie gerade zu Beginn nach der Bundeskanzlerin gehört haben. Ich spreche heute mit dem Journalisten Knud Vetten, der sich für Fakt und Exakt auf die Suche nach dem Für und Wider der Atomkraft begeben hat. Hallo Knud.

Knud Vetten (KV): Hallo!

ES: Seit zehn Jahren ist der Atomausstieg für Deutschland jetzt beschlossen. Zehn Jahre Fukushima, das ist ja auch jetzt schon eine ganze Weile her. Damals wurde entschieden, dass bis 2022 alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden sollen. Wieso genau hast du dir jetzt noch mal gedacht: Ich beschäftige mich noch mal damit. Das Thema ist doch eigentlich durch, oder?

KV: Ja, für mich war eigentlich der ausschlaggebende Grund, dass ich nach Fukushima in Greifswald den Rückbau des dortigen Atomkraftwerkes, ehemaligen Atomkraftwerkes, gedreht habe. Und mich hat interessiert, wie das weitergegangen ist. Man hatte den Rückbau vor 16 Jahren begonnen, damals vor zehn Jahren. Und jetzt ist man im Jahr '26. Mich hat interessiert, wie es dort heute aussieht.

ES: Genau, du bist vor zehn Jahren schonmal in diesem Atomkraftwerk gewesen. Und jetzt warst du nochmal da. Ich kenne überhaupt gar keine Reaktoren von innen. Du warst jetzt schon zweimal da. Wie ist denn das in so einem Atomkraftwerk? Ich stelle mir das gruselig vor.

KV: Also es geht ja schon los, dass du komplett deine Straßenklamotten wechseln musst. Du bekommst von dem Entsorger im Prinzip eine neue Ausstattung, neue Klamotten, neue Schuhe, Helm und so weiter. Also das ist ja schon mal etwas, was nicht unbedingt normal ist bei einem Dreh, dass man sich komplett neu einkleiden muss. Dann bekommt man einen sogenannten Dosimeter, und der soll im Prinzip Strahlung messen. Also wenn du da irgendetwas anfasst oder in irgendeinen Eimer mit Wasser reintrittst und hast an Strahlung an dir, soll dieser Dosimeter das anzeigen. Und du wirst auch ausgemessen. Also du wirst, wenn du rausgehst aus dem ehemaligen Reaktor, aus dem ehemaligen Kernkraftwerk, dann musst du dich noch mal messen lassen. Und bevor das nicht passiert ist, kommst du auch gar nicht raus.

ES: Und wenn ich gemessen werde und die Strahlung ist zu hoch, was passiert, dann? Weißt du das?

KV: Nein. Also bei uns war das immer Null. Und man hätte zum Beispiel, weil auch die Technik gemessen wird, die hätte man dann definitiv nicht mit rausnehmen können. Wenn da ein höherer Wert angezeigt wird, als der erlaubte. Es gibt auch erlaubte Werte, im ganz niedrigen Bereich. Aber wenn das etwas überschreitet, dann wäre das dringeblieben.

ES: Ich habe im Vorfeld schon gehört, dass du ja selber früher auch auf Anti-Atomkraft-Demos warst, so gelegentlich. Wie ist denn dein persönlicher Bezug zu dem Thema heute? Das ist ja auch schon ein bisschen her.

KV: Ja, ich hole vielleicht mal ein bisschen aus. 1986, als Tschernobyl geschah, da weiß ich ganz genau, wo ich an dem Tag gewesen bin. Ich habe mit Freunden zusammen auf einer Terrasse, die Sonne schien, Karten gespielt. Und ich erinnere mich noch das dann, wir haben ein Radio laufen gehabt, und da kam die Meldung, dass in Russland offensichtlich ein Atomkraftwerk hochgegangen ist. Und das hat uns alle sofort ziemlich beschäftigt. Also wir waren jetzt nicht so gebildet, dass wir mit Kernkraftwerken genau wussten, was das für ein Risiko, was das für eine Gefahr sein konnte. Aber wir waren uns eigentlich auf der Terrasse alle einig, dass das eine ziemlich schlimme Nachricht ist. Und es gab dann die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf. Und da bin ich auch tatsächlich zweimal zu Demonstrationen gegen diese Anlage gefahren, weil ich es für keine gute Idee hielt, dass man mit diesen Stoffen weiter rumexperimentiert. Und die gesamte Technologie ist mir eigentlich schon seit Jahrzehnten als eine von Menschen kaum zu beherrschende Technik vorgekommen. Und jetzt, bei den Dreharbeiten in Greifswald, hat sich da eigentlich einiges noch mal bestätigt. Wir haben ein Riesenproblem, die hochradioaktiven Stoffe zu endlagern. Und wir müssen sie quasi per Gesetz 1 Million Jahre unter die Erde bringen, weil diese Strahlung geht nicht einfach weg.

ES: Ja, das ist ja auch was, was der Peter Schwab in deinem Film sehr gut erklärt. Der ist Strahlenschutztechniker in der sogenannten Freimessanlage in Greifswald. Also der kontrolliert da in dem abgeschalteten Atomkraftwerk alles, was da rausgeht. Und ich fand das sehr beeindruckend, wie extrem aufwendig das alles ist.

Ja, es kommt nach wie vor oftmals vor, dass welches zu hoch ist und den Freigabewert überschreitet. Und dann wird es entweder dekontaminiert oder es wird denn zwischengelagert. Und man kann ja die Abklingzeit berechnen und weiß dann: In 30 Jahren kann ich das wieder hierherholen. Und dann kommt es wahrscheinlich durch.

Peter Schwab

ES: Und er spricht da eben nur von 30 Jahren. Wir sprechen im Kontext von Atomkraft oft auch über tausende Jahre. Gerade wenn es um die Endlagersuche geht, wird es dann auch erst richtig kompliziert. Die müssen wirklich total gut ausgesucht werden und dann auch für tausende Jahre sicher sein. Und da hat sie es in der vergangenen Zeit immer wieder Probleme gegeben, den richtigen Standort zu finden. Da muss er auch das richtige Gestein drum herum sein. Und die Leute vor Ort finden das oft auch einfach nicht so gut. Und eins der Endlager ist zum Beispiel der Schacht Konrad bei Salzgitter. Das Planfeststellungsverfahren für den Schacht Konrad, das ist schon 1982 eingeleitet worden. Ist da denn jetzt eigentlich schon eine Menge Atommüll gelandet?

KV: Nein, überhaupt keiner. Denn die Eröffnung von Schacht Konrad wurde immer wieder herausgezogen. Also es hat eine Genehmigung für den Schacht Konrad im Jahr 2002 gegeben. Und dann dachte man, dass man - ich glaube, 2008 - mit der Einlagerung beginnen könnte. Das hat sich aber immer wieder um Jahre hinausgeschoben. Und heute ist man an dem Punkt, dass man sagt: 2027 könnten die ersten Materialien, nämlich mittel- und schwachbelastete Materialien, dort eingelagert werden. Man ist immer noch bei dem Ausbau, und dieser Ausbau hat inzwischen auch das Vierfache von dem verschlungen, was man ursprünglich gedacht hat. Man ist bei über 4 Milliarden. Das sind Zahlen, das sind Zeiten, Zeiträume, auf die man sich einstellen muss. Die sind offensichtlich weltweit so. Das heißt, Atomkraft ist ein sehr teurer Stromerzeugungs-Prozess. Und er kostet wahnsinnig viel Geld. Auch auf die lange Sicht hin gesehen.

ES: Du meintest, in den 20er-Jahren wird der dann in Betrieb gehen. Wie lange kann man denn dann nutzen?

KV: Ja, da scheiden sich die Geister. Die Leute, die vor Ort dagegen sind, sagen, dass das ein hohes Risiko birgt, weil das ein ehemaliges Bergwerk ist. Und ein ehemaliges Bergwerk, zum Beispiel bei der Endlagersuche, für die hochradioaktiven Materialien, darf ein Bergwerk gar nicht genommen werden. Das ist ein Ausschlusskriterium. Das ist ein K. O.-Kriterium. Das heißt also, man hat andere Kriterien angewandt, bei dem Schacht Konrad. Und dagegen versuchen die Gegner weiterhin vorzugehen. Sie versuchen auch diese Genehmigung im Prinzip juristisch anzugreifen, damit der Schaft Konrad überhaupt nicht in Betrieb geht. Also ist ein immer noch komplett offenes Spiel, also auch bei diesem Endlager.

ES: Ja total interessant, das ist ja so bei vielen Endlagern. Also ich erinnere mich, im vergangenen Jahr gab es da so eine bundesweite Suche, wo nochmal gecheckt wurde: was kommt eigentlich in Frage und was nicht. Und da ist einfach total viel rausgefallen. Ich glaube, am Ende waren da wirklich die wenigsten Standorte tatsächlich geeignet.

KV: Das kann ich nicht so sagen. Ich habe gelesen, dass ist aber tatsächlich kein jetzt geprüftes Wissen, dass die Bundesrepublik von Kiel nach Garmisch ganz viele potentielle Endlager hätte. Besonders in, besonders in Baden-Württemberg. Aber da kommt man dann auch schon wieder an einen politischen Punkt. Denn es gibt in Bayern Aussagen von führenden Politikern, die sagen, sie wollen keine Endlager.

ES: Das wollen ja tatsächlich am Ende dann die wenigsten Leute, das bei sich im Vorgarten haben, das ist ja immer das Problem. Gleichzeitig wird Atomkraft ja immer so als eine recht umweltfreundliche Alternative verkauft, vor allem auch im Vergleich zur Kohle, Das ist ja auch ein Argument, was der Herr Klute vom Verein Nuklearia bei im Film bringt. Die Nuklearia, das ist ein Verein, der sich gegen den Atomausstieg einsetzt.

Ich glaube nicht, dass es an der Anzahl der Personen liegt, sondern an den Fakten. Wir brauchen eine Stromversorgung, die zuverlässig da ist. Und das geht mit Sonne und Wind halt nicht. Weil die Sonne nicht immer scheint und der Wind nicht immer weht. Das ist eigentlich eine Binsenweisheit. Deutschland schaltet jetzt aber die Kernkraftwerke ab. Deutschland will aus der Kohle raus. Woher kommt der Strom dann?

Rainer Klute, Nuklearia e.V.

ES: Wie war das denn für dich, Atomkraftbefürworter zu treffen? Hast du das Gefühl, die argumentieren total sachlich?

KV: Also bei dieser Demonstration vor dem AKW Emsland hatten sich etwa 15 Leute versammelt. Ich war erst mal erstaunt darüber, dass es nicht mehr waren. Ich habe dann eine Umfrage gemacht, da habe ich fast die Hälfte der Leute befragt. Da es ja so übersichtlich war, konnte man das auch. Und alle hatten Argumente. Also da war niemand da, der nicht vorbereitet gewesen wäre auf die Frage, warum er hier steht. Und diese Argumente muss man mit Sicherheit auch anschauen. Also das Hauptargument ist bei denen: warum lassen wir die Kernkraftwerke nicht weiterlaufen, denn sie verursachen ja im Prinzip kein CO2. Das heißt genau das Riesenproblem, das wir haben, die Klimakrise, könnten wir mit weiterlaufenden Atomkraftwerken besser bewältigen, als wenn wir weiterhin auf Kohlekraftwerke setzen. Denn die setzen ja CO2 bekanntermaßen frei. Und das ist deren Hauptargument.

ES: Ja, aber ich habe das Gefühl, dass diese Argumentation immer so relativ kurzfristig gedacht ist. Ich meine, wir haben eben schon über die Zeiträume gesprochen, in denen man rechnen muss. Und ich habe so das Gefühl, es wird so gar nicht darüber nachgedacht, wie zum Beispiel auch langfristig mit dem Müll umgegangen werden sollen. Gleichzeitig sehe ich das natürlich auch: klar die Klimakrise ist jetzt da, der Klimawandel ist da. Und vielleicht braucht es einfach schnell Lösungen.

KV: Dass man diesen Endlager-Fragen ja überhaupt nicht aus dem Weg gehen kann, das ist im Prinzip das zentrale Problem auch bei Atomkraftwerken. Sie hinterlassen nunmal einen Atommüll, der über Zehntausende von Jahren strahlen kann. Und wir haben ja auch ein Gesetz, in dem ganz klar drinsteht: wir müssen den möglichst sichersten Ort finden für ein Endlager. Und dieses Endlager müsste dann 1 Million Jahre lang diese Materialien auch aufnehmen können. Daran sieht man ja schon: Also was ist denn daran umweltfreundlich?

ES: Das sind Zeiträume, die man sich tatsächlich eigentlich nur sehr schwer vorstellen kann. Jetzt ist das andere Argument pro Atomkraft, das kommt ja auch im Film vor, das ist das der Wirtschaftlichkeit, die Atomkraft sei günstiger, zum Beispiel erneuerbare Energien. Haut das hin?

KV: Nein, das ist tatsächlich eine Verbreitung eines Gerüchts, das sich hartnäckig hält. Das aber bei Wissenschaftlern nicht standhält. Es gibt eine renommierte Gruppe von Wissenschaftlern, die den weltweiten Nuklearreport jedes Jahr rausbringen. Die haben im Prinzip die Erzeugungskosten in Dollar und Cent pro Kilowattstunde ausgerechnet. Und da kann man sehen, dass zur Zeit Nuklear der teuerste Erzeugungsfaktor ist. Also wenn man mit Nuklear arbeitet, dann ist man bei der Kilowattstunde bei 16,3 Cent. Im Vergleich dazu ist Solar der günstigste. Und er liegt bei 3,7 Prozent. Solar hat sich im Prinzip tatsächlich seit 2009 immer weiter runter bewegt und ist auf teilweise - in den Südländern sogar - in Portugal wird Solar für 1,1 Cent pro Kilowattstunde erzeugt. Also das ist dann das 16-fache, was Nuklear kostet. Und zwischendrin bewegen sich dann Wind, Kohle und Gas. Aber ganz eindeutig: Nuklear ist das teuerste. Und da ist das Endlager ja gar nicht reingerechnet.

ES: Ach was! Genau das wäre nämlich jetzt meine nächste Frage gewesen. Was ist daran so teuer? Die Endlagerung ist es nicht?

KV: Nein. Niemand weiß, wie teuer die Endlagerung sein könnte. Es wagt auch kein Wissenschaftler, eine Schätzung Weil das so völlig unklar ist, was aber an Geld zurückgelegt worden ist, durch die Betreiber der AKW in Deutschland, sind 24 Milliarden Euro. 24 Milliarden Euro sind da, für ein Endlager. Ob das ausreichen wird oder ob das ein Vielfaches kosten wird, weiß zurzeit kein Mensch.

ES: Jetzt steht aber auch die nächste Bundestagswahl praktisch vor der Tür. Und da ist Klima eines der großen Themen. Ist dir im Zuge des Wahlkampfs die Atomkraftdebatte auch schon untergekommen?

KV: Nein, eigentlich spielt die keine große Rolle. Also die Klimadebatte spielt, glaube ich, schon eine große Rolle. Aber es gibt ja auch nur eine Partei in Deutschland, die in ihrem Programm eine Weiterführung der Kernkraftwerke hat. Und das ist die AfD. Ansonsten gibt es keine einzige Partei, die diese Position noch vertritt. Ich glaube auch, dass es gesellschaftlich einfach eine grundsätzliche Entscheidung war, die mehrheitlich auch immer noch so getragen wird. Und warum sollte man eine Entscheidung, die so grundsätzlich auch von der Bevölkerung mitgetragen wird, warum sollte man die jetzt noch mal in Frage stellen?

ES: Mit der Alternative für Deutschland, die als einzige Partei noch ein Zurück zur Atomkraft wollen oder zumindest daran festhalten, dass Atomkraft weiter mit im Energiemix vertreten sein soll, mit der konntest du ja ja auch sprechen. Was haben die dir denn erzählt?

KV: Ja, ich habe mich mit deren energiepolitischen Sprecher getroffen. Das heißt, ich bin auf eine Wahlkampfveranstaltung gegangen, weil er sich bei mir nicht zurückgemeldet hat. Ich habe mehrfach im Büro das Interesse für ein Interview kundgegeben, aber von der AfD kam da keine Reaktion. Also bin ich zu einem Wahlkampftermin, wo Karsten Hilse, eben der energiepolitische Sprecher der AfD, als Redner aufgetreten ist. Da habe ich ihn angesprochen, und er war auch sofort zum Interview bereit. Er hat dann gesagt, dass sein Beweggrund, an der Kernkraft festzuhalten sei, dass sie permanent vorhanden sei, schadstoffarmen Strom produziert und vor allem, weil sie billig sei.

Mein Beweggrund ist, dass es eine Energie-, Stromerzeugungsform ist, die permanent Strom produziert, schadstoffarmen Strom produziert und vor allen Dingen billig. Schauen Sie sich mal an: Als wir vorrangig mit Kernkraft und Kohlekraft Strom produziert haben, wie hoch die Energiepreise waren, wie hoch da die Strompreise waren und wie sie jetzt sind, die haben sich fast verdoppelt. Und das ist schon das wichtigste Argument. Ich muss jetzt los.

Karsten Hilse, AfD

KV: Und das ist nun mal, das haben wir ja gerade auch schon erörtert, ein Fake. Also das stimmt einfach nicht. Warum er diese Tatsache nicht akzeptiert, das konnte ich leider nicht noch mal nachfragen, weil er ist mitten im Interview ausgestiegen.

ES: Das bezieht sich aber alles ja auf herkömmliche Reaktoren. Jetzt habe ich zum Beispiel gelesen, dass es auch in Zukunft sogenannte Mini-Reaktoren geben soll. Die werden nun von den Befürworter:innen als eine günstige und sichere Übergangstechnologie gesehen. Meinst du, dass solche Reaktoren sinnvoll sind?

KV: Also die Wissenschaftler, mit denen ich gesprochen habe, haben unisono gesagt, dass es auf dem Gebiet nur Ankündigungen gibt. Das heißt, sie stehen auf dem Papier, diese Mini-Reaktoren. Die gibt es aber noch gar nicht, es gibt auch keine Prototypen. Es gibt auch keine Genehmigungen. Und was ziemlich interessant ist, was Wissenschaftler mir gesagt haben, es wird da immer wieder Bill Gates ins Spiel gebracht, der diese Mini-Reaktoren bauen möchte und dafür auch eine Firma gegründet hat. Diese Firma wurde im Jahr 2006 gegründet. Das ist jetzt 15 Jahre her. Er hat zwar Geld ohne Ende wahrscheinlich der Herr Gates, um so etwas zu versuchen. Aber nach 15 Jahren hat er überhaupt nichts vorzuweisen. Keine Genehmigung, kein Modell, kein Prototyp. Und da ist doch wirklich die Frage: sollen wir uns auf diese Mini-Reaktoren verlassen? Wir sind mitten im Klimawandel. Also ich habe jetzt ein Gespräch geführt mit Michael Schneider. Das ist der Herausgeber von dem World-Nuclear- Report. Und der vertritt die These - vielleicht sage ich es einfach mal so - dass wenn wir jetzt feststellen, dass wir tatsächlich definitiv was gegen den Klimawandel tun müssen und da auch einen gewissen Zeitdruck haben, dann müssen wir natürlich schauen, dass wir für die effizientesten Methoden das Geld ausgeben. Das heißt, wir dürfen das Geld nicht dort reinstecken, wo es nichts bringt. Und bei Atomkraftwerken bringt es nicht. Der Bau von Atomkraftwerken ist schlichtweg irrwitzig, wenn man quasi den CO2 Wert senken will, weil Atomkraft viel zu teuer ist im Neubau. Wenn es weiter betrieben wird, das haben wir vorhin schon besprochen, ist immer noch Nukleartechnik der teuerste Erzeugungstoff, wenn man Strom haben will. Und deswegen muss man das ganze Geld, das man hat, wenn man Geld in der Bekämpfung des CO2 Anstieges reinsetzen will, muss man es in andere erneuerbare Energien reinsetzen. Das ist der Punkt. ES: Knud, Dankeschön!

KV: Nichts zu danken.

ES: Das war der Podcast "MDR Investigativ - Hinter der Recherche". Knud Vetten hat bereits einen Film zu dem Thema gemacht. Den können Sie in der ARD Mediathek anschauen. Und er lief bei Exakt unter dem Titel "Atomkraft? Nein danke". Außerdem folgt jetzt im September noch ein Nachklapp bei Fakt. Die nächste Folge dieses Podcasts erscheint dann am 10. September und kommt dann auch wieder von meiner Kollegin Secilia Kloppmann. Wenn Sie bis dahin noch alte Folgen anhören möchten, dann finden Sie die in der ARD Audiothek. Und da können Sie auch den Podcast abonnieren und verpassen dann keine der kommenden Folgen. Feedback können Sie wie immer an investigativ@mdr.de schicken. Ich bin hiermit raus. Bleiben Sie gesund!

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Exakt | 14. Juli 2021 | 21:15 Uhr

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