Verfassungsschutz
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MDR INVESTIGATIV - Hinter der Recherche (Folge 19) Podcast-Transkript: Der Verfassungschutz - Geheimnisse und Skandale einer Behörde

Audiotranskript

28. Januar 2022, 12:04 Uhr

NSU-Terror, V-Männer von rechts, nicht verhinderte Terroranschläge wie am Berliner Breitscheidplatz , die Auftritte von Ex-Präsident Hans-Georg Maaßen, … immer wieder sorgte der Verfassungsschutz in den letzten Jahren für Schlagzeilen. Den Journalisten Christian Hans Schulz und Rainald Becker ist es gelungen, aus dieser sonst so verschwiegenen Welt zu berichten. Von Versäumnissen und Problemen, aber auch von Herausforderungen eines Geheimdienstes in einer immer digitaleren Welt.

O-Ton Collage

Zielperson und Ehefrau verlassen das WO. Ja, verstanden. Gib mal die Richtung. Sie ist links gegangen … Füße draußen? Ja die 113 hat und es geht Richtung Center, ich bin dran. Ja verstanden. Ja, wir sind positiv. Die Observation ist dran.Jahr habe ich verstanden. Die Zielpersonen ist mit der Ehefrau im Einkaufscenter gewesen, die Ehefrau hat Geld ab geholt, und die Observation hat auch gesehen, welcher Höhe der Betrag war.

So klingt es, wenn der Verfassungsschutz Verdächtige observiert. In diesem Fall war es ein Islamist, der in Köln 2017 einen Anschlag mit einer selbstgebastelten Biobombe geplant hatte. Spätestens seit dem Auffliegen der Terrorgruppe NSU im Jahr 2011 ist der Verfassungsschutz in der Kritik. Ebenso auf Widerstand stießen viele Äußerungen von Hans-Georg Maaßen, 2012 bis 2018 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Seit über zwei Jahren nun ist Thomas Haldenwang, Deutschlands oberster Verfassungsschützer. Er ist wesentlich unauffälliger als sein Vorgänger. Doch die Ruhe nach außen ändert nichts daran, dass die Behörde vor immer größeren und komplexeren Herausforderungen steht. Zu klassischen Aufgaben wie der Spionageabwehr kommen Terror von links, von rechts, von Islamisten, die Verlagerung der Aktivitäten ins Internet und auf Spieleplattformen und natürlich die wahrscheinlich bevorstehende Überwachung der gesamten AfD. Kritiker prangern ein nicht mehr zeitgemäßes Arbeiten des Verfassungsschutzes an. Einige fordern gar die Auflösung der Behörde.

Secilia Kloppmann (SK): Das ist der Podcast MDR Investigativ "Hinter der Recherche". Ich bin Secilia Kloppmann und arbeite für die politischen Magazine des Mitteldeutschen Rundfunks.

Zu Gast in dieser 19. Folge ist Christian Schulz. Er hat unter anderem den Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten Stephan Kramer begleitet. Und ihm und seinem Kollegen Rainald Becker, dem ARD-Chefredakteur, ist es gelungen, dass das Bundesamt in Köln … naja, die Tore geöffnet klingt ein bisschen sehr nach offenem Empfang - Ganz so war es wohl nicht, aber immerhin meiner Kenntnis nach erstmals sich so weit geöffnet hat. Richtig. Christian?

Christian H. Schulz (CS): Ja, das kann man vielleicht schon so sagen. Also wir haben auch noch einmal ein bisschen recherchiert. Aber ich glaube, in den 70 Jahren seines Bestehens dieses Bundesamtes für Verfassungsschutz ist es das erste Mal, dass man doch so weit hinter die Kulissen hat blicken lassen. Immer natürlich unter Vorsicht und sicherlich auch längst nicht alles. Und wir haben fast drei Jahre daran gearbeitet, so weit zu kommen. Es war viel Herantasten, aber am Ende ist einiges möglich gewesen. Und ein Highlight unter anderem war sicherlich auch genauer mal dabei sein zu können, zu sehen, wie so eine Observation in der Realität funktioniert.

SK: Das fand ich auch total spannend. Das, dass man da wirklich 30 Leute braucht, um einen Menschen 24 Stunden lang zu überwachen. In dem Podcast lässt sich das jetzt hier so ein bisschen schlecht beschreiben. Deshalb nutze ich jetzt gleich mal die Gelegenheit und weise an dieser Stelle auch noch mal auf unsere Mediatheken beziehungsweise auf unseren YouTube Channel von MDR Investigativ. Dort ist der Film von Christian Schulz und Rainald Becker zu sehen. "Extremisten im Visier - wie gut arbeitet der Verfassungsschutz?". Die lange Version in der ARD Mediathek, steht unter dem Titel "Früh.Warn.System". Und da kann man - das ist natürlich alles nachgestellt - den sogenannten Rizinfall von 2018 in Köln sehen und diese echte Beschattung quasi live miterleben. Ihr wart bei dieser Beschattung dabei. Aber ihr habt auch drinnen gedreht, unter anderem bei einer Amtsleitertagung. Hier hören wir den Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Haldenwang.

Thomas Haldenwang: Ja, guten Morgen, meine Damen und Herren, herzlich willkommen heute hier im BfV in Köln, zu unsere 333. Amtsleitertagung.

SK: Meine Damen und Herren, hat der Haldenwang gesagt, ich habe da jetzt nur eine Frau gesehen. Ist denn Geheimdienst immer noch Männersache? Christian ...

CS: Ja, ich denke, Geheimdienst ist weitgehend Männersache. Immer noch. Es gibt Frauen. Ich glaube, bei dieser Amtsleitertagung waren zwei Frauen im Raum, die sozusagen in höheren Positionen dann tätig sind. Eine, glaube ich, das war Beate Bube, die ist die Leiterin des Landesamtes in Baden-Württemberg. Und dann gab es noch eine Pressesprecherin, aber ansonsten ist das schon sehr männerdominiert. Und das zieht sich durch alle, auch deutschen Sicherheitsbehörden. Da gibt es sicherlich auch immer mehr Frauen, aber der Großteil sind natürlich - das ist einfach irgendwie aus der Tradition heraus des Berufsbildes - denke ich auch, sind es Männer.

SK: Du hast ja gerade erwähnt, Ihr habt drei Jahre an dem Film gearbeitet. Hat es denn sehr lange gedauert, bis Ihr da drehen durftet? Und wie war das? Wird man da als Journalist auch noch einmal extrem durchleuchtet?

CS: Ja, das muss man zweigeteilt sehen. Also zum einen erst mal eine grundsätzlich. Das Projekt, dieser Film jetzt im beim MDR, der ist ja im Prinzip eine Auskopplung, eine Zusammenstellung, aus einem größeren Filmprojekt, was im letzten Jahr Premiere hatte. „Früh.Warn.System - brauchen wir diesen Verfassungsschutz?“ -Frühwarnsystem - Das ist ein ARD-Dokumentarfilm gewesen. Und wir haben dafür im Prinzip 2017 bereits angefangen mit den ersten Ideen und 2019, 2020, im Wesentlichen, gedreht. Und dazwischen gibt es einfach, weil, da gab es einfach eine langen Vorlauf und Überzeugungsarbeit, dass man überhaupt so weit kommt mit diesem Behörden, zusammenarbeiten kann im Sinne von, dass sie sich ein Stück weit öffnen, dass man darüber nachdenkt, was gezeigt werden. Also das war schon recht mühselig. Man hat da wirklich unzählige Sitzung gehabt, Vorgespräche. Ich erinnere mich zum Beispiel an das allererste. Da gab es noch den Verfassungsschutz Präsidenten Hans Georg Maaßen. Als der er sich das erste Mal mit uns traf, um mal sozusagen abzuklären, was geht, was nicht geht, da hat er uns in eine Kölner Kneipe bestellt, in ein Hinterzimmer, quasi, wo er mit seinem Pressesprecher wartete. Ein Leibwächter saß im Treppenaufgang. Wir hatten da sozusagen eine Etage für uns, das Ganze in so einem rustikalen Eichenholz gehalten. Das war schon ein bisschen das, was man sich unter Geheimdienst vorstellt. Als Maaßen dann weg war und der neue jetzige Chef Thomas Haldenwang da war, dann ging es tatsächlich wesentlich sachlicher und fokussierter von statten. Da trafen uns dann einfach ganz normal beim Bundesamt in einem großen Konferenzraum und haben dann die ersten Dinge geklärt. Aber um auf deine Frage zurückzukommen, wenn man dann konkret endlich drehen kann, gibt es natürlich verschiedenste Maßnahmen dort. Sicherheit wird sehr, sehr groß geschrieben. Man muss natürlich seinen Personalausweis vorher abgeben, die Daten werden aufgenommen. Dann muss man, das ist auch absolut wichtig, das Handy abgeben. Das wird dann eingeschlossen in spezielle Schränke. Das gilt nicht nur für uns Journalisten, sondern für alle Besucher, die so ein Haus hat. Es dürfen keine Fotos gemacht werden - nirgendwo. Wenn man da plötzlich ein Handy aus der Hosentasche ziehen würde, dann gäbe es schon ein Riesenproblem. Und sicherlich gab es vorher auch eine Art Sicherheitsüberprüfung von von uns, den Journalisten und dem Kamerateam. Wir hatten einen gewissen Vorteil, ich habe ja den Film nicht allein gemacht, sondern zusammen mit Rainald Becker, dem jetzigen ARD-Chefredakteur. Und wir hatten zusammen bereits 2016 einen Film über den Bundesnachrichtendienst gemacht. Also wir kannten das Prozedere, und die kannten uns, glaube ich, hinter den Kulissen. Und deswegen war das dann am Ende etwas einfacher.

SK: Und wie war das denn? Was duftet ja überhaupt drehen da drin, im Bundesamt für Verfassungsschutz?

CS Es gab die Vereinbarung, dass wir in Absprache drehen. Das heißt wir haben Vorschläge gemacht, was man sehen darf. Und wir hatten natürlich immer eine Pressesprecherin und diverse Leute aus der Presseabteilung um uns herum, die uns auch über die Schulter gucken durften und sehen konnten, was die Kamera in dem Moment aufnahm, drehen durften. Wir konnten Interviews mit verschiedenen Abteilungsleitern, die noch nie vorher vor der Kamera gewesen waren, drehen. Wir haben dieses Observationsteam bei seiner Arbeit begleiten können und natürlich auch innerhalb des Gebäudes einfach mal versucht, diesen Behördencharakter, der natürlich sehr stark ist, einfach auch mit aufnehmen zu können.

SK: Aber – das zeigt Ihr ja auch in dem Film – auf alles haben sie Euch auch nicht geantwortet ...

CS: Nein, nein, keinesfalls ...

O-TON aus Film situativ Abteilungsleiter Verfassungsschutz

"Ihnen nicht, im Fernsehen... Uns hier. Nein , können wir nicht, warum können wir nicht? Ich sage es mal unter drei, wie wir zu diesen Belegen gekommen sind. Das kann man ja sagen .. Presseprecherin: nein, Kamera aus ...Ich kann die Frage leider nicht beantworten. Ich kann leider diese Frage jetzt auch nicht beantworten. Ich darf sie nicht beantworten. Vielleicht sage ich es mal so ..."

SK: Wie steht man da als Journalist? Wie geht man damit um?

CS: Ja, das ja, dass das war uns natürlich vorher schon in Teilen klar, wie gesagt, wir hatten diesen Film über den BND gemacht. Auch dort weiß man, dass es auch bestimmte Fragen keine Antworten gibt. Und für uns war das auch sehr wichtig, deutlich zu machen, unter welchen Umständen wir diese Interviews führen konnten. Deswegen haben wir diesen Teil eben auch im Film mit eingebaut. Auf einige Fragen gibt es dann, ganz entwaffnend, auch die klare Antwort: Ich darf Ihnen darauf nicht antworten, ich kann darauf nicht antworten, ich will darauf nicht antworten. Und natürlich betrifft das häufig auch etwas heiklere Geschichten, wo die Damen und Herren dann meinen, oder tatsächlich von Amts wegen verpflichtet sind, nichts darüber sagen zu dürfen. Und zum anderen ist es natürlich auch immer eine Kontrolle gewesen durch die anwesenden Damen und Herren der Presseabteilung, dass da bestimmte Informationen vielleicht nicht preisgegeben werden. Und da haben wir eben diese eine Szene gehört, wo die Pressesprecherin gleich eingegriffen hat, als der Hausjurist, der zum Beispiel sehr stark für die für das Gutachten zur AfD zuständig ist, uns etwas erzählen wollte über Belege, die sie haben, die deutlich machen, dass der ehemalige AfD- Funktionär Andreas Kalbitz früher in einer neonazistischen Organisation war. Da wollte er gerne etwas darüber erzählen, was wir natürlich auch gerne gehört hätten. Aber da gibt es dann die Pressesprecherin, die eingreift.

SK: Das ist ja interessant. Jetzt wissen wir wenigstens ein bisschen, worum es gegangen ist bei deiner Frage.

CS: Ja, natürlich natürlich.

SK: Aber AfD gutes Stichwort. In einigen Bundesländern ist sie ja jetzt gerade zum Verdachtsfall geworden, unter anderem auch in allen drei mitteldeutschen Bundesländern. Die Bundespartei könnte das werden. Das steht so ein bisschen im Raum. Wie ist so deine Einschätzung? Also was kommt da jetzt auf den Verfassungsschutz zu? Mit der AfD Beobachtung?

CS: Der Verfassungsschutz befindet sich jetzt eigentlich am am Ende einer fast zweijährigen Überprüfung der AfD. Also mit dem mit dem Beginn der Amtszeit von Thomas Haldenwang hat das an Fahrt aufgenommen. Ob man die AfD mehr in den Fokus nehmen muss, von seiten des Verfassungsschutzes, hat man jetzt zwei Jahre lang zusammengetragen. Das war, glaube ich, auch nicht immer so einfach, weil es da auch unterschiedliche Kräfte beim Verfassungsschutz gibt

SK: Auffällig auch, dass es ja jetzt, in den letzten zwei Jahren, nachdem Herr Maaßen weg ist, so an Fahrt aufgenommen hat. Oder?

CS: Ja, das hängt natürlich auch eng mit der mit der allgemeinen politischen Situation zusammen. Aber hängt auch damit zusammen, dass Herr Maaßen ganz offensichtlich andere Schwerpunkte gesetzt hat. Für sich, weil er offenbar auch politisch da ganz anders gedacht hat. Seine Schwerpunkte waren eher die Bekämpfung, Aufklärung von islamistischen Terrorismus. Rechts hat er so ein bisschen links liegen lassen, um es mal so zu sagen. Das hat sich unter seinem Nachfolger deutlich geändert. Aber natürlich auch, weil die politische Situation sich da zugespitzt hat. Und die AfD, die in der Öffentlichkeit natürlich auch vielleicht ein immer schwierigeres Bild abgegeben hat. Und jetzt, nach diesen zwei Jahren, muss der muss das Bundesamt auch Farbe bekennen und sagen, wie es nun mit der AfD weitergehen soll. Und ich denke, das wird es auch in den nächsten zwei, drei Wochen kommen. Aber es hat auch deswegen glaube ich, so lange gedauert, weil dort alle im Hause und nicht nur dort, sondern auch im Innenministerium bis hin zu Horst Seehofer, peinlichst darauf achten, dass sie keine juristischen Fehler machen. Denn wenn sie da sozusagen ein Gutachten haben, Begründung haben, die juristisch anfechtbar sind, dann wird es die AfD natürlich und zu Recht auch versuchen, zu Fall zu bringen. Und die AfD hat auch eine renommierte Kölner Kanzlei, die für sie arbeitet. Interessant oder pikant ist , dass zum Beispiel Hans-Georg Maaßen, der ehemalige Chef des Bundesamtes, auch für diese Kanzlei als freier Mitarbeiter wohl tätig ist. Also da muss das Bundesamt schon sehr genau gucken, dass sie mit ihrem Begründung richtig liegen, damit es dann tatsächlich auch weitergehen kann.

SK: Ja, sonst lässt sich das wahrscheinlich relativ leicht kippen. Mal zurück zu „inside“ Bundesverfassungsschutz. Bei dieser Tagung, da war auch Stephan Kramer dabei, das ist der Thüringer Verfassungsschutzpräsident. Mit dem seid Ihr auch unterwegs gewesen. Der wirkt ja - im Gegensatz zu sonstigen Geheimdienstlern - geradezu offen. Wie war das, mit dem unterwegs gewesen zu sein?

Stephan Kramer,  Präsident des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz
Seit 2015 in Thüringer Verfassungsschutzpräsident: Stephan J. Kramer Bildrechte: imago images / Jacob Schröter

CS: Stephan Kramer das ist natürlich das, was man vielleicht einen bunten Vogel nennen könnte. Also, es ist definitiv ein Mann von außen. Sagen wir mal, die allermeisten der Leitungsfiguren bei den Verfassungsschutzämtern, das sind Leute, die haben innerhalb der Behörde eine Karriere gemacht. Stephan Kramer kommt von außen. Man hat ihn in Thüringen auch absichtlich von außen geholt, nach dem Desaster/ Debakel mit dem mit dem NSU. Und er ist einfach als Mensch sehr angenehm. Und er pflegt auch mal ein paar offenere Worte als die allermeisten, die eher sehr zugeknöpft sind. Das ist natürlich ihr Job, aber er weiß auch, dass er bestimmte Dinge versuchen muss, an die Öffentlichkeit zu bringen. Und ja, er ist sehr impulsiv. Er kann auch schnell sagen,“Nee, da hab ich keine Lust dazu. Das machen wir jetzt nicht.“ Aber insgesamt war er doch überraschend offen und hat da sehr gut mit uns kooperiert.

SK: Interessant fand ich die Aussage, dass der Verfassungsschutz gerade im Osten auch ein größeres Problem hat aufgrund der Stasi-Vergangenheit. Vielleicht können wir da noch ein bisschen mehr dazu erfahren, inwieweit das tatsächlich ein Problem ist im Osten für Verfassungsschützer?

CS: Sagen wir mal, es gibt vielleicht zwei Hauptmotive, weswegen der Verfassungsschutz in Ostdeutschland weniger angesehen oder auch weniger akzeptiert ist. Das ist zum einen, denke ich, gerade noch bei älteren Generation. Das ist so dieses tief sitzende Misstrauen gegenüber solchen staatlichen, geheimdienstlichen Strukturen, wie man es früher von der Stasi kannte. Wobei ich jetzt nicht sagen will, dass der Verfassungsschutz das gleiche ist wie die Stasi oder so arbeiten würde. Aber natürlich gibt es ein Misstrauen gegenüber Geheimdiensten an sich. Der Verfassungsschutz sagt ja er ist kein Geheimdienst, sondern ein Nachrichtendienst. Er erklärt auf, er trägt Informationen zusammen. Und die negativen Dinge, die man einem Geheimdienst im allgemeinen anhängt, die gibt es schon, sozusagen aus der Definition nicht, beim Verfassungsschutz. Aber trotzdem, glaube ich, sind sehr, sehr viele Leute in Ostdeutschland da grundsätzlich eher skeptisch. Dazu kommt, dass der Verfassungsschutz diese Behörde in den verschiedenen ostdeutschen Ländern natürlich, kein gutes Bild abgegeben hat in den letzten 30 Jahren. Das ist sehr hektisch aufgebaut worden. Da sind sehr viele, teilweise unfähige Leute übereilt in diesen Dienst geholt worden. Und natürlich hat es dieses Debakel, diese Katastrophe, das muss man wirklich so sagen, des NSU gegeben, das sogenannte „Nine Eleven“ der deutschen Sicherheitsbehörden. Das hat natürlich besonders auf die ostdeutschen Bundesländer, auf die Landesämter für Verfassungsschutz und insbesondere auf den Thüringer Verfassungsschutz durchgeschlagen. Und da ist man einfach, glaube ich, will man dann dort arbeitet, nicht besonders gut angesehen bei vielen in der Bevölkerung. Und ich weiß auch, dass die meisten Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in Erfurt es geradezu vermeiden, überhaupt zu sagen, dass sie dort arbeiten. Natürlich auch aus Geheimschutzgründen, sagt man dann, man arbeitet im Innenministerium oder in irgendeiner anderen unauffälligeren Behörde. Aber es geht natürlich auch darum, dass es sowohl mehr Rechtsradikale gibt in Thüringen, die da durchaus empfindlich reagieren können oder dann sozusagen eine Bedrohung darstellen für die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes. Und es ist eben dieses schlechte Image, was sich hier durchaus noch mehr durchzieht als im Westen.

SK: Du hast das gerade angesprochen, das „Nine Eleven“, das Auffliegen des NSU, dieser Terrorgruppe. Und das ist ja auch ein Erbe, was Stephan Kramer im Prinzip auch übernommen hat. Was immer noch in der Diskussion ist, obwohl die meisten Untersuchungsausschüsse - bis auf der in Mecklenburg-Vorpommern - durch sind. Katharina König-Preuss von den Linken, die saß im NSU-Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtages.

O-TON Katharina König-Preuss

Der Thüringer Verfassungsschutz hatte so gut wie alle Informationen, die wussten, wo die drei sich aufhalten, die wussten, wer sie unterstützt, die wussten, dass die sich Waffen beschaffen, die wussten, dass für die Geld organisiert wird. Und sie wussten, welche Ideologie sie vertreten. Ich finde das, was der Thüringer Verfassungsschutz, aber auch andere Verfassungsschutzbehörden im NSU-Komplex getan haben, müsste eigentlich jeden Menschen, der für eine demokratische Gesellschaft einsteht, dazu auffordern, sich einzusetzen, diese Verfassungsschutzbehörden aufzulösen. Sie sind mit verantwortlich dafür, dass zehn Menschen umgebracht wurden.

SK: Ja, und da gibt es eine Person. Du hattest das auch jetzt gerade schon im Gespräch gesagt, dass da der Verfassungsschutz gerade in den neuen Bundesländern in den Neunzigern sehr schnell aufgebaut worden ist und da teilweise auch man kann schon sagen zweifelhafte Personen in Führungspositionen waren. Eine davon ist Helmut Roewer. Der war von 1994 bis 2000 Verfassungsschutzpräsident in Thüringen. Meiner Meinung nach, eigentlich erst nach Auffliegen des NSU, kamen alle möglichen Geschichten ans Licht.Bis hin zu: Er wusste gar nicht mehr - oder hat behauptet gar nicht mehr zu wissen - wie er überhaupt Verfassungsschutzpräsident geworden ist. Er hat gesagt, der damalige Innenminister hätte ihm irgendwo beim Wein die Ernennungsurkunde in die Tasche gesteckt, er sei betrunken gewesen. 2016 geriet er fast selbst unter Beobachtung seiner früheren Behörde, als er im Zuge der Flüchtlingskrise von einem Umsturz fantasierte. Darüber hinaus soll er damals persönlich Rechtsextreme als V-Leute angeworben haben. Roewer stand später wegen Untreue vor Gericht - Verfahren eingestellt. Er veröffentlicht heute Bücher. Ich habe auch noch einmal auf seine Webseite geguckt. Das ist teilweise ganz schön krude. Also da geht es natürlich auch um Corona und Verschwörung. Und er ist ein Donald-Trump-Fan und so weiter … In dieser Zeit, als der dort Verfassungsschutzpräsident war, da ist ja auch quasi die Gründung und das Abtauchen dieser drei NSU Terroristen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe passiert. Dass da jetzt einiges an Vertrauen verloren gegangen ist, das ist offenbar auch dem heutigen Verfassungsschutzpräsidenten Stephan Kramer klar.

O-TON Stephan Kramer:

Ich verstehe sehr wohl, dass Linke und Grüne nicht nur teilweise ideologische, sondern ganz offensichtlich aufgrund der NSU-Erfahrungen und anderer Skandale, die auch in den letzten Jahren passiert sind, sehr große Vorbehalte haben, gegenüber den Sicherheitsbehörden. Und dass man das nicht einfach vom Tisch wischen kann und sagen kann so jetzt ist alles schön. Jetzt fangen wir mal wieder von vorne an. Auch da müssen wir um Vertrauen werben. Worum ich mich bemühe auch gerade was die Parlamentarier angeht. Und ich glaube, da ist auch schon einiges an Fortschritt mir, meinem Amt, gelungen, auch hier in Thüringen.

SK: Christian, die Kritik von Katharina König-Preuss gegen das Statement von Stephan Kramer - was denkst du? Kann denn jetzt jemand wie Stephan Kramer da wirklich was dran ändern? Vor allem an diesem immensen Vertrauensverlust, der da passiert, ist?

CS: Ja vielleicht noch einmal zurück zu dieser legendären Figur, die du beschrieben hast. Herr Roewer. Legendär in dem Sinne von, man fragt sich, wie dieser Mensch tatsächlich auf diesen Posten kommen konnte. Also alles, was man darüber gelesen hat, da kann man wirklich nur mit dem Kopf schütteln. Die Personalpolitik in den 90er-Jahren, das ist aus heutiger Sicht wirklich sehr bizarr. Und es gibt natürlich auch Leute, die seitdem bis heute beim Verfassungsschutz in Thüringen beschäftigt sind. Und das macht es für Stephan Kramer nicht so leicht. Ich denke, die Kritik von Katharina König-Preuss ist da schon in in vielerlei Hinsicht berechtigt, weil das Amt auch heute für Außenstehende ein ja, man muss es sagen schwarzes Loch bleibt. Es ist einfach so, Stephan Kramer ist die einzige Person, die dort etwas sagt. Das ist auch sicherlich so abgesprochen. Also alle anderen haben uns zum Beispiel oder wollten nicht vor die Kamera und durften auch nicht vor die Kamera. Ursprünglich hätten wir mehr Möglichkeiten gehabt, in Thüringen beim Verfassungsschutz zu drehen. Einige durchaus interessante Abteilungen. Das hätte uns Herr Kramer selber vorgeschlagen. Am Ende schrumpfte das dann auf die Begleitung zusammen und auch das Interview mit ihm, weil die übergeordnete Behörde, die für den Verfassungsschutz, für das Landesamt zuständig ist, das Innenministerium das abgewehrt hat und gesagt hat, das wollen wir nicht machen. Das deutet natürlich auch ein bisschen daraufhin, wie unsicher man da in Thüringen vielleicht ist. Ganz anders war das Vorgehen in Nordrhein Westfalen, als wir dort beim Landesamt angesprochen haben, dass wir vielleicht einen Teil in den Filmen aufnehmen wollen über ihre Arbeit. Da hat man das besser verstanden. Auch als eine Möglichkeit zu zeigen, was man eigentlich macht. Immer in Maßen dessen, was geht. Aber das war nun eben wirklich ganz anders und offensiver, als es in Thüringen gelaufen ist. Und solange man eben nicht mehr weiß über das Amt außer das, was Herr Kramer nach außen darstellt, wird es immer weiter auch berechtigte Kritik von Leuten geben, die daran zweifeln, dass da genügend Reformen stattgefunden haben, im Vergleich zu diesen katastrophalen 90er-Jahren.

SK: Ich habe so ein bisschen das Gefühl, da beißt sich die Katze in den Schwanz. Weil - natürlich auf Grund dieser ganzen Vorgeschichte und des Vertrauensverlustes - so habe ich das verstanden aus den Äußerungen von Herrn Kramer, dass er auch deswegen so wenig Personal bekommen hat und weniger Personal, bedeutet natürlich auch ein schlechteres Arbeiten. In welcher Bredouille ist er denn da?

CS: Ja, das ist ich denke mir auf jeden Fall eine große Bredouille für ihn, weil man ja mal schauen muss im Vergleich die 16 Landesämter für Verfassungsschutz in Deutschland, die haben fast alle in den letzten Jahren teils erhebliche Zuwächse bei Personal gehabt, beim Budget gehabt, weil die sogenannten Gefährdungen aus verschiedenen Richtungen eben als größer eingeschätzt worden sind oder Real auch sind. Nur zwei Bundesländer, das Saarland und in Thüringen, da ist sozusagen der Personalbestand im Wesentlichen der gleiche geblieben. Dass heißt, es gibt mehr Arbeit, aber nicht mehr Leute dafür. Und das ist mit Sicherheit auch eine Maßnahme der Politik, der Landesregierung in Thüringen, gewesen... Wir haben im Film gesagt, das Amt und auch Kramer werden im Prinzip dafür bestraft, für den NSU, für die NSU-Katastrophe, indem nicht genügend oder nicht mehr Personal da ist. Und damit muss er auskommen. Das ist nicht einfach. Er hat eine Menge Alt-Personal aus früheren Zeiten. Sag ich mal so und hat da Schwierigkeiten in der Analysefähigkeit seiner Behörde. Er hat uns „off record“ erzählt, dass er jetzt ganz froh war, mal eine Islamwissenschaftlerin einstellen zu können. Er hätte sicherlich gerne mehr gehabt, und diese Islamwissenschaftlerin durfte keine Muttersprachlerin sein, sprich sie musste sozusagen aus Deutschland kommen, weil sonst beim Personalamt die Sicherheitsbedenken zu groß gewesen wären. Also das ist wirklich ein sehr schmaler Grat, auf dem Herr Kramer da geht. Und er macht das jetzt seit fünf Jahren. Ich glaube, er hat einiges geändert. Aber wie weit er dann noch weiter kommt, ist ja auch abzuwarten. Der neueste Schritt von ihm ist ja nun, dass er für den Bundestag kandidieren möchte in Thüringen. Solange diese Kandidatur läuft, also bis zum Herbst, wird er dann auf seinen Posten als Präsident beurlaubt sein. Das heißt dann wird es dort erst einmal weiter Stillstand geben.

SK: Christian wir haben es am Anfang angesprochen .. diese ganzen Herausforderungen, die jetzt auch dazugekommen sind zu den klassischen Aufgaben eines Nachrichtendienstes, was ja eigentlich die Spionageabwehr war. Also wir haben Terror von links, von rechts. Wir haben Islamisten. Die treffen sich nicht mehr im Hinterzimmer, sondern das ist alles im Cyberspace, auf Spieleplattformen, wie Steam sind Treffpunkte geworden... Nach dem, was du jetzt gesehen hast, für deinen Film, die Einblicke, die du bekommen hast, hast du das Gefühl, dass die Landesbehörden, aber auch die Bundesbehörde, diesen Herausforderungen gewachsen ist?

CS: Ja, das ist eine gute Frage. Das ist schwer einzuschätzen. Ich denke zu einem bestimmten Punkt können Sie da, sind sie dem gewachsenen, können Sie auch diesen ganzen Anforderungen verwalten. Man darf eben nicht vergessen das sind alles Behörden. Das ist ein schwieriges Konstrukt aus 16 Landesämtern, das Bundesamt ist sehr föderal aufgebaut. Und es gibt natürlich schon eine ewige Diskussion über viele Jahre über mehr Effizienz, die man vielleicht erreichen könne, indem das Ganze neu strukturiert würde oder in dem bestimmte Ämter zusammengelegt werden und Strukturen und Prozesse dann schneller und einfacher ablaufen. Aber das ist bisher natürlich immer durch die Landesregierungen aus den unterschiedlichsten Ländern blockiert worden, weil jeder möchte gerne seinen eigenen Verfassungsschutz und auch diese Instrumente haben. Deswegen kommt man dabei den großen Reformschritten eigentlich nicht voran. Wir sehen, nachdem was wir über unsere Recherche und und die Filmarbeiten herausbekommen haben, das es natürlich sehr viel Nachholbedarf bei Cyber-Abwehr gibt. Wie du gesagt hast, die sogenannten „einsamen Wölfe“, also Terroristen, die autark agieren und nicht einfach zu finden sind, die Aufklärung von so etwas, das ist sehr schwierig. Aber auch da hängen die Verfassungsschutzämter natürlich hinterher. Ich denke, manchmal ist es aber auch so, dass der Verfassungsschutz in Deutschland auch ganz gerne mal nach außen so ein bisschen als Prügelknabe dasteht oder als Behörde, die den Dingen hinterher läuft, weil man vielleicht in Wahrheit technisch schon viel weiter ist, das aber nicht offenbaren möchte, weil man natürlich seine Klientel, also Terroristen, Extremisten und ähnliche in Sicherheit wiegen möchte. Ich denke, dass da schon einige Anstrengungen gemacht werden, aber wir den Stand der Fähigkeiten manchmal auch nur erahnen.

SK: So einen Einblick in so einen Hightech-Zentrum wie imFilm, den hat man eben so auch eigentlich nicht. Deswegen haben die wahrscheinlich so dieses Image der „Behörde“, der „grauen Eminenz“, der „Schlapphüte“... Und da gibt es ja schon einen Unterschied, finde ich. Zum Beispiel zum FBI oder CIA, da gibt es Hollywood-Filme oder der Mossad in Israel. Das sind legendäre Geheimdienste, währenddessen der deutsche Verfassungsschutz. Das klingt schon ganz schön dröge. Oder?

CS: Das liegt vielleicht schon an dem Wort. Aber das ist, glaube ich, auch, sozusagen ein bisschen in die DNA des Verfassungsschutzes reingeschrieben. Und ich finde das auch gar nicht so schlecht. Man muss da, glaube ich, nicht zu sehr mit hochgekrempelten Ärmeln auftrumpfen oder irgendwelche super Missionen leisten, wie sie dann natürlich im Wesentlichen von Hollywood auf irgendwelche amerikanischen Dienste geschrieben werden. Aber man kann beim Verfassungsschutz in Deutschland nur noch einmal sagen, es ist eine Behörde. Und Behörden kennen wir alle. Die haben natürlich so ihren eigenen Charakter. Die sind nicht immer unbedingt schnell. Insgesamt ist der Verfassungsschutz in Deutschland auch defensiver unterwegs, hat weniger Machtfülle, vielleicht als amerikanische Dienste. Man wirbt mit dem schönen Slogan um um Nachwuchs, um Personal „Im Verborgenen Gutes tun“, möchte sich als der große Demokratieschützer darstellen. Das passt natürlich wenig zu den klassischen Geheimdienst-Bild, was man über James Bond, CIA, FBI oder anderen so vor Augen hat. Ich glaube, das ist aber eigentlich für Deutschland gar nicht so schlecht, dass man da nicht so ein präpotenten Nachrichten- oder Geheimdienst hat. Vielleicht noch zum Punkt „Bewerber“, also „Im Verborgenen Gutes tun.“ - Offiziell sagen die Leute vom Verfassungsschutz, vom Bundesamt, dass sie sehr hohe Bewerberzahlen haben, also für die unterschiedlichsten Jobs, die sie so anbieten. Also, man denkt vielleicht immer, keiner möchte zum Verfassungsschutz. Aber es gibt wohl schon recht große Zahlen, weil es natürlich dann auch darum geht, dass man dort einen festen oder verhältnismäßig sicheren Job bekommen kann. Wo es hapert, was nicht einfach ist, das ist der IT-Bereich. Da werden dringend gute Leute gesucht, beim Verfassungsschutz. Aber da ist ein bisschen das Problem, dass Behörden in Deutschland konkurrieren müssen mit der freien Wirtschaft, was die Gehälter angeht. Und da kann man häufig nicht so gut mithalten, sodass man dann Überzeugungsarbeit leisten muss. Das heißt im IT-Bereich haben die Sicherheitsbehörden, glaube ich, deutlich, auch Nachholbedarf, einfach gute Leute zu bekommen.

SK: Da reichen wahrscheinlich dann doch nicht die Spielkonsole, das Sofa und die Gummibärchen, wie wir das im Film gesehen haben ...

CS: Nicht ganz. Das ist zwar, glaube ich, in Teilen auch so von von dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz als Motiv für mögliche künftige Bewerbung zu sehen. Aber dass man tatsächlich immer auf dem Sofa liegt, mit Gummibärchen und irgendwelche Ego-Shooter-Spiele spielen kann, das trifft, glaube ich, nur auf den allerkleinsten Teil der Leute zu.

SK: Gerade heute kam eine Meldung, es sind drei Syrer in Deutschland und Dänemark festgenommen worden. Die haben wohl einen islamistischen Terroranschlag geplant und sind offenbar aufgeflogen, sie wurden festgenommen. Da kann man auch davon ausgehen, dass da auch Nachrichtendienste eine Rolle gespielt haben. Deshalb zum Schluss noch mal die Frage an dich, als Autor, der sich so lange mit diesem Thema fast hat: Geht es überhaupt ohne Verfassungsschutz deiner Meinung nach?

CS: Ja, gute, schwierige Frage, Secilia. Das ist ja etwas, was man in wenigen Sätzen nur schwer beantworten kann. Ich denke, ich bin kein Freund radikaler Ansichten, die sagen, man muss den Verfassungsschutz abschaffen, der hat sich so diskreditiert, nein. Ich denke schon, wir brauchen einen Verfassungsschutz. Wir brauchen vor allen Dingen eine Extremisten-Abwehr auf gegen Extremismus von links von rechts. Wir brauchen auch ein Frühwarnsystem, auch das ist ja das Bild, was der Verfassungsschutz gerne von sich zeichnet. Aber wir brauchen ein Frühwarnsystem, das wirklich besser ist als das aktuelle. Und ich bin grundsätzlich schon skeptisch, ob die momentane Konstruktion des Verfassungsschutzes wirklich mithalten kann mit dieser dynamischen Entwicklung in der Weltpolitik, aber auch hier bei uns vor Ort. Es muss einfach mehr klare Reformen geben, im Personalbereich, in der Umstrukturierung, aber die sind nicht so absehbar. Viel Geld fließt dennoch hinein. Die Bundesregierung hat da ja viel Geld bewilligt und nachgerüstet. Aber es bleibt eben leider vieles andere sehr intransparent. Und man kann immer nur wieder nachhaken und schauen, ob sich etwas verändert hat. Wichtig ist vielleicht auch noch einmal zu sagen es ist bedarf natürlich immer Kontrolle. Also das ist einfach wichtig. Um das ist in der Demokratie wichtig, dass der Verfassungsschutz mit all dem Geld, was er bekommt, mit all den Möglichkeiten, auch den rechtlichen, kontrolliert wird und besser kontrolliert wird beziehungsweise einfach auch mehr Kontrolleure bewilligt werden von Regierungsseite. Also das ist schon mal ein entscheidender Punkt neben all den Fragen nach Effizienz oder ob der Verfassungsschutz mithalten kann. Das ist die eine Seite der Medaille, die andere, die auch sehr wichtig ist, dass in gleichem Maße, wie man ihn mit mehr Macht und Möglichkeiten ausstattet, auch die Kontrolle, ihm auf die Finger zu schauen, verbessert und verstärkt wird, weil sonst kann daraus ein Selbstläufer entstehen, den keiner von uns möchte.

SK: Okay, also Verfassungsschutz, grundsätzlich ja. Aber es gibt offenbar jede Menge Reform und Kontrollbedarf. Christian, ich danke dir sehr, dass du dir die Zeit genommen hast und zu Gast warst in unserem Podcast. Und herzlichen Dank für den Film und für diese Einblicke in etwas, was immer so eine Blackbox ist. Für viele Menschen nämlich den Verfassungsschutz.

CS: Na, da freue ich mich, wenn ich da vielleicht ein kleines bisschen Licht hinein gegeben habe. Mir hat es Spaß gemacht. Danke zurück.

Das war der Podcast MDR investigativ. Hinter der Recherche in den Shownotes finden Sie Links zu weiteren Informationen sowie die Links zu den Filmen von Christian Schulz und Rainald Becker über den Verfassungsschutz.

Kritik und Anregungen können Sie gerne über die E-Mail-Adresse investigativ@mdr.de loswerden.

Auf mdr.de/investigativ-podcast finden Sie eine Übersicht aller Podcast-Folgen und hier können Sie uns auch ganz bequem abonnieren, worüber wir uns natürlich sehr freuen würden.

Die nächste Folge MDR Investigativ hinter der Recherche kommt am 12. März. Dann wieder mit Esther Stefan.

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