MDR INVESTIGATIV - Hinter der Recherche (Folge 39) Podcast-Transkript: Hat SAP geistiges Eigentum gestohlen und Urheberrechte verletzt?

Audiotranskript

Es sind schwere Vorwürfe: Urheberrechtsverletzung, Diebstahl geistigen Eigentums und Ausnutzung von Marktmacht. Gerichtet ausgerechnet gegen ein Unternehmen, von dem seine Gründer – Hasso Plattner und Dietmar Hopp – gern das Bild des deutschen "Wunderkinds" der Softwarebranche zeichnen. Doch der Markt ist hart umkämpft – und die Grenzen zur Legalität anscheinend schnell überschritten. Gast: Christian Bergmann Moderation: Secilia Kloppmann

Mod. Secilia Kloppmann (SK)

Hallo und willkommen zu einer neuen Folge von MDR INVESTIGATIV - hinter der Recherche. Mein Name ist Secilia Kloppmann, und ich arbeite für die Politischen Magazine des Mitteldeutschen Rundfunks. In dieser Folge geht es um das deutsche Vorzeigeunternehmen SAP, Hersteller von Abrechnungs- und Logistiksystemen, Global Player mit weltweit über 100.000 Mitarbeitern, Börsenwert derzeit 143 Milliarden Euro - lag vor kurzem allerdings noch bei 155 Milliarden. Es gibt schwere Vorwürfe gegen SAP - dazu der Wirtschaftsjura- Professor Gerald Spindler von der Universität Göttingen, der sich brisante Unterlagen angesehen hat.

O-TON Prof. Gerald Spindler

Die dicken Bretter liegen im Bereich eben von eventuell vorsätzliche Urheberrechtsverletzungen genauso halt eben wegen Verletzungen gegen das unlautere Wettbewerbsgesetz, also Gemeinde, im Volksmund Industriespionage eben genannt.

Urheberrechtsverletzung – also die Verwertung von geschütztem geistigem Eigentum anderer ohne deren Zustimmung ist strafbar. Industriespionage – das heißt, Konkurrenten werden ausgespäht oder illegal überwacht, um daraus Vorteile im Wettbewerb zu erlangen - und all das wird der Softwarefirma SAP vorgeworfen

SK

Aufgedeckt wurden die vermutlichen Machenschaften von SAP durch lange Recherchen meines Kollegen Christian Bergmann gemeinsam mit Kollegen vom Spiegel. Und über diesen Wirtschaftskrimi möchte ich jetzt mit Christian sprechen. Hallo Christian

Hallo, ich grüße dich

SK

Also es geht um SAP. Es geht um den Vorwurf der Urheberrechtsverletzung. Es geht um die Vorwürfe, Ausnutzung von Mark Marktmacht - auch ein Vorwurf. Bevor wir über diese ganzen Vorwürfe sprechen und warum wer die erhebt, lass uns doch vielleicht erst mal zu Beginn zeitlich einordnen, auf welche Zeit sich diese Vorwürfe beziehen.

Christian Bergmann (CB)

Also die Vorwürfe beziehen sich im Endeffekt auf einen Zeitraum von 1997 als Beginn. Und die konkreten Vorwürfe in diesem Fall strecken sich bis zum Ende des Jahres 2008. Es gibt darüber hinaus viele andere Vorwürfe gegenüber SAP, wie zum Beispiel  Teradata-Prozess erhoben werden, die noch weitaus weitreichender und später hinausgehen. Aber zu dem Sachverhalt, den wir jetzt unter anderem in diesem Spiegel'-Artikel beschrieben haben, zeichnet sich dieser dieser Zeitraum 1997 bis 2008 ab

SK

2010, da wurde dann ein Gutachten erstellt, was auch Teil eurer Recherche ist. Das ist von einer ziemlich bekannten Wirtschaftskanzlei erstellt worden. Linklaters heißen die, das hat einen erstaunlichen Namen, das heißt nämlich "Golden Eye", wie dieser James Bond-Film von 1995. Gibt es da irgendeinen Zusammenhang? Warum die das so genannt haben?

CB

Naja, dazu muss man die Interna bei SAP kennen, die ihre Vorgänge, auch Kauf von Firmen, immer so unter Tarnnamen verabreichten, sozusagen, Also ein Kauf, war mal Cape Town, ein anderer war “El Paso“. Das sind dann Decknamen, damit  man in offener E-Mail Kommunikation nicht gleich weiß, worum es geht. Oder wenn irgendjemand das mitliest, dass nur der eingeweihte Kreis weiß, worum es geht. Das hier jetzt "Golden Eye" -  ist im Prinzip ja ein James-Bond-Thriller gewählt wurde... warum das jetzt genau so ist, das entzieht sich meiner Kenntnis. Aber es lässt natürlich ein bisschen blicken, weil klar, es hier ja auch ein bisschen so um Spionage geht, um kriminelle Machenschaften, um Tarnung - also im Prinzip auch alles, was ein guter Krimi haben sollte.

SK

Warum gab es denn überhaupt dieses Gutachten? Und wer hat es einen Auftrag gegeben?

CB

Das Gutachten ist in Auftrag gegeben worden von einem Sonderausschuss des Aufsichtsrats unter Vorsicht von Hasso Plattner. Dieses Gutachten ist in Auftrag gegeben worden, aufgrund des schwelenden Rechtsstreits mit Oracle. Dazu muss man wissen, dass die beiden Gründer von Oracle und SAP, Hasso Plattner und Larry Ellison, ich würde jetzt nicht sagen Feindschaft, aber eine gute Abneigung verbindet. Und im Prinzip dann, als SAP sich immer stärker positionieren wollte am Markt, auch Oracle Kunden wegnehmen wollte und Marktanteile bekommen wollte. es sich eine Firma geholt hat namens TomorrowNow also, die aufgekauft hat in den USA. Und die hat sozusagen hauptsächlich Kunden von Oracle betreut. Und mit von diesem Vehikel TomorrowNOW wollte man dann sozusagen auch unter Umgehung von Urheberrecht, weil es wurde dann viel sozusagen Einblick in die Oracle-systeme genommen als zulässig war, auch an an Kunden von Oracle rankommen. Also SAP wollte das, und im Zuge dessen kam, kam es dann zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Oracle verklagte SAP, und das führte zu einem siebenjährigen Verfahren. Von 2007 bis 2014 und 2007 ging es erst langsam los, und im Zuge der Jahre dann, zwischen zwei, sieben und zwei zehn, dämmerte es SAP, dass das durchaus ein sehr, sehr problematischer Vorgang werden könnte. Und deswegen hat man diese Kanzlei Linklaters, einer der größten der Welt, beauftragt, sich mal anzuschauen, was denn für Risiken im Unternehmen schlummern. Das ist auch ganz wichtig an so einem Punkt, wenn man merkt, oh mein Gott, das könnte jetzt einen Riesen Problem werden, was es ja dann auch wurde. Und im Zuge dessen wurde dieses Gutachten dann erstellt.

SK

Also ich fasse noch mal zusammen: Die haben das selbst in Auftrag gegeben. Hasso Plattner - hast du gerade erwähnt - ist einer der Gründerväter von SAP neben Dietmar Hopp. Das ist so der zweite wichtige Name, den man kennt. Das war also nur für interne Zwecke. Dieses Gutachten ist aber dann beschlagnahmt. Wurden bei einer Razzia 2011, richtig?

CB

Genau. Also. Das kam dann dazu, dass natürlich die Vorwürfe, die Oracle erhoben hatte, in den USA sich explizit gegen die Vorstandsmitglieder von SAP richteten. Also dass die das gebilligt haben, diesen Kauf der Firma wohl wissentlich, dass da Urheberrechtsverletzungen im Raum stehen. Dass das auch ein Geschäftsprinzip dieser Firma TomorrowNow wohl durchaus ist, also dieses Wissen gab es wohl laut mehreren Unterlagen auch im Bereich des SAP-Vorstands damals oder zumindest einiger Vorstandsmitglieder. Und im Zuge dessen hat die Staatsanwaltschaft Mannheim dann auch ermittelt und gesagt, hier istr Urheberrecht verletzt worden. Und sie haben dann im Dezember  2011 eine Razzia gemacht, und haben im Zuge dessen dieses Gutachten und andere Unterlagen beschlagnahmt und kam das war wohl dann auch ein ganz guter Treffer für die Staatsanwaltschaft.

SK

Und wie ist es denn dann weitergegangen mit diesem wahrscheinlich für SAP doch durchaus brisanten Gutachten? Wenn das jetzt in den Händen der Staatsanwaltschaft ist, konnte die Staatsanwaltschaft da überhaupt aufgrund dessen dann auch ermitteln oder auch Anklagen erheben? Ist es einfach so möglich?

CB

Ja, das ging natürlich einfach so. Also die Vorwürfe waren natürlich schwerwiegend, schwere Urheberrechtsverletzungen. Und deswegen musste auch die Staatsanwaltschaft Mannheim ermitteln. Das hat sie ja dann auch getan. Zumindest sie hat diese Hausdurchsuchungen durchgeführt, und SAP hat sich dann gewährt gegen diese Hausdurchsuchungen, vor allem gegen die Beschlagnahmung dieses Linklaters-Gutachtens. Und man ist erst vor das Amtsgericht Mannheim gezogen und dann vor das Landgericht im Revisionsverfahren. Und beide Gerichte haben festgestellt: Nein, die Vorwürfe, die hier skizziert werden, wiegen so schwer, das die Argumente, die SAP angeführt hat, dass man dieses Gutachten nicht verwerten dürfte, weil da vertrauliche interne Gespräche mit SAP-Mitarbeitern drin sind. Dass diese Argumentation von SAP durchaus nachvollziehbar sei, dass das gewichtige Gründe sind, aber noch gewichtiger, seien die eigentlichen Straftaten, die im Raum stehen. Und deswegen durfte die Staatsanwaltschaft Mannheim dieses Gutachten benutzen, auch als Beweis. Und SAP wollte dann sogar zum Bundesverfassungsgericht im Jahr 2014 ziehen. Und das Bundesverfassungsgericht hat aber diese Verfassungsbeschwerde nicht angenommen. Und dementsprechend durfte dann die Staatsanwaltschaft Mannheim das benutzen. Und die Staatsanwaltschaft Mannheim hat aber anscheinend lange abgewartet. Und auch abgewartet bis Ende 2014 bis dann Oracle sich zivilrechtlich mit SAP verglichen hat. Und das ist dann so wenn sich zwei Parteien zivilrechtlich einigen, wirkt das strafmildernd in der Strafsache, meistens. Ich bin jetzt kein Jurist, aber so wurde mir es mir von vielen Juristen erklärt. Und das war auch in der Antwort der Staatsanwaltschaft Mannheim unsere Anfrage eine der Begründungen, warum denn SAP erst 2017 zu, also das Verfahren gegen die Vorstand wurde unter Auflage einer Geldbuße eingestellt, und die Geldbuße waren dann 250.000 Euro, die SAP dann bezahlt hat - was für SAP nicht so viel Geld ist.

SK

Dass heißt, es hat sich lange hingezogen. Erst 2011 , dann final bis 2017...  wann hast du denn das erste Mal von diesem Gutachten erfahren? Und kannst du eigentlich erzählen, warum du da Einblick hattest in das Gutachten, wie du da dran gekommen bist?

CB

Nein, das kann ich natürlich nicht. Aber vielleicht nur so, wie ich überhaupt zu dem Thema gekommen bin. Vielleicht erklärt sich, dass daraus auch ein bisschen. Also ich habe glaub ich 2014 angefangen zu SAP, zu verschiedenen Aspekten zu recherchieren. Hab auch Berichte gemacht, wie SAP für amerikanische Geheimdienste arbeitet. Nach der Snowden-Affäre war das sozusagen auch ein Thema, was sehr relevant war und darüber hinaus dann auch die ersten Vorwürfe in Bezug auf Teradata haben wir damals auch in einer Kooperation mit dem Spiegel recherchiert. Wir haben das immer weiter getrieben. Also ich bin am Thema dran geblieben. Wir haben in diesem Jahr drei Geschichten im Spiegel gehabt, bezüglich zur SAP. Da merkt man dann, wenn man so lange bei dem Thema  Akzente setzt, dass Leute auf einen zukommen, dass Leute frustriert sind, dass Leute enttäuscht sind mit bestimmten Sachverhalten. Und man dann da auch als Ansprechpartner gesehen wird, weil man da Themen anschneidet, die für manche ja sehr sperrig sind oder sehr schwierig, aber dann oft das Gefühl bekommt oder die Reaktionen von solchen Leuten. Ach, endlich kümmert man sich mal um dieses Thema, weil es ja doch wichtig ist. Und viele also der Wissenskreis ist dann doch immer größer über solche Sachverhalte, als man denkt. Und so kommt man dann auch zu zu neuen Informationen

SK

und eben auch zu solchen Unterlagen...

CB

 -- und dann dementsprechend auch dazu.

SK

Jetzt lassen Sie uns mal konkret überhaupt zu den ganzen Vorwürfen noch mal sprechen du hattest schon mal jetzt eben die Teradata -Geschichte angesprochen. Und dann gab es auch noch - das war die letzte große Geschichte - das kann man auch in dem Beitrag von Fakt vom 16.11. sehen. Da geht es vor allen Dingen um eine um die Kooperation mit Universitäten. Das sind  sehr konkrete Vorwürfe. Vielleicht kannst du uns das noch mal erklären, worum es da geht, was die da gemacht haben?

CB

Genau, also das ist dieser Sachverhalt, den ich eingangs erwähnt habe, der 1997 losgeht. Damals 1997 hat laut Gutachten noch Dietmar Hopp persönlich, der damals noch im Vorstand oder auch Vorstandsvorsitzender war, diese Verträge mit der Uni Mannheim unterschrieben. Da ging es um eigentlich um eine Forschungskooperation, wie uns später die Uni Mannheim ja noch mitteilte. Eigentlich ohne irgendein konkreten Forschungszweck. Also SAP gibt Gelder zum freien Forschen ..So liest es sich zumindest ...

SLK

brauchen Universitäten immer. Freuen sich..

CB

… freuen sich natürlich. Und das war aber sozusagen erst mal nur das Etikett, was drauf stand. Was dann gemacht wurde, laut Gutachten, ist dann anscheinend zumindest was anderes gewesen. Also SAP hat dann einem Professor der Uni Mannheim mehrere Assistentenstellen bezahlt. Es wurde sehr intensiv sozusagen die Software von Mitbewerbern beobachtet. Was an sich nicht verboten ist. Das muss aber über ein externes Institut laufen. Aber was das Gutachten jetzt nahelegt, ist, dass im Zuge dieser Kooperation der Sourcecode von Mitbewerbern angeschaut wurde und eventuell auch in eigene Produkte übernommen wurde. Und das ist dann eine urheberrechtlich relevante Straftat. Und  das Interessante an dieser Zusammenarbeit ist ja, dass es dann auch relativ schnell in so ein Institut überführt wurde. Das hieß dann BIT, und im Rahmen dieses Institutes beginnt dann das, was so ein bisschen an einen Spionagethriller oder an "Golden Eye" , wenn man so möchte, erinnert. Dass man sagt okay, den SAP-Mitarbeitern war ja bewusst, das muss ein externes Institut sein. Sie haben sich dann laut Gutachten Büros darin organisiert haben. Über virtuelle Tunnel,  also sogenannte Remote-Access, konnten sie also zugreifen vom Firmensitz von SAP in Walldorf aus, zu diesem Institut.  Sie haben sich Visitenkarten dieses Institutes ausstellen lassen, um dann auf Messeständen Informationen wohl von der Konkurrenz zu erreichen. Und es wurde halt sozusagen, so wie eine verschleierte Operation. ... Die Machenschaften wurden ja dann immer extremer. Oder zumindest deutet das das Gutachten an, weil nämlich 2003 dann  selbst bei SAP dann auffällig wurde, dass das irgendwie ein bisschen seltsam ist, diese Kooperation. Es wurde dann angeraten, diese Kooperation einzustellen Was …

SK

.. passiert ist …?

CB
.. nicht passiert ist. Und das ist auch eine sehr interessante Seite dieser Geschichte, dass man sagt, Ja,  es gibt diese Hinweise. 2003 kommt der erste Hinweis aus dem Unternehmen SAP. Das geht so nicht, was ihr da macht. Und es wird immer, wie sagt man so schön … vielleicht nicht ignoriert, sondern es wird ein Weg drumherum gefunden, wie man gegen diese Richtlinien funktionieren kann oder diese Tätigkeit weiterführen kann. Und das Interessante dabei ist, dass der Besitzer der SIT, ein SAP-Mitarbeiter wird: Herr Ziemen. Und Herr Ziemen beantragt laut Gutachten ganz korrekt, wie es sich gehört, damit es mit seiner SAP-Anstellung keine Probleme gibt, eine Nebentätigkeitserlaubnis dafür. Die Herr Oswald, ein Vorstandsmitglied , ihm auch gewährt. Und auch das wird dann irgendwann in internen Vorgängen analysiert. Es gibt wohl auch interne Whistleblower - das geht aus einem Gutachten hervor - die auf diese Missstände hinweisen.

SK

Über Thomas Ziemen  und Gerhard Oswald werden wir später auch noch mal reden. Als Journalist braucht man dann ja auch immer noch einmal zum Beispiel einen Experten, der, dass noch einmal zusammen was in dem Falle war das Professor Gerald Spindler. Der ist Wirtschaftsrechtler von der Universität Göttingen.

Prof Gerald Spindler

Das Gutachten enthält schon einen gewissen Sprengstoff, muss ich ganz ehrlich sagen im Hinblick auf das Verhalten im sowohl das einen Vorstandsmitglieds als eben auch dieses Senior Executives.  Das enthält schon einiges an Sprengkraft , weil es eben hier um Überwachungs-Fehler geht, es geht um Organisationsfehler und so weiter. Das wird in einem Gutachten eigentlich relativ gut und klar ausgeführt. Das ist hier doch zu erheblichen Fehlverhalten. Anscheinend jedenfalls gekommen ist.

SK

Das ist ja jetzt schon auch mal ein ein ganz schön hartes Urteil, nicht  über irgendeine kleine Bude, sag ich jetzt mal salopp. War das eigentlich einfach jemanden zu finden, der sich mal mit SAP beschäftigt?

CB

Also als Experte der mit einem versierten Hintergrund, also auch mit dem Hintergrund des Urheberrechts, uns da unterstützen kann..  Das war schwierig. Also es hat mich auch überrascht. Ich habe es erwartet, dass es nicht so einfach wird, da einen Experten zu finden, der sich zu solchen Sachverhalten äußert. Was jetzt hier besonders war, war das von den Angefragten - ich würde sagen zwölf bis 14 Experten, nur Herr Spindler im Endeffekt bereit war, den Sachverhalt einzuschätzen.

SK

Die anderen hatten alle keine Zeit oder war nicht ihr Fachgebiet...?

CB

Manche waren sicherlich auch in zeitlicher Bredoullie.... Ich meine, wenn man sieht, SAP ist natürlich ein großes Unternehmen, hat viele Kundenbeziehungen, hat natürlich auch viele Beziehungen zu Rechtsanwaltskanzleien, die dann natürlich gucken müssen, ob da eine Befangenheit vorliegt oder wie auch immer. Und aber sind natürlich auch wie gesagt, hat Universitäten aktiv und unterstützen verschiedene Lehrstühle. Und da ist mir so ein bisschen in der Recherche schon aufgefallen, welche durchaus Stellung SAP  hat in Deutschland. Und es ist nun mal nach Börsenwert das größte deutsche Unternehmen. Und da finden sich halt wenige, die dann wirklich auch mal bereit sind, da mal zu schauen, was da möglicherweise schiefgelaufen ist.

SK

Interessant fand ich auch diesen Insider Peter Färbinger, den du mit in dem Film hattest. Der gibt ein von SAP unabhängiges Magazin heraus, in dem  es um SAP-Produkte geht. Und ich finde, der hat relativ deutlich gesagt ja, so macht es SAP halt.

Peter Färbinger, Herausgeber e3- Magazin

Das ist durchaus ein, ja ein Verhaltensmuster der der Kollegen in Walldorf, bis  an die Grenze, vielleicht sogar darüber hinauszugehen, es auszuprobieren mit dem Rückhalt: Wir sind ein Monopolist mit dem Rückhalt, wir haben genug finanzielle Ressourcen. Wir würden auch eine eine Klage auch einmal aushalten.

SK

Das, was er da sagt, ist ja schon nicht so sehr freundlich gegenüber SAP auf der anderen Seite. Ich habe es gestern noch einmal geguckt auf die Webseite von seinem Magazin, und da gibt es so einen Artikel. Da relativiert er die Vorwürfe im in aus meiner Sicht so ein bisschen auch in Bezug auf diesen Spiegel'-Artikel und sagt so etwas wie naja, die Juristen, die haben zwar juristische Kompetenzen, aber keine Ahnung von der von der Informatik und von der Software-Welt und der Quellcode von SAP, der sei ja selbst ein offenes Buch, und SAP sorge sich da nicht so drum. Und ich habe so gedacht in dem Film klang der so wie ein Kritiker,  so in meinen Ohren. Und jetzt habe ich so das Gefühl wenn ich als ich das gelesen, habe ich so gedacht. Der relativiert das so so nach dem Motto macht doch jeder so.

CB

Na, was er genau denkt, dazu muss man ihn fragen. Aber es ist im Endeffekt, glaube ich, die Geschichte des Informatiker und Informatiker. Viele Informatiker sehen gewisse Dinge halt anders, vor allem, was sozusagen den fließenden Übergang sozusagen gibt von Dinge nachbauen. Man hat grundlegend die Idee verstanden von etwas und schreibt dann Programmcode, der das auch macht, dann ist das legitim. Das ist nicht verboten. Verboten wird es erst, wenn ich auf die Source-Code Ebene gehe und dort Copy-Paste mache. Das heißt einfach Steuerung C. drücke. Weil ich weiß, was dieser Mechanismus macht, aber nicht verstehe, wie er funktioniert und ihnen einfach eins zu eins kopiere. Dass ist  vielleicht eine Erklärung, warum manche Informatiker gewisse Dinge auch anders sehen, weil sie sagen, ich habe einen gewissen Wirkmechanismus verstanden, den ich danach programmiere, dass es auch an sich nicht verboten...

SK

Das jetzt viel, viel schwerer nachzuweisen, wenn Quellcode kopiert worden ist? Wenn wir zum Beispiel an andere Plagiatsvorwürfe denken. So ich gucke bei Wikipedia abgeschrieben oder von jemand anderem aus irgendeinem Buch Quellcode besteht aus Buchstaben und Zahlen, und Zeichen  - ist es schwerer?

CB

Na ja, ja. Das so sagen einem auch alle Juristen im Endeffekt die zum Beispiel egal, was die Vorwürfe wiegen schwer, aber sie müssen bewiesen werden, und das ist der entscheidende Punkt. Und was dann zum Beispiel in amerikanischen Gerichtsprozessen passiert ist. Dort werden dann Gutachter in spezielle Räume geführt, wo sie dann Zugriff auf Sourcecode bekommen und dann abgleichen müssen. Mit dem Source-Code des Klägers, der jetzt eventuell gegen SAP klagen würde, ist das eine eins zu eins Kopie, die hier drin sitzt sozusagen. Und das ist natürlich auch ein sehr müßiger Vorgang, sehr langwieriger Vorgang, Diese Experten kosten sehr viel Geld. Die setzen sich da ja nicht freiwillig in irgendwelche dunklen Räume, die Extreme abgesichert sind. Und das ist dann sicherlich ein Problem, auch weil solche Urheberrechtsprozesse viel Geld kosten. Und das ist sehr mühsam nachzuweisen und diese Schwellen erst mal alle zu reißen und diese Hürden zu überspringen, das trauen sich auch die wenigsten. Da muss man auch genug Geld haben und genug Hinweise, dass es wirklich so war, um so einen Prozess zu führen.

SK

Wenn wir jetzt mal guckt, es gibt diese Vorwürfe, wie viele Verantwortliche bei SAP betrifft das jetzt eigentlich? Gibt es Hauptverantwortliche?

CB

Ja. Also laut dem Gutachten sind das ja ganz klar Gerhard Oswald, damals Vorstand und Thomas Ziemen, ein leitender Angestellter bei SAP. Und bei Gerhard Oswald ist es ja besonders verblüffend, weil er ja zumindest laut Gutachten eigentlich über kurz oder lang empfohlen wurde, ihn zu verabschieden aus SAP...

SK

Aufgrund dieser Vorwürfe?

CB

…  aufgrund dieser Vorwürfe. Zum einen zu TomorrowNow, also in Bezug auf Oracle. Und zum anderen in Bezug auf SIT und BIT, Dass im Gutachten gesagt wurde, man sollte noch eine Übergangszeit wahren. Denn wenn man sich während des laufenden Oracles- Prozess von ihm verabschiedet, wird das auch negativ gesehen werden oder könnte negativ gesehen werden der Öffentlichkeit und könnte auch kontraproduktiv für den laufenden Artikel Prozess sein aus Sicht von SAP. Aber auf der anderen Seite hat man gesagt über kurz oder lang, also einen vielleicht nach einem Jahr oder so sollte man sich von Herrn Oswald trennen. Was passiert ist - wir wissen natürlich nicht, was für Erkenntnisse SAP in der Zwischenzeit gesammelt hat - aber im Laufe des Jahres 2010 wurde Herr Oswald zum CEO, also Chief Operating Officer ernannt, was sozusagen fast noch mal eine Erhöhung im Vorstand war, also eine noch höhere Position im Vorstand. Er blieb dann noch mehrere Jahre im Vorstand, und nach einer gewissen Übergangsfrist wechselt er dann auch sogar in den Aufsichtsrat bei SAP. Und das ist natürlich besonders interessant, sagen wir es mal so, weil er jetzt im Aufsichtsrat über das die gute Unternehmensführung von SAP wachen soll.

SK

Das heißt tatsächlich, der sitzt immer noch im Aufsichtsrat. und ist jetzt sozusagen einer von denen, die sich sozusagen diese Vorwürfe noch einmal angucken?

CB

Er sitzt dort drin. Und im Prinzip jetzt, nach den Veröffentlichungen, müsste er ja entscheiden nochmal formal. Wie sind denn diese Vorgänge zu bewerten, die er damals als Vorstandsmitglied getroffen hat? Also das ist ein bisschen seltsam. Aber das zeigt auch so ein bisschen diese SAP Familienstruktur und dass man dann an an solchen Leuten auch festhält einfach. Es ist ja vielleicht auch das Interessante an dem Vorgang also, das über die Jahre sozusagen kam. Drei verschiedene Abteilungen bei SAP, also, die Compliance Abteilung, die Rechtsabteilung und die Revisionsabteilung, alle über diese Sachverhalte stolpern und sagen, das könnt ihr so nicht machen. Und jedes Mal, wenn was passiert, wird es entweder eine ein System dazwischengeschaltet wie die SIT. Oder es wird umbenannt und verkauft wie dann später zu Systec. Und es wird halt immer sozusagen einen Weg gefunden, an den eigentlich nun Richtlinien bei SAP vorbei zuoperieren. So scheint es zumindest sehr stark laut dem Gutachten und wo es thematisiert wird. Und das ist so ein bisschen die die Unternehmenskultur, die sich immer wieder darstellt, auch wenn man Insidern spricht ...

SK

Unternehmenskultur, dann müssen wir auf jeden Fall noch über Hasso Plattner und Dietmar Hopp sprechen. Ich will trotzdem noch einmal der Vollständigkeit halber über den zweiten Beteiligten, gegen den sich die Vorwürfe richten, sprechen. Der heißt Thomas Ziemen. Was war dessen Aufgabe? Und wo ist der heute

CB

Thomas Ziemens Aufgabe war diese Kooperation mit der Uni Mannheim im Bereich Competetive Intelligence so heißt es so schön, also im Prinzip Marktanalyse von Konkurrenzprodukten, zu führen und anzuführen. Und es gab hat auch eine eigene Abteilung bei SAP, die sozusagen dann als Gegenstück gearbeitet hat. Und das hat er auch über mehrere Jahre geführt und getan. Und hat dann diese Sachverhalte auch alle so gemanagt, wie wir sie dann jetzt schon gehört haben und war auch immer sehr kreativ, anscheinend in den Maßnahmen, die er da gefunden hat. Interessant ist auch, dass er sozusagen dann auch dafür zuständig war, das Unternehmen TomorrowNow in die SAP zu überführen. Also genau dieses Unternehmen, was dann zu diesen massiven Rechtsstreit mit Oracle geführt hat, wo SAP ja dann auch erstinstanzlich zu 1,3 Milliarden US-Dollar Schadenersatz verurteilt wurde, was dann später auf 357 Millionen Dollar abgeschwächt wurde. Aber mit dem Zusatz, dass SAP noch zusätzlich die 120 Millionen Dollar Anwaltskosten von Oracle übernimmt. Also wir reden hier über fast 500 Millionen Dollar, die SAP für diese Geschichte bezahlen musste. Plus die eigenen Anwaltskosten noch.

SK

Das könnte dann schon ein bisschen mehr weh tun, als die 250.000 Euro...

CB

Das tat definitiv mehr weh. Aber Herr Ziemen war in beide Sachverhalte sehr stark eingebunden. Also, so schildert es das Gutachten. Und interessant ist natürlich, das er aus dem Unternehmen nicht entfernt wurde, also laut seinem linked-in Eintrag ist er bis 2018 bei SAP geblieben. Und laut dem Gutachten aus dem Jahr 2010 wird halt gesagt, er da trete sehr selbstbewusst auf. Und er hätte auch durchaus Sachverhalte skizziert, das Vorstandsmitglieder über diese Sachverhalte Bescheid wussten. Und dass es, so wird es im Gutachten gesagt, kontraproduktiv wäre, ihn jetzt aus dem Unternehmen zu entfernen, weil er sich möglicherweise unkooperativ verhalten könne. Sinngemäß sagt es dann das Gutachten aus, Im Endeffekt ist es ja dann das, dass er dann durchaus anscheinend dann ja noch acht Jahre im Unternehmen bleiben konnte und ja und bis heute zumindest ja auch noch bei einem anderen nicht ganz so großen, aber auch nicht unwichtigen Unternehmen beschäftigt ist.

SK

Stellt sich ja so ein bisschen. Die Frage waren jetzt Ziemen und Oswald die beiden, die die nützlichen, die so ein bisschen die Drecksarbeit gemacht haben..?

CB

Naja, was man nur sagen kann, und das sind sehr, dass es dann halt aber nur, was man so aus der Gesamtstruktur lesen kann, das natürlich so etwas Nährboden braucht. Herr Ziemen spricht auch in internen Präsentation dann davon, dass TomorrowNow, wenn man das kaufe, das eine strategische Waffe gegen Oracle sei. Er benutzt auch sehr kriegerische Rhetorik, um sozusagen da auch vielleicht so eine Art Corpsgeist herzustellen. Und das ist auch, wenn man mit anderen redet, häufig so das Gefühl, dass SAP so dieses diesen Zusammenhalt pflegt. Wir sind eine Familie, wir sind das einzige europäische große  IT-Unternehmen. Und es wird ja auch in dieser Branche mit sehr harten Bandagen gekämpft. Und deswegen ist SAP hier sicherlich anscheinend keine Ausnahm. Aber es ist nun mal ein Unternehmen in dieser Branche und führt diesen Kampf auch mit Mitteln,  die sicherlich auch amerikanische Unternehmen, der  Größenordnung und in der Branche halt tätigen. Aber in Europa ist es halt ungewöhnlich, dass wir noch so ein Unternehmen haben. Und dann zeigt sich die Unternehmenskultur, vielleicht auch etwas, die in der Branche gepflegt wird. Aber bei SAP scheint es zumindest so ja auch zu sein, das zumindest viele Sachverhalte, die zumindest im Graubereich fallen, immer wieder auftauchen. Es gibt auch mehrere Korruptionsvorwürfe, die immer wieder gegen SAP erhoben werden, und dementsprechend drängt sich so ein bisschen das Bild auf, dass man sagen könnte es ist schon eine Unternehmensführung, die auf den Erfolg aus ist und vielleicht nicht ausschließlich auf die gute Unternehmensführung.

SK

Und .. es entspricht eigentlich auch nicht unbedingt dem Bild, was SAP auch in der deutschen Medienlandschaft und so weiter vermitteln möchte. Weil viele Leute, die sich wahrscheinlich mit Software überhaupt nicht beschäftigen haben, aber mit Sicherheit schon mal was von SAP gehört. Ganz viele Leute haben schon mal was von von Hasso Plattner gehört. Dann gibt es die Hasso-Plattner-Stiftung, der hat viel in Potsdam sich engagiert. Die andere Seite ist Dietmar Hopp. Der hat den TSV Hoffenheim groß gemacht, mit mit seinem Geld. Ich habe mal geguckt vor ein paar Jahren waren sie noch Kreisliga-Kicker, ja doch durchaus erfolgreicher Bundesligaverein. Und die beiden gerade Dietmar Hopp und Hasso Plattner, die wollen schon auch immer so dieses Bild nach außen tragen. Wir sind die Software-Tüftler aus der baden-württembergischen Provinz. Wir sitzen in Walldorf, 15.000 Einwohner hat es, das ist dabei Heidelberg. Das soll alles so ein bisschen solide schwäbisch pfiffig wirken.Die eine Frage ist ja, wieviel ist eigentlich? War von diesem Image und wird es jetzt durch diese Betrugsvorwürfe beschädigt?

CB

Tja, was ist wahr  von diesem Image? Ich meine, sie sind ja aus einer Branche, die amerikanisch geprägt ist also die gesamte IT Branche. Und im amerikanischen ist es halt so, dass reiche Männer hauptsächlich sind es ja Männer, Mäzenen werden. Also die also die reichsten Menschen der Welt. Und Hasso Plattner und Dietmar Hopp sind zumindest die reichsten mit die reichsten Menschen von Deutschland. Dass dort halt viel für gemeinnützige Zwecke gemacht wird, für Forschung siehe Bill Gates.. und andere ... Das gehört sich so, aber auch aufgrund dessen bei halt aus vielerlei Gründen. Aber da Sozialsysteme ja auch nicht so eingezogen sind wie in Deutschland, so ein bisschen haben die beiden das auch kopiert. Das muss man so sagen. Also Hopp, ja versucht sicherlich viele ehrbare Sachen, die er da tut im Kampf gegen Kinderkrebs, bei sein Corona-Engagement war eher umstritten, weil er da auch Förderung von vom deutschen Staat bekommen hat..

SK

da geht es um Curevac?

CB

Genau, um die Firma Curevac, aber durchaus verdienstvolle Sachen, die er da mit seinem Geld veranstaltet. Und auch Hasso Plattner, der ja nicht  aus der schwäbischen Provinz kommt, sondern Berliner ist,  hat sicherlich für den Aufbau von Potsdam sehr viel getan. Auch das Hasso-Plattner-Institut, wo er auch viel geforscht wird sitzt in Potsdam. Also er hat sich da auch durchaus verdient gemacht, auch sicherlich für den Aufbau Ost und so weiter. Also Potsdam würde sicherlich nicht ganz so aussehen, wie es heute aussieht, wenn Hasso Plattner da nicht so viel Geld investiert hätte. Aber nichtsdestotrotz, das eine ist natürlich das Image, was man nach außen trägt und was man gerne hätte, was Leute über einen erzählen. Und das andere ist natürlich, dass beide sehr knallharte Geschäftsmänner sind. Und wenn man sieht, wie die SAP natürlich gewachsen ist über die Jahre, kann man natürlich sagen verdienstvoll und gut. Das ist schön, dass ein deutsches Unternehmen so wächst. Auf der anderen Seite kommen dann solche Geschichten, wie wir sie recherchiert haben, und andere immer mal wieder heraus, dass man sagt, hier wird natürlich sehr hart der eigene Stiefel durchgezogen. Man will Erfolg haben. Man will den Erfolg sehr, sehr stark haben und zieht das halt durch mit anscheinend zumindest, wie es viele Geschichten darlegen, durchaus mit Mitteln, die an der Grenze zu Gesetzesverletzungen sind.

SK

Was was sind es eigentlich so für Typen? Hast du da so einen Eindruck bekommen? Denn zum Beispiel Dietmar Hopp, der hat doch gar nicht mehr so viele Anteile. Ich glaube nur noch 5 Prozent - haben die denn noch viel zu sagen im Unternehmen?

CB

Also vielleicht erst mal zu Hasso Plattner. Der ist Aufsichtsratsvorsitzender und der ist damit der Chefkontrolleur dieses Unternehmens. Er war früher selber im Vorstand und ist jetzt Aufsichtsratsvorsitzender. Er ist, glaube ich, auch der größte Einzelaktionär mit fast sechs Prozent der Aktien von SAP.An Hasso Plattner gehe größere Sachen nicht vorbei. Davon sollte man ausgehen. Natürlich hat er einen großen Einfluss. Er ist der größte Einzelaktionär. Er ist Mitgründer, er ist Aufsichtsratsvorsitzender. Es ist teilweise eher erschreckend manchmal. Es gab jetzt auch ein kleineres Skandälchen, sage ich jetzt mal, als er versucht hat, bestimmte Anteile von SAP in einen Joint Venture zu überführen, das dann über seine Familienstiftung gemanagt werden sollte. Das hatte dann ein großes Aufschreien, ausgelöst, weil kurzum die Quintessenz war, dass er da seine Pflichten, als Aufsichtsratsvorsitzender, also als Kontrollchef von SAP mit seinen eigenen Interessen, seine Familie und seine Familienstiftung zu stärken, mit denen aus dieser Stiftung auch heraus Gewinn zu machen, vermischt hat. Und das eigentlich auch gewissen Compliance-Regeln nicht, äh, also eigentlich Verstoß gegen gewisse Compliance-Regeln sein kann. Und, das hat sicherlich auch dazu geführt, dass, dieses dieses Vorhaben dann fallengelassen wurde.  Und aber auch hier wieder ein bisschen so der Eindruck entsteht, dass Hasso Plattner das auch als sein Unternehmen sieht, wo er dann auch besondere Zugriffsrechte hat. Und dasselbe , oder ein ähnlicher Sachverhalt ist sicherlich auch bei Herrn Hopp, der zwar nicht mehr im Unternehmen ist, aber auch mit einem fast ähnlich großen Aktienanteil immer noch auch einer der größten Aktionäre ist.Herr Hopp hat noch Einfluß in diesem Unternehmen. Und wir haben ja im im Mai diesen Jahres auch neue Geschichte gemacht, wo er sehr stark seinen Einfluss anscheinend geltend gemacht hat. Dass SAP damals eine Firma seines Sohnes, von Daniel Hopp kauft, für etwa 120 Millionen Euro, die kurze Zeit später dann intern bei SAP de facto abgeschrieben werden musste. Auch das skizziert so ein bisschen das Verhalten, das hier beide anscheinend so ein bisschen das Gefühl walten lassen das ist unser Unternehmen. Und wir haben hier besondere Zugriffsrechtea anscheinend.

SK

Das, worüber wir reden ist ja trotzdem wenig schmeichelhaft für die Unternehmenskultur bei SAP. Inwieweit sich diese Vorwürfe dann bestätigen, das wird noch zu klären sein. Natürlich müsste er bei SAP anfragen, zu diesen Vorwürfen. Wir müssen natürlich auch Anfragen bei Thomas Ziemen und auch bei Gerhard Oswald und eigentlich auch bei der Universität Mannheim. Wie war denn da die Reaktionen?

CB

Ja unterschiedlich. Also SAP hat mitgeteilt, man habe die Vorgänge intern umfassend geklärt. Das ist schön für SAP. Aber was genau da geklärt wurde, wurde leider nicht mitgeteilt. Deswegen weiß ich es nicht oder wissen wir es nicht. Die Uni Mannheim hat gesagt ja, das sind Vorgänge, die lange zurückliegen. Und sie bräuchten Zeit. Sie haben aber dann geantwortet und festgestellt, dass es halt diese Aufträge gegeben hat. Das auch noch mal bestätigt und gesagt das ist halt, aber ohne konkreten Forschungszweck diese Gelder geflossen sind. Sie würden jetzt noch weitere recherchieren, aber gewisse Dinge konnten sie in der Eile der Zeit da nicht zusammentragen. Und die Personen selber haben sich nicht geäußert zu den Vorwürfen.

SK

Wenn wir jetzt mal die ganze Sache noch mal zusammenfassen, dann könnte man also vermuten, dass dieser wirklich große Erfolg von SAP eben leider nicht nur auf lauteren Mitteln beruht. Und dann kann man ja auch mal ein bisschen den Blick heben und in die deutsche Wirtschaft insgesamt gucken. Das kommt uns ja so ein bisschen bekannt vor. Trickserei ... Schummelei .. Betrug. Wir denken an den VW Abgas-Skandal..  Wir denken an die Absprachen zwischen BMW, Daimler-Benz, Porsche und so weiter. Wir könnten an den Wirecard-Skandal denken. Wir könnten an Vorwürfe gegen die Deutsche Bank wegen Geldwäsche denken. Da könnte sich ja aus so ein bisschen der Eindruck aufdrängen, deutsche Wirtschaft - mehr Schein als Sein. Also schaffen es deutsche Firmen nur noch Weltspitze zu sein, wenn sie irgendwie tricksen?

CB

Ich hoffe, das ist nicht so. Ich denke auch nicht, dass es ganz so einfach ist. Und natürlich, glaube ich vorab muss man sagen, dass die Weltwirtschaft ein knallhartes Geschäft ist und USA und China knallharte Konkurrenten sind. Das ist sicherlich so. Aber nichtsdestotrotz, was mir halt auffällig ist es natürlich, weil wir auch vorn darüber gesprochen haben, die die Außendarstellung verschiedener Vorstandsmitglieder und auch die Erzählung, die sind alles absolute Ehrenmänner werden sie bezeichnet. Dietmar Hopp wurde ja so bezeichnet unter anderem von Karl-Heinz Rummenigge. Es sind sozusagen fast schon halbe Lichtgestalten, die dann immer bei Talkshows oder in Fernsehsendungen oder in Publikationen jedweder Art auf sehr hohe Stufen gestellt werden. Und man sollte sich auch ehrlich machen es ist ein knallhartes Geschäft, und es wird sehr knallhart gewirtschaftet. Und es wird manchmal auch alles ausgenutzt, was geht und vielleicht auch teilweise darüber hinaus. Und das sollte man, glaube ich, zur Kenntnis nehmen, dass man da nicht wieder in Sonntagsreden oder Jahresend-Rückblicken, dann in so eine Folklore verfällt und unsere Wirtschaftslenker als nur gutmütige, edle Spender, die sozusagen Kinderkrebs , Corona und die verfallenen Innenstädte Ostdeutschlands gerettet haben. Sondern das es oft halt auch eine andere Seite dieser Geschichte gibt. Und bei SAP, da kann ich aus meiner Erfahrung drüber sprechen, weil ich dazu recherchiert habe es  da ja durchaus auch, wie gesagt, mehrere Punkte immer wieder gibt, wo Gesetze anscheinend da übertreten werden. Auch bei SAP gab es ja erst heute in der Süddeutschen Zeitung in einem Artikel wieder über jetzt wohl eine Anklage, die in Südafrika vorbereitet wird, wo SAP offenbar Korruptionszahlungen an ein Mitarbeiter eines Ministeriums veranlasst haben soll. Also Bestechungsgelder offenbar, wie es da heißt. Solche Vorwürfe gibt es weitere in anderen Ländern, wo auch Gerichtsverhandlungen darüber geführt werden, vor allem, in Entwicklungsländern oder der sogenannten Dritten Welt, wo Bestechung etwas offener noch zutage tritt.

Und was auch auffällig ist. SAP hat ja auch momentan verschiedene Kartellrechtsverfahren gegen sich laufen. da haben so Verbände wie Voice geklagt, die vertretene de facto alle deutschen oder viele deutsche Dax-Konzerne wie Volkswagen, Adidas, Siemens und wo es gerade so ein Kampf der Titanen kämpft, sage ich jetzt mal, wo die großen Konzerne sagen wir, wir möchten nicht die ganzen Gebühren zahlen, die SAP jetzt irgendwie einführt oder erhebt. Wir möchten auch nicht, dass es nicht so eine Art geschlossene Systeme gibt von SAP, wo man nicht mehr rauskommt. Sondern wir möchten immer noch die Möglichkeit haben, Konkurrenzsoftware oder andere Produkte zu kaufen. Dass das nicht alles so ein geschlossenes System ist. Und das ist auch gerade ein ganz wichtiger Kampf, der, der geführt wird, wo sozusagen auch die nächsten Jahre abgesteckt werden. Wie viel SAP da verdienen wird und was es verdienen kann, welche Gebühren ist erheben kann. Und da ist es sicherlich. So ist der Eindruck von mehreren Leuten, mit denen ich gesprochen Habe, dass man sagen kann, da mahlen die Mühlen sehr langsam. Also es ist ja zumindest so das, diese Klagen wurden sehr langsam bearbeitet werden. Bei der Europäischen Kommission hört man fast gar nichts. Es ist sicherlich, das muss man jetzt sagen,  SAP ist halt das einzige europäische IT Softwareunternehmen von Weltrang, was wir haben und die, da ist man zumindest einem Anschein nach etwas sehr vorsichtig. Und weil man es sicher nicht nicht bestätigen möchte. Auf der anderen Seite muss man ja auch mit gleichem Maß messen. Und Google wurde ja jetzt zum Beispiel hart bestraft von der Europäischen Kommission, auch wegen Vorwürfen von Ausnutzung von Marktmacht und bei SAP dauert das anscheinend ein bisschen länger. Bis man da zu einer Conclusio kommt. Was auch interessant ist, es gab so einen großen IT-Gipfel und verschiedene Kooperation, wo SAP immer eine Rolle spielt, wo man über die Zukunft der IT und Software-Landschaft Europas berät. Das wird dann auch mal am Hasso-Plattner-Institut mit Frau Merkel gemacht. Oder Frau Merkel kommt dann auch zur Eröffnung des Museums von Herrn Plattner. Also, das ist ist halt so, muss man akzeptieren. Aber es zeigt halt schon das ist da gute, gute Kontakte gibt.

SK

Das heißt, am Ende kann man sagen bis es sozusagen tatsächlich explizit klar ist, kann man die Vorwürfe bestätigen oder nicht, wird es noch eine Weile dauern?

CB

Das wird noch eine Weile dauern. Aber ich weiß, die Staatsanwaltschaft Mannheim prüft das gerade. Die werden wohl irgendwann im neuen Jahr irgendeine Stellungnahme dazu abgeben. Muss man mal sehen und dann schauen wir mal, was dabei rum kommt. Und dann wird Anfang des Jahres sicherlich auch wohl relativ bald oder schon eher ein Urteil in dem Teradata Prozess in Amerika erwartet, wo wir auch sehen werden, was was dabei rumkommt und kam und wann die Kartellrechtsklagen entschieden werden, das wissen wir nicht, kann durchaus wahrscheinlich ein wenig länger dauern.

SK :

.. das sehen  wir dann alles 2022

CB

Hoffentlich

SK

oder vielleicht 23 zu 24 ...

CB

oder noch später

 danke, Christian für die interessanten Einblicke in eine Welt, die wahrscheinlich nicht so viele Leute kennen.
CB: Ich danke fürs Gespräch

Podcast MDR INVESTIGATIV

Weitere Podcasts von MDR AKTUELL