Plenarsaal des Europaeischen Parlaments in Strassburg.
Die Abgeordneten des Europaparlaments werden im Juni 2024 neu bestimmt. Bildrechte: picture alliance / | Daniel Kalker

Hintergrund Wer wird gewählt, wie wird gewählt? Wissenswertes zur Europawahl

12. Januar 2024, 15:21 Uhr

Bei der Europawahl 2024 sinkt das Wahlalter in Deutschland auf 16 Jahre. Die Zahl der Abgeordneten im Europaparlament steigt hingegen an, weil einige Länder Sitze hinzubekommen. Wissenswertes zur EU-Wahl im Überblick.

Das Europaparlamentsgebäude von außen mit den Fahnen 1 min
Am 9. Juni 2024 ist Europawahl in Deutschland Bildrechte: imago
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Vom 6. bis 9. Juni 2024 wird ein neues EU-Parlament gewählt. Stimmabgabe in Deutschland ist Sonntag, der 9. Juni. Die Europawahl findet alle fünf Jahre statt.

Mi 18.10.2023 15:50Uhr 00:41 min

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Wann ist die Europawahl 2024?

Die nächste Europawahl findet vom 6. bis zum 9. Juni 2024 statt. In Deutschland wird am Sonntag, 9. Juni, gewählt.

Hintergrund des mehrtägigen Wahlzeitraums sind unterschiedliche Traditionen in den Mitgliedsstaaten der EU. In einigen Ländern wird etwa traditionell am Donnerstag gewählt, zum Beispiel in den Niederlanden.


Wer wird bei der Europawahl gewählt?

Bei der Europawahl werden die Abgeordneten des Europäischen Parlaments gewählt. Jedes Land hat eine feste Anzahl von Sitzen. Deutschland besetzt 96 Parlamentssitze.


Wie viele Abgeordnete sitzen im Europäischen Parlament?

Die Anzahl der Sitze im Europaparlament wird nach der Europawahl 2024 von 705 auf 720 erhöht. Damit soll der Zunahme der Bevölkerung in einigen Mitgliedsstaaten Rechnung getragen werden. Konkret erhalten Spanien, Frankreich und die Niederlande jeweils zwei zusätzliche Sitze. Je ein weiteres Mandat erhalten Belgien, Dänemark, Irland, Lettland, Österreich, Polen, Slowenien, Finnland und die Slowakei.

Nach EU-Recht darf das Parlament neben dem Parlamentspräsidenten maximal 750 Sitze haben. Nach der Wahl 2019 und dem Austritt Großbritanniens war die Zahl der Sitze von 751 auf 705 gesunken.


Wie wird bei der Europawahl gewählt?

Vorgeschrieben ist ein reines Verhältniswahlrecht. Es gibt also keine Wahlkreiskandidaten wie bei der Bundestagswahl. Jeder Wähler hat nur eine Stimme. Diese Stimmen geben die Wahlberechtigten an eine Partei.


Wer tritt in Deutschland bei der Europawahl an?

Die Parteien stellen Listen mit den Namen und der Reihenfolge ihrer Kandidaten auf. Auf diese Weise wissen die Wähler, welche Personen sie ins Parlament entsenden, wenn sie einer bestimmten Partei ihre Stimme geben.

In Deutschland bestimmen die meisten Parteien bundesweite Listen mit Kandidaten. Es gibt aber Ausnahmen. CDU und CSU stellen zum Beispiel bei für jedes Bundesland einzelne Listen auf.

Die meisten Parteien haben ihre Kandidaten noch nicht ernannt. Ein Überblick über den Stand bei den im Bundestag vertretenen Parteien.


Wer sind die Spitzenkandidaten?

Einige Fraktionen des Europaparlaments ernennen über die Kandidatenlisten in den einzelnen Ländern hinaus europaweite Spitzenkandidaten. Bislang ist das noch nicht passiert. Spannend ist zum Beispiel die Frage, ob Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) eine zweite Amtszeit anstrebt und sich als Spitzenkandidatin der konservativen EVP aufstellen lässt.


Warum gibt es europaweite Spitzenkandidaten?

Das Spitzenkandidaten-Prinzip ist in der EU nicht rechtlich verankert, wird aber von einigen EU-Politikern befürwortet, um die Rolle des Parlaments bei zentralen Personalentscheidungen zu stärken. Demnach soll der Politiker Kommissionspräsident werden, der zuvor als Spitzenkandidat bei der EU-Parlamentswahl die meisten Stimmen bekommen hat.

Zum Tragen kam dieses Prinzip bislang allerdings nur 2014, als die EU-Staats- und Regierungschefs den Wahlsieger Jean-Claude Juncker als Kommissionschef vorschlugen und dieser anschließend vom EU-Parlament gewählt wurde. 2019 war der erfolgreiche Spitzenkandidat Manfred Weber am Widerstand unter anderem von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gescheitert – Ursula von der Leyen wurde Kommissionspräsidentin, obwohl sie gar nicht zur Parlamentswahl angetreten war.

Bei der Wahl des Kommissionschefs liegt das Vorschlagsrecht beim Europäischen Rat. Die Mitglieder müssen den Wahlausgang dabei lediglich "berücksichtigen".


Welche Fraktionen gibt es im Europaparlament?

Im Europaparlament gibt es derzeit sieben Fraktionen. Stärkste Kraft ist die EVP mit 177 Sitzen, in der auch die Abgeordneten von CDU und CSU vertreten sind. Die Sozialdemokraten stellen 143 Abgeordnete, die Liberalen 101, die Grünen 72. Dahinter folgen die EU-skeptischen Fraktionen EKR (66 Sitze) und ID (60). Zur EKR zählt etwa die polnische PiS; zur ID gehören unter anderem die AfD und der französische Rassemblement National. Die Fraktion der Linken hat 37 Mitglieder. 49 Abgeordnete sind fraktionslos.

Stand: 10.10.2023, Quelle: Europäisches Parlament


Welche deutschen Parteien sind bislang mit wie vielen Abgeordneten im EU-Parlament vertreten?

Die Union stellt bisher die meisten deutschen Europaabgeordneten. Von der CDU sitzen 24 Abgeordnete im Europaparlament, von der CSU 6. Die Grünen haben 21 deutsche Parlamentarier im EU-Parlament, die SPD 16. Dahinter folgen die AfD (9) sowie Linke und FDP mit je fünf Abgeordneten. Die Freien Wähler haben zwei Mandate.

Weil es keine Sperrklausel gibt, ist eine Reihe von deutschen Parteien in Brüssel mit jeweils einem Abgeordneten vertreten. Das sind: Volt, Piraten, Ökologisch-Demokratische Partei, Bündnis Deutschland und Die Partei. Daneben gibt es noch zwei parteilose Kandidaten, darunter den ehemaligen AfD-Chef Jörg Meuthen.


Wer darf wählen und welches Wahlalter gilt?

Wahlberechtigt sind alle deutschen Staatsbürger sowie alle in Deutschland wohnhaften Staatsangehörigen der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die – und das ist neu – mindestens 16 Jahre alt sind. Das Wahlalter wurde von 18 auf 16 abgesenkt. Gewählt werden darf jeweils nur in einem Land.


Gibt es bei der Europawahl eine Sperrklausel?

Jein. Viele Länder haben zwar eine Sperrklausel. In den meisten dieser Staaten ist die Zahl der zu wählenden Sitze aber so gering, dass die Klausel gar nicht angewandt wird. Es gibt nur sieben Länder, die deutlich mehr als 20 Abgeordnete stellen, wo also rechnerisch ein Wahlergebnis unter fünf Prozent ausreicht, um einen oder mehrere Kandidaten nach Brüssel zu bringen. Von diesen hatten – Stand 2019 – Frankreich (5 Prozent), Polen (5 Prozent), Rumänien (5 Prozent) und Italien (4 Prozent) klassische Sperrklauseln.

In Deutschland gibt es nach Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts von 2011 und 2014 keine Prozenthürde mehr. Die Karlsruher Richter erklärten, die Sperrklausel sei ein Eingriff in die Wahlrechts- und Chancengleichheit, der im Falle es EU-Parlaments nicht zu rechtfertigen sei.

Die EU hat Inzwischen beschlossen, dass die Mitgliedsstaaten Sperrklauseln einführen müssen. Der Bundestag stimmte auf dieser Basis im Juni 2023 mit Zwei-Drittel-Mehrheit erneut für die Einführung einer Sperrklausel. Die Hürde soll bei mindestens zwei Prozent liegen. Festgelegt wurde der Prozentsatz aber noch nicht. Dafür müsste noch das Europawahlgesetz geändert werden, was bislang ausblieb. Für die Wahl 2024 kommt die Änderung in jedem Fall zu spät. Und auch die Einführung 2029 ist fraglich, da noch immer verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.


Was macht das Europaparlament?

Das Parlament als Vertretung der Bevölkerung ist eine von drei wichtigen EU-Institutionen neben der EU-Kommission und dem Europäischen Rat. Die EU-Kommission ist die Verwaltung, der Rat die Vertretung der Regierungen der Mitgliedstaaten.

Das Parlament stimmt gleichberechtigt mit dem Rat der EU über Gesetzesvorschläge der EU-Kommission ab. Es darf keine eigenen Gesetzentwürfe vorlegen, kann aber Änderungen an denen der Kommission verlangen. Gleiches gilt für den Haushalt. Auch hier kommt der Vorschlag von der Kommission, und auch er braucht die Zustimmung des Parlaments (und des Ministerrates der EU-Mitgliedsstaaten). Außerdem wählt das Parlament den Kommissionspräsidenten und stimmt im Block über die Mitglieder der Kommission ab. Schließlich kann das Parlament der Kommission das Misstrauen aussprechen. Diese muss dann komplett zurücktreten.


Warum ist die Europawahl wichtig?

Sehr viele wichtige Entscheidungen werden heutzutage auf europäischer Ebene getroffen, zum Beispiel wenn es um länderübergreifende Themen wie Handelsverträge, Umweltschutz oder Migration geht.

Die Entscheidungen haben Einfluss auf unseren Alltag, gerade wenn es um die Rechte von Verbrauchern geht. So hat die EU in der Vergangenheit etwa immer wieder die Rechte von Reisenden gestärkt, niedrigere Handykosten im Ausland durchgesetzt oder den Datenschutz im Internet verbessert.

Dem EU-Parlament kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Etwa neun von zehn EU-Regelungen müssen heute vom EU-Parlament mitbeschlossen werden.


Wie hoch war die Wahlbeteiligung bei der Europawahl 2014?

In der gesamten EU lag die Beteiligung 2014 bei rund 50,7 Prozent. In Deutschland beteiligten sich knapp 61 Prozent der Wahlberechtigten.


Seit wann wird das Europaparlament gewählt?

Das Europaparlament gibt es seit 1952. Bis 1979 setzte es sich aus Parlamentsvertretern der Mitgliedsländer zusammen. Die erste Wahl fand im Juni 1979 statt. Seitdem wird alle fünf Jahre gewählt.

Quellen: dpa, AFP, Bundeszentrale für politische Bildung, MDR (ala)

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