Sachsen SPD: "Rasse"-Begriff bis Ende 2021 aus sächsischer Verfassung streichen
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Nach dem Tod von George Floyd in den USA diskutiert auch Deutschland über Rassismus. Die Grünen etwa wollen den Begriff "Rasse" aus dem Grundgesetz streichen. Die Debatte darüber ist in vollem Gange. Auch Politiker aus Mitteldeutschland sehen Handlungsbedarf.

Die Debatte sei gut und richtig, sagt Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding MDR AKTUELL. Schließlich sei Rasse ein Konstrukt und keine Tatsache. Ersatzlos streichen würde die CDU-Politikerin den Begriff aber nicht:
Begriff nur noch in sächsischer Verfassung
Mit der Parlamentsreform im Februar wurde dort der Begriff "Rasse" aus der Verfassung getilgt. Stattdessen heißt es nun: "Niemand darf aus rassistischen Gründen benachteiligt oder bevorzugt werden." Diese Formulierung schlägt auch die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland vor, wichtig sei nämlich der Perspektivwechsel: Grund für die Diskriminierung sei eben nicht die angebliche Rasse eines Menschen, sondern vielmehr rassistisches Denken oder Verhalten von anderen. Auch in Thüringen wurde der Begriff "Rasse" bereits vor einigen Jahren ersetzt. Dort ist nun von "ethnischer Zugehörigkeit" die Rede.
Anders in Sachsen: Dort steht der Begriff "Rasse" weiterhin in der Verfassung, sehr zum Ärger von Lucie Hammecke, der Sprecherin für Gleichstellungspolitik bei den Grünen im Landtag. Denn im Endeffekt gebe es keine menschlichen Rassen. Hammecke sagt: "Diese pseudowissenschaftliche Behauptung, die ja damals auch von den Nazis als Begründung für ihren Massenmord benutzt wurde, wurde ja mittlerweile längst widerlegt."
Vereinbarte Verfassungsreformen bis Ende 2021 umsetzen
Im Koalitionsvertrag haben sich die Grünen mit ihren Regierungspartnern CDU und SPD bereits auf mehrere Verfassungsreformen geeinigt. Dazu gehört auch eine Änderung des "Rasse"-Begriffs, sagt Katja Meier, Sächsische Staatsministern der Justiz.
Dass das noch vor der Sommerpause klappt, glaubt Sabine Friedel nicht. Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag hoffe aber, dass die geplanten Verfassungsänderungen – inklusive des "Rasse"-Begriffs – im Herbst Thema im Landtag würden. Ziel sei, die Änderungen bis Ende 2021 umzusetzen. Um die Verfassung zu ändern, brauche man eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Das heißt, man müsse vorher miteinander ins Gespräch kommen: Was solle alles geändert werden und wie komme man überein. Friedel erwartet, dass diese Gespräche ein paar Monate dauern werden.
Stimmen aus der Opposition notwendig
Aus der CDU-Fraktion heißt es auf Anfrage, man stehe zu dem Ziel aus dem Koalitionsvertrag, wolle aber erst einmal auf die bundesweite Debatte zum Grundgesetz schauen – und dann wahrscheinlich nachziehen.
Für die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit brauchen CDU, Grüne und SPD noch Stimmen aus der Opposition. Die AfD-Fraktion teilt auf Anfrage von MDR AKTUELL mit, die sächsische Verfassung habe sich seit 30 Jahren bewährt. Man sehe keinen Änderungs- oder Handlungsbedarf. Anders die Linke: Sie habe bereits 2017 vorgeschlagen, den Begriff "Rasse" aus der sächsischen Verfassung zu entfernen – und sei auch weiterhin dafür, sagt Fraktionschef Rico Gebhardt.
"Wir fordern von der Koalition, dass sie mit uns über die Modernisierung endlich mal verhandelt – und ein Teil dieser Modernisierung muss aus unserer Sicht die Streichung des Wortes 'Rasse' aus der sächsischen Landesverfassung sein", sagt Gebhardt. Er erwarte von der Regierung, dass spätestens im Herbst Gespräche dazu stattfinden.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. Juni 2020 | 05:00 Uhr