Die Hand einer alten Frau liegt entspannt auf ihrer Bettdecke.
Schwerkranke Menschen können durch die Hilfe von ambulanten Hospizdiensten zu Hause begleitet werden. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Panthermedia

Fragen und Antworten Wie zu Hause sterben durch ambulante Hospizdienste möglich ist

05. November 2024, 08:39 Uhr

Viele Menschen möchten ihr Lebensende zu Hause verbringen und nicht etwa im Krankenhaus. In Sachsen-Anhalt unterstützen fast 30 ambulante Hospizdienste schwerkranke Menschen und ihre Familien in deren vertrauter Umgebung. Sie begleiten bis zum Tod und darüber hinaus. Was genau die Ehrenamtlichen machen, was das kostet und wer die Hilfe überhaupt in Anspruch nehmen darf – MDR SACHSEN-ANHALT beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wer kann die Hilfe durch einen ambulanten Hospizdienst in Anspruch nehmen?

Menschen mit einer unheilbaren Erkrankung können die Hilfe in Anspruch nehmen, genauso wie deren Familien. Die Einschätzung eines Arztes muss "palliativ" lauten. Die Krankheit muss fortschreitend sein und nur noch eine begrenzte Lebenserwartung bestehen. Manche Menschen werden jahrelang von einem Ehrenamtlichen begleitet. Die Versorgung ist unabhängig von einem Pflegegrad.

Was nutzt ein ambulanter Hospizdienst den Todkranken und ihren Familien?

Ambulante Hospizdienste vermitteln den Kranken Ehrenamtliche, die sie regelmäßig besuchen und dabei helfen, die verbleibende Lebenszeit würdevoll zu gestalten. Damit werden auch Angehörige entlastet. Meist kommt ein Ehrenamtlicher auf eine Familie.

Die Ehrenamtlichen gehen beispielsweise mit dem Kranken spazieren, erledigen organisatorische Dinge und kleine Einkäufe, lesen vor oder sind einfach nur da. Sie nehmen sich für schwerstkranke und sterbende Menschen sowie für deren Angehörige Zeit und sind dafür ausgebildet, beispielsweise bei Sorgen, Ängsten und Nöten zu helfen. Die Begleitung endet meist nicht mit dem Tod des Kranken. Die Angehörigen werden weiter betreut, so lange sie es brauchen.

Ambulante Hospizdienste leisten keine Pflege. Sie verstehen sich als Ergänzung bestehender Hilfen, leisten psychosoziale Unterstützung und beraten beispielsweise zu Themen wie Patientenverfügung und zusätzlichen Hilfen. Manche Dienste vermitteln auch zwischen Hausarzt, Pflegedienst und Schmerztherapie oder beraten durch Mitarbeiter mit Palliative-Care-Zusatzausbildung im pflegerischen Bereich. Ein wesentlicher Teil der Arbeit ist Trauerbegleitung. Dazu gehört auch die Trauer, die die Kranken empfinden.

Sterbebegleitung
Ambulante Hospizdienste möchten den Kranken, Familien und Freunden Unterstützung sein. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Funke Foto Services

Wo gibt es in Sachsen-Anhalt ambulante Hospizdienste?

In Sachsen-Anhalt sind momentan laut Hospiz- und Palliativverband Sachsen-Anhalt 28 ambulante Hospizdienste aktiv. Sie sind über das ganze Bundesland verteilt – von der Altmark über den Harz bis zum Burgenlandkreis, von Aschersleben bis Zerbst. Für sie arbeiten 973 ehrenamtliche und 45 hauptamtliche Mitarbeiter. Der Verband erfasst allerdings nur die Standorte und Zahlen seiner Mitglieder.

Wie viele Kranke und Sterbende werden von den Ehrenamtlichen pro Jahr betreut?

Im Jahr 2023 wurden laut Hospiz- und Palliativverband Sachsen-Anhalt 873 Patienten begleitet. Im Durchschnitt habe in der Vergangenheit die Dauer der Begleitung bei drei Monaten gelegen.

Braucht es noch mehr Ehrenamtliche in der ambulanten Versorgung?

Ja, da Ehrenamtliche auch wieder abspringen und sich generell eher ältere Menschen engagieren. Ambulante Hospizdienste in Städten haben es etwas leichter. So liegt beispielsweise in Halle der Altersdurchschnitt der Ehrenamtlichen in der ambulanten Hospizversorgung bei Mitte 40 bis Mitte 50, dazu engagieren sich auch junge Erwachsene. Generell wählen meist Frauen dieses Ehrenamt.

Kann man die ambulante Palliativversorgung nur zu Hause in Anspruch nehmen?

Nein, die Ehrenamtlichen kommen beispielsweise auch ins Pflegeheim, besuchen die Patienten im Krankenhaus oder nach einem Umzug im Hospiz.

Ersetzen ambulante Dienste mit Ehrenamtlichen den Pflegedienst oder den Arzt?

Nein. Es ist sinnvoll, auch einen Pflegedienst und – falls es starke Schmerzen gibt – ein SAPV-Team bei der Betreuung des Kranken an Bord zu haben. SAPV steht für spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Jedes SAPV-Team besteht aus Ärzten, Pflegekräften und Sozialarbeitern, die eine umfassende Versorgung rund um die Uhr sicherstellen. In Sachsen-Anhalt gibt es laut Hospiz- und Palliativverband sieben SAPV-Teams. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Finanzierung.

Wenn die Versorgung des Kranken jedoch beispielsweise über den Hausarzt ausreicht und Angehörige den Kranken zu Hause pflegen, braucht es weder Pflegedienst noch SAPV-Dienst. Ein Ehrenamtlicher vom ambulaten Hospizdienst kann dennoch kommen.

Kann ich mir die ambulante Versorgung zu Hause leisten? Wie hoch sind die Kosten?

Die Hilfe ist für die Betroffenen und deren Familien kostenfrei.

Ambulante Hospizdienste finanzieren sich durch eine Mischung aus Fördermitteln und Spenden. Rein ehrenamtlich geführte Dienste müssen sich um Fördermittel bewerben, hauptamtlich geführte Dienste bekommen beispielsweise die Personalkosten zu 100 Prozent von den Krankenkassen erstattet. Für sie ist gesetzlich festgelegt, dass sie diese sogenannte Förderung erhalten. Ohne Spenden kommt jedoch keine der beiden Formen aus. Auch Kosten für die Ausbildung neuer Ehrenamtlicher, Fahrtkosten u.a. fallen an.

Eine junge Frau hält die Hände einer alten Frau im Rollstuhl.
Die Hilfe von ambulanten Hospizdiensten ist kostenfrei. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Zoonar

Gibt es Wartelisten?

Wie der Hospiz- und Palliativverband Sachsen-Anhalt auf Nachfrage mitteilte, hat jeder Mensch das Recht auf eine Begleitung. "Wartelisten gibt es nicht", so die Leiterin der Geschäftsstelle des Verbands.

Wann sollte der Kranke doch ins Krankenhaus oder Hospiz?

Betroffene können das oft selbst einschätzen. Es gibt keine Grenzen, ab wann der Kranke nicht mehr zu Hause bleiben darf. Jedoch muss die Pflege zu Hause gewährleistet sein. Ein Wechsel muss erst dann erfolgen, wenn die medizinische Notwendigkeit besteht.

Wollen viele Menschen die Versorgung zu Hause?

Laut Hospiz- und Palliativverband Sachsen-Anhalt zeigen Studien, dass etwa 80 Prozent der Menschen, die in der letzten Lebensphase auf Palliativversorgung angewiesen sind, die Versorgung gern zu Hause erhalten würden. In Deutschland würden jedoch nur etwa 30 Prozent der Betroffenen tatsächlich ambulante Palliativversorgung erhalten.

Wann sollte man sich kümmern?

Es ist sinnvoll, sich möglichst zeitig an einen ambulanten Dienst zu wenden, auch wenn Hilfe noch nicht dringend gebraucht wird. Wie der Hospiz- und Palliativverband MDR SACHSEN-ANHALT sagte, beginnt eine Begleitung mit dem Vertrauensaufbau. Es helfe, wenn die Situation noch nicht akut sei. Zudem habe der Kranke so mehr von seinem ehrenamtlichen Begleiter und der Unterstützung.

MDR (Luise Kotulla) | Erstmals veröffentlicht am 03.11.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 03. November 2024 | 19:00 Uhr

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