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Anschlag in HalleAchtzehnter Prozesstag: Gutachter stuft Angeklagten als voll schuldfähig ein

03. November 2020, 20:52 Uhr

Im Prozess zum Anschlag in Halle wurde am Dienstag ein Gutachten vorgelegt, das sich mit der Schuldfähigkeit des Angeklagten befasst. Zuvor hatte ein Rechtsmediziner ausgesagt, der die Verletzungen des Angeklagten begutachtet hatte.

Der Achtzehnte Prozesstag nach dem Anschlag in Halle hatte mit leichter Verspätung begonnen. Richterin Ursula Mertens erklärte den Prozessteilnehmern und Zuschauern, dass neue Corona-Regeln gelten: So müssen nun FFP2-Masken die ganze Zeit über getragen werden, auch am Platz. Lediglich zum Sprechen dürfen sie abgenommen werden.

Auf Nachfrage, ob dies auch für den Angeklagten gelte, wurde dieser gebeten, seine Maske abzunehmen. Seine Reaktionen auf die Befragungen könnten aufschlussreich sein, fand das Gericht.

Volle Schuldfähigkeit des Angeklagten

Der Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie des LVR-Klinikums in Essen sollte in seinem Gutachten erläutern, wie schuldfähig der Angeklagte ist. Der Mediziner beschrieb zunächst den Werdegang des Angeklagten. Dieser musste sich zwei Operationen im Bauchbereich unterziehen, die zum Teil missglückten. Sein zuvor begonnenes Studium setzte er daraufhin nicht fort. Der Mediziner sieht in diesen Operationen wichtige Schritte zur Radikalisierung des Angeklagten.

Diagnostisch sehe der Mediziner aber keinen Hinweis darauf, dass der Angeklagte unter psychiatrischen Erkrankungen im engeren Sinne gelitten hat, auch wenn er Züge einer autistischen Störung aufweise. Eine Bewusstseinsstörung sei aber zu keinem Zeitpunkt des Tatgeschehens anzunehmen – eine Einschränkung der Schuldfähigkeit sei ebenfalls nicht anzunehmen. Es sei davon auszugehen, dass der Angeklagte, sobald sich die Möglichkeit ergibt, erneute schwere Straftaten begehen würde.

Angeklagter mit durchschnittlichem IQ

Die Psychologin Lisa John beschrieb dem Gericht, wie der Tagesablauf des Angeklagten in Haft aussieht. So stehe er immer gegen sechs Uhr auf, um sich seinem Fitnesstraining zu widmen. Seine Stimmung sei dabei mäßig.

John hat den Eindruck, dass die Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit des Angeklagten durch die Haft nachgelassen habe. Sie habe mehrere Tests mit dem Angeklagten durchgeführt, unter anderem einen Persönlichkeits- und einen IQ-Test. Bei letzterem kam ein durchschnittlicher Wert heraus.

Eine misstrauische, selbstbezogene Person

Bei dem Persönlichkeitstest empfand die Psychologin den Angeklagten zunächst als reserviert, später sei er aber aufgetaut. Der Test ergab unter anderem eine Reihe depressiver Symptome beim Angeklagten. Zudem erwecke er das Bild einer misstrauischen, selbstbezogenen Person. Außerdem sehe er seine eigenen Wertvorstellungen als denen anderer überlegen an.

Auch habe der Angeklagte während der Tests immer wieder Anspielungen auf die Tat gemacht, sagt Lisa John. Eine Gerichtsreporterin von MDR SACHSEN-ANHALT merkte an, dass der Angeklagte während der Vernehmung von John mehrfach über deren Aussagen lachte.

Angeklagter physisch und psychisch angespannt

Auch der leitende Oberarzt der Martin-Luther-Universität in Halle wurde als Sachverständiger gehört. Er war verantwortlich während der Untersuchung des Angeklagten nach dessen Verhaftung. Der Arzt sagt, man hätte weder Alkohol noch Medikamente oder Drogen im Blut des Angeklagten gefunden. Dieser habe allerdings sowohl psychisch als auch physisch einen sehr angespannten Eindruck gemacht.

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Quelle: MDR/mx

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT | 03. November 2020 | 12:00 Uhr

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