Armutsgefährdung So viele Menschen in Sachsen-Anhalt sind von Armut bedroht
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24. Juni 2024, 13:52 Uhr
Schlechtere Bildungschancen, weniger soziale Kontakte und kaum Aussicht auf Ausflüge und Urlaub: Die Folgen von Armut sind vielfältig. Welche Personengruppen in Sachsen-Anhalt besonders davon betroffen sind und welche Lösungsansätze es gibt.
- Fast jeder Fünfte in Sachsen-Anhalt ist von Armut bedroht.
- Junge Menschen und Alleinerziehende gelten besonders häufig als armutsgefährdet.
- Linksfraktion fordert Armutsgipfel in Sachsen-Anhalt.
Fast jeder fünfte Mensch in Sachsen-Anhalt (19,4 Prozent) gilt als armutsgefährdet. Damit liegt Sachsen-Anhalt im bundesweiten Vergleich auf Platz 4 hinter Bremen, Berlin und dem Saarland. Das geht aus kürzlich veröffentlichten Zahlen des Statistik-Portals des Bundes und der Länder hervor. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich die Lage minimal verschlechtert. 2021 lag der Anteil der Menschen, die in Sachsen-Anhalt von Armut bedroht sind, noch bei 19,2 Prozent.
Bundesmedian vs. Landesmedian
Verwendet man zur Berechnung von Armutsgefährdung den Bundesmedian, wird das Einkommen einer Person mit dem mittleren Einkommen (Median) im gesamten Bundesgebiet verglichen. Verwendet man den Landesmedian, wie etwa das Statistische Landesamt in Halle, wird das Einkommen mit dem mittleren Einkommen des jeweiligen Bundeslandes verglichen, in dem die Person lebt. MDR SACHSEN-ANHALT verwendet die Armutsgefährdungsquote gemessen am Bundesmedian, um die Zahlen deutschlandweit vergleichen zu können.
Wie wird die Armutsgefährdungsquote berechnet?
Zur Berechnung der Armutsgefährdungsquote wird das Netto-Einkommen aller Haushalts-Mitglieder zu einem Haushalts-Netto-Einkommen addiert. Zum Netto-Einkommen zählen auch Sozialhilfen. Dieses Haushalts-Netto-Einkommen wird anhand verschiedener Faktoren auf die Personen des Haushalts verteilt. Dabei werden Haushaltsstrukturen und Ersparnisse berücksichtigt, die durch das Zusammenleben entstehen.
Ergebnis dieser Rechnung ist das Netto-Äquivalenzeinkommen einer Person. Menschen gelten als armutsgefährdet, wenn ihr NettoÄquivalenzeinkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median) der gesamten Bevölkerung beträgt.
Armut erschwert Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
In Deutschland leidet kaum jemand an extremer Armut, anders als rund 670 Millionen Menschen weltweit. In der Bundesrepublik wird Armut stattdessen im Verhältnis zum Wohlstandsniveau des Landes gemessen. Menschen gelten hier als arm, wenn ihr monatliches Einkommen deutlich unter dem Durchschnittseinkommen der gesamten Bevölkerung liegt. Im Jahr 2023 lag der Wert bei 2.079 Euro.
Eine allein lebende Person ohne Kinder beispielsweise gilt in Deutschland als armutsgefährdet, wenn ihr Nettoeinkommen weniger als 1.247 Euro pro Monat beträgt. Ein Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kinder ist armutsgefährdet, wenn insgesamt weniger als 2.620 Euro netto pro Monat zur Verfügung stehen.
Diese sogenannte relative Armut kann dazu führen, dass Menschen nicht am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Menschen, die relativ arm sind, haben oft schlechtere Bildungschancen, weniger soziale Kontakte und Schwierigkeiten, beruflich aufzusteigen. Ausflüge und Urlaub sind für sie meistens undenkbar.
Alleinerziehende und junge Menschen besonders betroffen
Besonders von Armut bedroht sind in Sachsen-Anhalt Erwerbslose, Alleinerziehende sowie Eltern mit drei oder mehr Kindern. Unterscheidet man nach Altersgruppen, sind in Sachsen-Anhalt besonders junge Menschen von Armut betroffen. Bei Menschen unter 18 Jahren beträgt der Anteil armutsgefährdeter Personen 24,8 Prozent, bei 18- bis 25-Jährigen sogar 32 Prozent. Beide Werte liegen deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt.
Linksfraktion fordert Armutsgipfel
Die Armutsentwicklung in Sachsen-Anhalt ist Thema einer bislang unveröffentlichten Antwort der Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Landtag. Aus der Antwort, die MDR SACHSEN-ANHALT vorliegt, geht hervor, welche Maßnahmen die Landesregierung gegen die verschiedenen Facetten der Armut im Land unternimmt. Unter anderem sind das:
- Beitragsentlastungen für Kita- und Hortbetreuung
- Unterstützung armutsgefährdeter und am Arbeitsmarkt benachteiligter Personengruppen
- Leistungen für Bildung- und Teilhabe für Familien, die Sozialleistungen beziehen
Eva von Angern, Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, dass ihrer Ansicht nach die Armutsentwicklung bei den Kindern und Jugendlichen in Sachsen-Anhalt besonders dramatisch sei.
Und das sei laut von Angern "unfassbar ungerecht". Daher fordert die Linke einen "Armutsgipfel" des Ministerpräsidenten auf Landesebene, um Lösungen gegen die gegen wachsende Armut anzugehen, die seit Jahren auf dem Tisch lägen. Dazu gehören nach Angaben der Linken die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro, eine nach Kindesalter gestaffelte Kindergrundsicherung über mindestens 520 Euro, kostenfreies Mittagessen in Kita und Schule sowie eine außerordentliche Rentenerhöhung von zehn Prozent als Inflationsausgleich.
Dieser Artikel wurde am 17.10.2023 zuerst veröffentlicht.
MDR (Katharina Forstmair, Manuel Mohr)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 24. Juni 2024 | 19:00 Uhr
Erichs Rache am 18.10.2023
@Mitteldeutsch
Ja, ja... aus der Bibel lernen, heißt siegen lernen.
Ich habe keine Ahnung aus welchem Märchenbuch Sie Ihre Informationen beziehen, aber es muss es ein Älteres sein aus dem Sie zitieren.
Vielleicht ist der Stammtisch auch nicht mehr der Jüngste.
Erichs Rache am 18.10.2023
@Rychlik
Ihe Aussage "Indien erhielt im Jahr 2021 von den Geberländern (DAC-Länder) insgesamt rund 5,24 Milliarden US-Dollar Entwicklungshilfe."
hat aber einen ganz ANDEREN Inhalt als die Behauptung:
"Wenn die Regierung handeln würde wie die eigentlich sollte, dann würde nicht zB die Atombombenmacht Indien mit 10 Mrd € unterstützt, sondern dieses Geld im inland für das deutsche Volk genutzt."
Danke für die Fakten.
goffman am 18.10.2023
Habe ich gesagt, es seien wenige, die als arm gelten? Habe ich Armut relativiert? Nein.
Nur habe ich weder während der Ausbildung noch im Studium genug verdient, um davon Einkommenssteuer zu zahlen und ich gehe davon aus, das betrifft die meisten unter 25-Jährigen, die unter der Armutsgrenze leben.