Auf einem Friedhof, ein Mann hockt vor einem Grab und bringt Blumen.
Für eine Beerdigung müssen Angehörige mit hohen Kosten rechnen. Durch die Inflation sind die Preise auch hier gestiegen. Bildrechte: Colourbox.de

Bestattungen werden teurer So viel kostet Sterben in Sachsen-Anhalt

23. März 2023, 10:14 Uhr

Die kommunalen Gebühren für eine Beerdigung in Sachsen-Anhalt unterscheiden sich innerhalb der 218 Gemeinden um mehrere Tausend Euro. Wie Ihre Region abschneidet, mit welchen Kosten insgesamt bei einem Todesfall gerechnet werden muss und welche Grabart in Sachsen-Anhalt am beliebtesten ist, zeigt erstmals eine Recherche von MDR Data.

Julia Bartsch
Bildrechte: Susen Heyder

Neben Energie- und Lebensmittelpreisen ist auch das Sterben durch die Inflation teurer geworden. Die Rechnung ist dabei lang, die Kostenpunkte zahlreich. Neben Bestatter, Steinmetz, Florist und Kaffeetisch gibt es bei einer Beerdigung auf einem kommunalen Friedhof weitere Kostenpunkte durch die Gemeinde oder Stadt. Insgesamt sind die Kosten für Bestattungsleistungen nach Angaben des Statistischen Bundesamts seit Januar 2020 um 10,7 Prozent gestiegen.

Die kommunalen Friedhöfe berechnen dabei hauptsächlich Gebühren für die Nutzung einer Grabstelle für eine bestimmte Ruhezeit. Diese Nutzungsgebühr für Gräber unterscheidet sich in den 218 Kommunen Sachsen-Anhalts enorm. Das zeigt erstmals eine landesweite Umfrage von MDR Data zu den von den Gemeinden festgelegten kommunalen Friedhofsgebührensatzungen. In diesen sind unterschiedliche Grabformen festgehalten.

Das ist die "Ruhezeit" auf Friedhöfen

Die Ruhezeit schreibt vor, für wie lange ein Grabnutzungsrecht mindestens gekauft werden muss. Sie ist im Bestattungsgesetz verankert und begründet sich zum einen in religiösen Motiven und zum anderen in der Verwesungsdauer eines Leichnams. Die Mindestruhezeit dauert 15 Jahre. In Sachsen-Anhalts Gemeinden beträgt sie bei Urnenbestattungen meist 15 bis 20 Jahre, während bei den Erdbestattungen eine längere Ruhezeit von 20 bis 30 Jahren anberaumt wird. Die Ruhezeit unterscheidet sich von Gemeinde zu Gemeinde und ist in den jeweiligen Gebührensatzungen festgehalten.

Grundsätzlich kann eine verstorbenen Person demnach in einer Erd- oder Urnenbestattung beerdigt werden. Auf Friedhöfen gibt es dazu je drei Varianten, die unterschiedliche Kosten mit sich bringen: 

  1. Reihengräber sind im Grundpreis die kostengünstigste Variante für eine Beerdigung. Dabei werden die Nutzungsrechte für eine Grabstelle auf einem Friedhof der Reihe nach besetzt. Die Grabstelle, die bei Anfrage als nächstes verfügbar ist, wird vergeben. Im Schnitt kostet die Nutzung einer Urnengrabstätte als Reihengrab in Sachsen-Anhalt auf einem kommunalen Friedhof 335 Euro.
  2. Im Gegensatz dazu wird beim Wahlgrab eine Grabstelle auf dem Friedhof nach Wunsch gewählt. Dafür berechnen die Gemeinden eine höhere Gebühr. So ist das Erdwahlgrab die teuerste Bestattungsform auf Sachsen-Anhalts kommunalen Friedhöfen mit durchschnittlich 792 Euro für ein Einzelwahlgrab und 1.402 Euro für ein Grab, das doppelt belegt werden kann.
  3. Auf den meisten Gemeindefriedhöfen gibt es außerdem die Möglichkeit der anonymen Urnengemeinschaftsanlage, die auch oft „grüne Wiese“ genannt wird. Standardmäßig kümmert sich die Gemeinde um die Pflege der Anlagen, weshalb eine Bestattung hier im Grundpreis teurer ist als ein Urneneinzelgrab. Im Schnitt kostet die Nutzung 505 Euro in Sachsen-Anhalt auf einem kommunalen Friedhof. In einigen Gemeinden gibt es die Möglichkeit der Kenntlichmachung auf der Gemeinschaftsgrabanlage, also eine nicht-anonyme Bestattung in einer Urnenanlage.

Beerdigung: Kosten in Städten durchschnittlich höher als auf dem Land

Insgesamt gibt es in den Gemeinden enorme Gebührenunterschiede. Auffällig ist das Stadt-Land-Gefälle. So liegen die Grabgebühren auf kommunalen Friedhöfen in Städten durchschnittlich höher als in ländlichen Gemeinden. Das lässt sich gut am Beispiel des Wahlgrabs erkennen. Ein Urnenwahlgrab kostet in einer der günstigsten Gemeinde Sachsen-Anhalts, Zielitz (Landkreis Börde), im Grundpreis 77 Euro für die Länge der Ruhezeit. In Merseburg hingegen belaufen sich die Kosten auf 1.238 Euro. Und auch beim Erdwahlgrab liegen die Gebühren zwischen der günstigsten Gemeinde Rochau (Landkreis Stendal) mit 80 Euro und dem teuersten Ort Calbe (Salzlandkreis) mit 3.909 Euro im Grundpreis für die gesamte Ruhezeit sehr weit auseinander.

Die Preise werden von den Gemeinde- und Stadträten beschlossen. Sven Hause, Bürgermeister von Calbe, begründet die Kosten im Gespräch mit dem MDR unter anderem mit der Länge der Ruhezeit und den wenigen Fallzahlen. In Calbe sind nach Angaben von Hause nur zwischen ein und zwei Prozent aller Beisetzungen Erdbestattungen, weshalb die Kosten dafür höher kalkuliert werden. Dafür seien vor allem die Urnengemeinschaftsgräber in Calbe mit 160 Euro unter den günstigsten in Sachsen-Anhalt.

In einigen Gemeinden wird für Reihen- und Wahlgräber zusätzlich eine Unterhaltungsgebühr verlangt. Sie beinhaltet laut Satzungen die allgemeine Instandhaltung des Friedhofs. Durchschnittlich kostet das Angehörige in Sachsen-Anhalt 20 bis 30 Euro pro Jahr. Bei einer Ruhezeit von mindestens 15 Jahren ist demnach zusätzlich mit Unterhaltungsgebühr in Höhe von 300 bis 450 Euro zu rechnen. Für eine Urnengemeinschaftsanlage ist diese Unterhaltungsgebühr standardmäßig beinhaltet.

Urnenbestattung: So viel kosten Urnengräber in Sachsen-Anhalt

In der folgenden Grafik können Sie zunächst die Bestattungsart auswählen und anschließend die jeweiligen Kosten für die Nutzung eines Urnengrabs auf einem kommunalen Friedhof nachlesen und mit anderen Gemeinden vergleichen. Angegeben ist der Fixpreis der festgelegten Ruhezeit. Diese liegt für Urnengräber je nach Gemeinde meist zwischen 15 und 20 Jahren und ist nicht variierbar. Deshalb ist nur ein Vergleich der Fixpreise verschiedener Gemeinden möglich.

Lese-Beispiel: Wenn Angehörige einen Verstorbenen im Urnenwahlgrab in Gutenborn bestatten wollen, müssen sie den Fixpreis von 930 Euro für 30 Jahre zahlen. In Salzatal hingegen liegen die Kosten für ein Urnenwahlgrab bei 300 Euro für 15 Jahre.

Anmerkung: Wenn eine Gemeinde in der Umfrage keine Angaben gemacht hat, wurde mit dem Mindestpreis für das jeweilige Urnengrab gerechnet. Für Gemeinden, in denen Urnengräber mit mehr als einer Urne belegt werden können, stellt die Grafik den Preis für die niedrigste Belegung dar.

Erdbestattung: So viel kosten Gräber in Sachsen-Anhalt

In der folgenden Grafik können Sie die Kosten für die Nutzung eines Erdgrabs auf einem kommunalen Friedhof nach Bestattungsform nachlesen und mit anderen Gemeinden vergleichen. Angegeben ist der Fixpreis der festgelegten Ruhezeit. Diese liegt für Erdgräber je nach Gemeinde meist zwischen 20 und 30 Jahren und ist nicht variierbar. Deshalb ist nur ein Vergleich der Fixpreise verschiedener Gemeinden möglich.

Lese-Beispiel: Wenn Angehörige eine Verstorbene im Erdreihengrab in der Gemeinde Niedere Börde bestatten wollen, müssen sie den Fixpreis von 2.138 Euro für 30 Jahre zahlen. In Wernigerode hingegen beträgt der Fixpreis für ein Erdreihengrab 1.570 Euro für 20 Jahre.

Urnenbestattungen in Sachsen-Anhalt am beliebtesten

Die beliebteste Grabart der vergangenen Jahre ist in zwei Dritteln der Gemeinden die Urnenbestattung in verschiedenen Varianten. Diesen Trend bestätigt auch Wolfgang Ruland, Obermeister der Bestatterinnung Sachsen-Anhalt. Demnach liegt der Anteil an Einäscherungen momentan bei 94 Prozent. Sachsen-Anhalt ist damit hinter Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen (je 95 Prozent) das Bundesland mit den prozentual zweitmeisten Einäscherungen.

Besonders die Urnengemeinschaftsanlagen sind beliebt. 45 Prozent der Gemeinden gaben sie in der landesweiten Umfrage von MDR Data als die beliebteste Grabart an. Etwas über ein Drittel davon sind Gräber mit Kenntlichmachung, der Rest sind Bestattungen auf anonymen Urnengemeinschaftsanlagen. Die Gemeinde Eilsleben begründet das in der Umfrage von MDR Data mit der Pflege der Gemeinschaftsanlagen durch die Gemeinde. So brauchen sich die Angehörigen nach der Beisetzung um nichts mehr zu kümmern. Auch andere Gemeinden vermuten darin die Gründe für die Beliebtheit der Anlagen.

Ein weiterer Grund für Ruland: Immer mehr Leute würden aus ihren Heimatorten wegziehen und Angehörige weit verstreut leben. Aber auch das Urnenreihen- und Urnenwahlgrab ist beliebter als die Erdbestattungsform. In knapp 30 Prozent der Gemeinden war in den letzten zehn Jahren das Urnenwahl- oder -reihengrab besonders beliebt.

Einäscherung im Osten sehr verbreitet

Nur fünf Gemeinden gaben das Erdwahlgrab als häufigste Grabart an. Erdbestattungen gingen laut Angaben der Gemeinden in den meisten Kommunen zurück. Ruland begründet die vielen Urnenbestattungen vor allem geschichtlich. So sei das Gebiet Sachsen-Anhalts schon seit der Reformation evangelisch geprägt. In evangelischen Kirchenkreisen ist wiederum die Einäscherung weiter verbreitet. Die katholischen Kirchengemeinden billigten bis in die 1960er Jahre keine Einäscherung. Grundsätzlich herrscht laut Ruland ein Ost-West- und ein Nord-Süd-Gefälle bei den Bestattungen. Im Osten Deutschlands gebe es mehr Urnenbestattungen als im Westen. Im Süden Deutschlands gebe es wiederum weit mehr Erdbestattungen als im Norden.

Ein Drittel der Gemeinden Sachsen-Anhalts bietet neben Reihen- und Wahlgräbern und Gemeinschaftsanlagen besondere Grabarten an. Dazu zählen beispielsweise:

  • Urnenwände,
  • Baumbestattungen,
  • Wiesenflächen,
  • Erdbestattungshaine,
  • Gruften oder auch
  • Sternenkinderwiesen, für Kinder die tot zur Welt kamen.

Die Stadt Aschersleben bietet beispielsweise auch Mensch-Tier-Bestattungen an und diskutiert aktuell die neue Bestattungsform Reerdigung.

Was eine Beerdigung insgesamt kostet

Die Nutzungsgebühren für das jeweilige Grab sind insgesamt nur ein Teilbereich der von den Gemeinden erhobenen Gebühren. Andere Kostenpunkte sind beispielsweise das Mieten der Trauerhalle für eine Beerdigung für durchschnittlich 85 bis 100 Euro.

In sechs Gemeinden kostet das Nutzen der Heizung in der Trauerhalle weitere 10 bis 60 Euro. In Arendsee, Beetzendorf und Oranienbaum-Wörlitz sind zusätzliche Kosten für Bestattungen ortsfremder Personen aufgeführt. Hier muss mit einem Aufschlag von 20 bis 50 Euro gerechnet werden. In Salzatal erhöhen sich die Nutzungsgebühren für Ortsfremde sogar um 100 Prozent. In Oranienbaum-Wörlitz kann man für weitere 20 Euro bei der Trauerfeier die Glocken läuten lassen.

Die Kostenaufstellung im Video wurde aus verschiedenen Quellen zusammengestellt, unter anderem Stiftung Warentest und Aeternitas. Wolfgang Ruland von der Bestatterinnung bewertete und bestätigte sie anschließend für Sachsen-Anhalt. Die Angaben zu Friedhofskosten entsprechen den Durchschnittswerten der Umfrage von MDR Data der kommunalen Friedhöfe in allen Gemeinden.

Neben den Gebühren der Gemeinden gibt es noch weitere kostenintensive Leistungen bei einer Beerdigung. Diese lassen sich in Kosten für Bestatterleistungen und Fremdleistungen unterteilen. Sie sind sehr individuell und können je nach Wünschen der Verstorbenen oder Hinterbliebenen unterschiedlich hoch ausfallen.

So kann ein Verstorbener auch in einer stillen Beisetzung beerdigt werden, dadurch fallen beispielsweise Kosten für Trauerredner und Feier weg. Die Bestatterinnung sieht einen Trend hin zu mehr stillen Bestattungen. Als Grund nennen sie die Energie- und Coronakrise. “Die Leute versuchen zu sparen", vermutet Ruland. So seien beispielsweise Särge um 50 Prozent teurer geworden.

Er sieht allerdings auch, dass Beerdigungen, die größer ausfallen, individueller werden. So wünschen sich Angehörige beispielsweise ein Bild des Verstorbenen, einen Beamer für vorbereitete Präsentationen oder Live-Musik auf der Beerdigung. Auch Erinnerungsstücke wie Fingerabdrücke oder Asche, die zu Schmuck wird, werden häufiger. “Da gibt es mehr Vielfalt als vorher", so Ruland.

Angehörige von Religionsgemeinschaften, wie beispielsweise der evangelischen oder katholischen Kirche, haben Anspruch auf eine kirchliche Trauerfeier. Manche Kosten sind hier geringer oder können wegfallen. So werden laut evangelischer Kirche für Seelsorge, Trauerredner und musikalische Gestaltung der Trauerfeier keine Kosten erhoben. Wie genau die Kosten sich in einem solchen Fall zusammensetzen ist von der jeweiligen Kirchengemeinde abhängig.

Sozialbestattungen: Land kann Bestattungskosten übernehmen

Die nächsten Hinterbliebenen sind laut Bestattungsgesetz verpflichtet, sich um die Beerdigung eines Verstorbenen zu kümmern und diese zu bezahlen. Das ist für Angehörige finanziell nicht immer möglich. Wenn die zahlungspflichtigen Angehörigen eines Verstorbenen nicht für die Bestattung aufkommen können oder keine Hinterbliebenen gefunden werden, werden die Beerdigungskosten vom zuständigen Sozialamt übernommen. Ein Antrag hierfür kann im jeweiligen Sozialamt gestellt werden.

In Sachsen-Anhalt wurden im Jahr 2021 laut Statistischem Landesamt in 830 Fällen Hinterbliebenen die Leistungen bezahlt. Insgesamt 1,5 Millionen Euro hat das Land Sachsen-Anhalt für Sozialbestattungen gezahlt. Im Bundesvergleich gibt Sachsen-Anhalt laut Statistischem Bundesamt am wenigsten Geld pro Sozialbeerdigung aus, durchschnittlich sind es 1.875 Euro.

Über die Daten Im Dezember 2022 und Januar 2023 wurden alle 218 Gemeinden in Sachsen-Anhalt von MDR Data per Mail aufgefordert, Informationen zu ihren Friedhofsgebühren zu übermitteln. Bei Gemeinden, die trotz erneuter Nachfrage keine Angaben gemacht haben, wurden die Daten aus den öffentlich abrufbaren Friedhofsgebührensatzungen der Kommunen genutzt. Orte, von denen online keine Satzung einsehbar war, wurden mit „keine Daten vorhanden“ markiert. Sollten Ihnen Fehler auffallen oder Sie Angaben aktualisieren möchten, können Sie uns gerne per Mail (data@mdr.de) kontaktieren.

Mehr zum Thema: Bestattungen in Sachsen-Anhalt

MDR (Julia Bartsch)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 11. März 2023 | 12:00 Uhr

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