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Was Bevölkerungsprognosen leisten können

​Je weiter die Vorausberechnungen in der Ferne liegen, desto ungenauer werden sie, weil man diese Unwägbarkeiten nicht einbeziehen kann. Und je kleinräumiger sie sind, desto ungenauer sind sie.

Professor Klaus Friedrich

MDR SACHSEN-ANHALT: Welche Bedeutung für Politik und Gesellschaft haben Bevölkerungsprognosen?

Klaus Friedrich: Bevölkerungsvorausberechnungen sind in der modernen Gesellschaft die einzige Grundlage, um sachgerecht in die Zukunft hineinplanen zu können. Sie sind die Basis für die Politik der nächsten Jahre. Von daher sind sie von hoher Bedeutung. Man muss sich aber immer den Begrenzungen dieses Instruments bewusst sein. Die Qualität von Bevölkerungsvorausberechnungen basiert immer auf den zu Grunde gelegten Annahmen und Voraussetzungen.

Welche Voraussetzungen sind das?

Man geht von der Bestandsbevölkerung aus. Im Falle der 6. Regionalisierten Bevölkerungsprognose in Sachsen-Anhalt geht man von der Basisbevölkerung im Jahr 2014 aus. Man berechnet dann Jahrgangsweise und für jede Altersgruppe, wie sich das in das nächste Jahr hinein verändert. Darüber hinaus geht man von den Geburten- und den Sterbezahlen und von den Ein- und Auswanderungen aus. Und diese vier Komponenten gehen dann in die die Bevölkerungsprognose ein. Um das valide berechnen zu können, werden die Berechnungen mit Geburtenraten und ähnlichem flankiert. Also, man nimmt nicht nur die Zahl der Geburten, sondern man korrigiert diese noch mit Geburten und Sterbefällen je 1.000 Einwohner. Und dann wird Jahrgangsweise summiert. Dann hat man über einen Zeitraum von 20 Jahren die Prognosebevölkerung.

Darum gibt es Bevölkerungsprognosen

In regelmäßigen Abständen berechnet das Statistische Landesamt, wie sich die Bevölkerung vermutlich entwickeln wird. Das soll wirtschaftlichen und politischen Akteuren dabei helfen, weitsichtige und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Doch die Vorausberechnungen sind nicht fehlerfrei und sie sollen und können es auch gar nicht sein.

Sie entstehen immer auf der Basis von Annahmen, um "die aus heutiger Sicht absehbaren künftigen Entwicklungen aufzuzeigen", wie das Statistische Landesamt schreibt. Ausgehend von einem vorgegebenen Bevölkerungsbestand im Basisjahr wird die Bevölkerung durch Addition der Geburten und Zuzüge sowie durch Subtraktion der Sterbefälle und Fortzüge fortgeschrieben.

Wichtig sei, dass die jeweiligen Prognoseannahmen, die den Berechnungen zugrunde liegen, offengelegt und gut begründet werden. Treten die Entwicklungen so wie prognostiziert ein, unterscheiden sich die realen Zahlen später kaum von denen, die einmal berechnet wurden. Doch beispielsweise Flüchtlingsbewegungen wie im Jahr 2015 und der damit erhöhte Zuzug in Sachsen-Anhalt hingegen können nicht vorhergesagt werden.

Beeinflussen Prognosen auch, welche Zuschüsse das Land zum Beispiel von der EU oder vom Bund bekommt?

Gemeinden bekommen ihre Mittelzuweisung nicht auf Grund von Prognosen. Da geht man von Ist-Zuständen aus. Das heißt, die Finanzzuweisungen richten sich nach der Einwohnerzahl. Vorausberechnungen haben aber eine Bedeutung, wenn es zum Beispiel um mittelfristige Schüler- oder Lehrerbedarfsprognosen geht. Dann hat das indirekt mit Mittelzuflüssen zu tun, die ja zum Teil auch vom Bund kommen. Oder wenn es um Schulschließungen geht, dann können solche Bevölkerungsvorausberechnungen durchaus wirksam werden.

Werden Vorausberechnungen ungenauer, je weiter man in die Zukunft blickt?

Eigentlich sind die Berechnungen für einen kurzfristigen Zeitraum recht valide. Die Bestandsbevölkerung unterliegt einem demografischen Trägheitseffekt. Es sei denn, es kommen unerwartete Ereignisse auf, die man nicht vorhersehen konnte – wie zum Beispiel die Flüchtlingszuwanderung 2015. Das konnte man in den Prognosen nicht vorhersehen. Deswegen auch die häufige Kritik an Bevölkerungsvorausberechnungen.

Je weiter die Vorausberechnungen in der Ferne liegen, desto ungenauer werden sie, weil man diese Unwägbarkeiten nicht einbeziehen kann. Und je kleinräumiger sie sind, desto ungenauer sind sie. Oft ist dann die Basisbevölkerung nicht groß genug ist, um valide Aussagen für die Zukunft treffen zu können. Das ist bei kleinen Gemeinden oft der Fall. Bei Städten funktioniert das ganz gut.

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